Pressemitteilung | IG BAU - Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt

IG BAU warnt vor Flächenbrand

(Frankfurt am Main) - In dem Tarifkonflikt um die Mindestlöhne im ostdeutschen Baugewerbe droht zwölf Jahre nach Einführung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes der Zusammenbruch der Bau-Mindestlohnregelungen in ganz Deutschland. Dagegen wehrt sich die IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU). Ihr Vorsitzender Klaus Wiesehügel sagte am Samstag (12. April 2008) im Anschluss an eine außerordentliche Sitzung der Bundestarifkommission: „Ausgerechnet in der Branche, die beispielhaft mit Mindestlöhnen dem Lohndumping begegnet ist, droht nun der Flächenbrand.“ Die ostdeutschen Arbeitgeberverbände des Handwerks wollen den Mindestlohn 2 für Facharbeiter, der auch für Entsendearbeitnehmer aus dem Ausland gilt, abschaffen und nur noch einen unteren Mindestlohn für Bauhelfer, der bisher bei neun Euro pro Stunde liegt, festschreiben. „Sollten sich die ostdeutschen Arbeitgeber in der Frage des Abschlusses eines Mindestlohns für die zweite Lohngruppe nicht bald bewegen, wird es im deutschen Bauhauptgewerbe und damit in der Branche, wegen der das Arbeitnehmer-Entsendegesetz 1996 geschaffen wurde, ab 1. September 2008 keinen Mindestlohn mehr geben“, sagte Wiesehügel. Auch die Mindestlöhne im Westen seien dann nicht mehr zu halten, eine Rechtsverordnung darüber nur für einen Teil der Bundesrepublik sei nicht zu erwarten. „Dann gibt es nur noch Hauen und Stechen auf den Baustellen“, befürchtet der IG BAU-Vorsitzende.

„Die Ostarbeitgebervertreter des Bauhandwerks verabschieden sich gerade als seriöse und vertrauenswürdige Verhandlungs- und Vertragspartner“, so Wiesehügel. Im Sommer 2007 sagten sie Verhandlungen über die Höhe der Baumindestlöhne 1 und 2 zu und unterschrieben das Schlichtungsergebnis, in dem festgehalten wurde, dass bis Ende März 2008 Verhandlungen über beide Mindestlöhne stattfinden. „Anfang 2008 wollten sie von all dem nichts mehr wissen – obwohl die Erhöhung der Mindestlöhne für den Westen bereits unter Dach und Fach war.“ Die Verhandlungen über die Mindestlöhne im Bauhauptgewerbe Ostdeutschlands waren am 22. Februar in Dresden ohne Ergebnis abgebrochen worden. Nachdem auch ein Spitzengespräch zwischen den zentralen Arbeitgeberorganisationen des Baugewerbes und der IG BAU am 11. März keine Meinungsänderung der ostdeutschen Arbeitgeber herbeiführte, hat die Bundestarifkommission am Samstag (12. April 2008) die Haltung der Verhandlungskommission bestätigt: „Die IG BAU wird keinen Mindestlohntarifvertrag für das deutsche Bauhauptgewerbe abschließen, in dem für Ostdeutschland nur ein Mindestlohn für die unterste Helferlohngruppe festgelegt ist“, erklärte Wiesehügel.

Der Wegfall der Lohngruppe 2 als Mindestlohn im ostdeutschen Baugewerbe bedeutet nach Einschätzung der Gewerkschaft für viele Bauarbeiter, dass sie auf den Lohn der Lohngruppe 1 absinken. Denn leider zahlen viele der ostdeutschen Bauarbeitgeber, gerade bei den kleinen und mittleren Unternehmen, nicht die Tariflöhne, sondern nur die Mindestlöhne. So würden dann auch Facharbeiter für technisch anspruchsvolle oder körperlich schwere Arbeiten vielfach nur noch den eigentlich für Helfer und einfachste Arbeiten vorgesehenen Lohn der Lohngruppe 1 erhalten. „Eine solche faktische Lohnkürzung von derzeit 80 Cent pro Stunde oder 139,20 Euro im Monat, die zudem die Wettbewerbssituation von tariftreuen Betrieben weiter verschärft, können wir nicht akzeptieren“, betonte Klaus Wiesehügel. Immerhin bedeute dies für Arbeitnehmer, die bislang wenigstens den Lohn der Lohngruppe 2 in Höhe von 9,80 Euro erhalten haben, mehr als acht Prozent weniger Lohn. Bezogen auf das Jahreseinkommen würde den Arbeitnehmern so ein ganzer Monatslohn weggenommen.

„Die Verbandsvertreter des Ost-Bauhandwerks sind, wenn sie so weitermachen, die Totengräber der Bau-Tarifverträge, ja sogar der gesamten deutschen Bauwirtschaft“, verdeutlichte der Stellvertretende IG BAU-Vorsitzende, Dietmar Schäfers, die Situation. Schäfers forderte den Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) auf, endlich in seinem Verband Strukturen herzustellen, in denen tarifvertragliche Vereinbarungen wieder Bestand haben.

„Es kann doch nicht sein, dass ein kleiner sächsischer Landesverband die gesamte Tariflandschaft im Baugewerbe zerstört“, machte Schäfers seinen Unmut gegenüber dem Ost-Verhandlungsführer Uwe Nostitz deutlich. Ohne den Schutz der Bau-Mindestlöhne würden sich gerade die Osthandwerker „sehr bald einer Dumpingkonkurrenz, insbesondere aus Osteuropa, gegenübersehen, gegen die sie nicht bestehen werden können“, betonte Schäfers. Spätestens im Jahr 2011 laufen die für eine Übergangsfrist vereinbarten Einschränkungen auf dem Arbeitsmarkt für die EU-Beitrittsländer aus.

Quelle und Kontaktadresse:
Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU), Bundesvorstand Sigrun Heil, Pressesprecherin Olof-Palme-Str. 19, 60439 Frankfurt am Main Telefon: (069) 95737-0, Telefax: (069) 95737-800

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