Hunderte Familien erheben Verfassungsbeschwerde gegen Pflegevorsorgefonds
(Berlin/Karlsruhe) - 376 Familien haben heute in Karlsruhe Verfassungsbeschwerde gegen zu hohe Sozialversicherungsbeiträge für Familien und insbesondere die Finanzierung des Pflegevorsorgefonds erhoben. Unterstützt werden sie hierbei vom Deutschen Familienverband und dem Familienbund der Katholiken. Die Vertreter der beiden Verbände, Siegfried Stresing und Georg Zimmermann, übergaben heute in Karlsruhe neben der Verfassungsbeschwerde zwei Ordner mit den Vollmachten der beschwerdeführenden Familien.
"Der Beitrag, den Eltern mit der Erziehung ihrer Kinder für die umlagebasierte Sozialversicherung leisten, wird derzeit nicht anerkannt", sagte heute Stefan Becker, Präsident des Familienbundes der Katholiken. "Weil Eltern diesen generativen Beitrag neben ihren Geldbeiträgen erbringen, müssen sie bei den monetären Beiträgen entlastet werden. Dass dies nicht geschieht, ist ein Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz. Dieser Verstoß wird beim Pflegevorsorgefonds auf die Spitze getrieben."
Der Pflegevorsorgefonds wurde mit dem ersten Pflegestärkungsgesetz eingeführt. Seit dem 1. Januar 2015 werden 0,1 Prozentpunkte der Pflegeversicherungsbeiträge in diesem Fonds angelegt. Dort soll das Geld 20 Jahre lang angespart werden, um Beitragssteigerungen abzumildern, wenn ab 2034 die geburtenstarken Jahrgänge das 75. Lebensjahr erreichen und deren Pflegebedürftigkeitsrisiko deutlich ansteigt.
"Dass unterhaltsverpflichtete Eltern in gleicher Weise in den Pflegevorsorgefonds einzahlen wie jeder andere auch, ist nicht hinnehmbar", so Dr. Klaus Zeh, Präsident des Deutschen Familienverbands. "Der Pflegevorsorgefonds dient der Abfederung eines demographischen Problems, für das Eltern nicht verantwortlich sind. Dass in der Pflegeversicherung bei der Beitragsbemessung der durch die Kindererziehung erbrachte generative Beitrag zu berücksichtigen ist, hat das Bundesverfassungsgericht bereits 2001 entschieden."
Das Bundesverfassungsgericht hat im Pflegeversicherungsurteil vom 3. April 2001 entschieden, dass es gegen das Grundgesetz verstößt, dass "Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung, die Kinder betreuen und erziehen und damit neben dem Geldbeitrag einen generativen Beitrag zur Funktionsfähigkeit eines umlagefinanzierten Sozialversicherungssystems leisten, mit einem gleich hohen Pflegeversicherungsbeitrag wie Mitglieder ohne Kinder belastet werden." Dieser Gedanke ist nach Ansicht des Deutschen Familienverbands und des Familienbundes der Katholiken auf die Kranken- und die Rentenversicherung übertragbar.
Mit Blick auf die beschwerdeführenden Familien äußerte Stefan Becker: "Mit ihrer Verfassungsbeschwerde zeigen die Familien, dass sie nicht länger bereit sind, den bestehenden verfassungswidrigen Zustand zu akzeptieren." Und Dr. Klaus Zeh ergänzte: "Bei der Forderung nach einer Beitragsreduzierung für unterhaltsbelastete Familien geht es nicht um eine Bewertung von Lebensstilen oder Lebensentscheidungen. Es geht schlicht um eine gerechte, die unterschiedlichen finanziellen Belastungen berücksichtigende Gesetzeslage."
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