IG BAU zum Agrarbericht 2004: "Arbeitnehmer sind Hauptleidtragende der Misere"
(Frankfurt/Main) - Anlässlich der Vorstellung des Ernährungs- und Agrarpolitischen Berichts 2004 durch die Ministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, Renate Künast, erklärt Hans-Joachim Wilms, stellvertretender Bundesvorsitzender der IG BAU:
"Die Einkommenssituation in der deutschen Landwirtschaft ist nachhaltig schlecht. Auch 2004 ist nicht mit einer wesentlichen Verbesserung der Lage zu rechnen, die Gewinne der Betriebe sollen sogar noch um acht Prozent zurückgehen. Hauptleidtragende der Misere sind die landwirtschaftlichen Arbeitnehmer. Die weiter voranschreitende Arbeitsplatzvernichtung verlangt eine verstärkte sozialpolitische Flankierung, insbesondere die Wiedereinführung praxisgerechter Vorruhestandsregelungen.
Zwischen Ertragszahlen pro Hektar und Gewinnmargen der einzelnen Betriebsformen stehen handfeste Schicksale. Die anhaltende Verunsicherung des landwirtschaftlichen Arbeitsmarktes und die zu Beginn des Jahres eingeleiteten Arbeitsmarktreformen bedrohen die soziale Absicherung von 130.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der Landwirtschaft.
Künftig wird der landwirtschaftliche Arbeitnehmer nach 9 Monaten Beschäftigung bei leider branchenüblicher saisonaler Arbeitslosigkeit lediglich Arbeitslosengeld II bekommen. Erst nach weiteren 9 Monaten im nächsten Jahr wird er Anspruch auf Arbeitslosengeld haben. Im darauf folgenden Jahr werden die neun Monate Beschäftigung erneut nicht ausreichen, um einen neuen Arbeitslosengeldanspruch zu erwerben. Das ist vermeidbares soziales Elend in der deutschen Landwirtschaft.
Die Tarifpartner sind sich seit langem dieser Problematik bewusst und haben versucht, dass Problem sozialpartnerschaftlich zu lösen. Deswegen gibt es in der Landwirtschaft Tarifverträge, die angepasste Arbeitszeitmodelle enthalten. Danach können die Arbeitnehmer ihre Überstunden ansammeln und so in der beschäftigungsarmen Zeit weiterbeschäftigt werden. Dieses Modell wird aber in der Praxis so gut wie nicht genutzt wegen der kleinen Betriebsgrößen.
Zur Stabilisierung des landwirtschaftlichen Arbeitsmarktes hat die IG BAU eine ein-vernehmliche Regelung des zukünftigen Einsatzes osteuropäischer Saisonarbeiter erreicht. Dabei stehen die Sicherung bestehender und die Schaffung neuer sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze im Vordergrund. Ein Durchbruch in dieser Frage würde einen wesentlichen Beitrag für einen zukunftsfähigen ländlichen Raum leisten."
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