Pressemitteilung | Reporter ohne Grenzen e.V. (RSF)

Hongkonger Journalist Tang Cheuk-yu freilassen

(Berlin) - Reporter ohne Grenzen (RSF) fordert die Freilassung von Tang Cheuk-yu. Ende Dezember verurteilte ein Gericht den Hongkonger Journalisten wegen "Besitz von Angriffswaffen" zu 15 Monaten Haft. Tang ist einer von zwölf Medienschaffenden, die derzeit in Hongkong im Gefängnis sitzen. In der chinesischen Sonderverwaltungszone, einst eine Bastion der Pressefreiheit, ist diese so bedroht wie nie zuvor. Das liegt auch am sogenannten Sicherheitsgesetz, das insbesondere Journalistinnen und Journalisten gefährdet. Vergangene Woche hat Peking den Hongkonger Regierungschef ermächtigt, ausländische Anwälte von Prozessen im Zusammenhang mit diesem Gesetz auszuschließen. Das könnte den Zugang verfolgter Journalistinnen und Journalisten zu einem Rechtsbeistand ihrer Wahl einschränken. Unter ihnen ist auch der seit Dezember 2020 inhaftierte Verleger Jimmy Lai.

"Einen Journalisten zu verurteilen, weil er 'Angriffswaffen' besessen haben soll, ist eindeutig ein Versuch, ihn für seine Arbeit zu bestrafen", sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. "Die Behörden müssen Tang Cheuk-yu zusammen mit allen anderen in Hongkong inhaftierten Journalistinnen und Journalisten freilassen."

Am 22. Dezember verurteilte ein Hongkonger Gericht Tang wegen "Besitzes von Angriffswaffen an einem öffentlichen Ort" während Protesten in Hongkong zu 15 Monaten Gefängnis. Der freiberufliche Reporter war erstmals am 18. November 2019 festgenommen worden, weil er an einer "nicht genehmigten Versammlung" teilgenommen haben soll und ein Mehrzweckmesser und einen Laser Pointer bei sich hatte. Tang berichtete damals für den taiwanischen Sender PTS über den Protest auf dem Campus der Hong Kong Polytechnic University. Das Gericht erkannte an, dass er zum Zeitpunkt seiner Festnahme als Journalist arbeitete.

In den vergangenen zwei Jahren hat die Hongkonger Regierung eine beispiellose Kampagne gegen die Pressefreiheit geführt. Mindestens 23 Journalistinnen und Journalisten sowie Verteidiger der Pressefreiheit wurden strafrechtlich verfolgt, 12 Medienschaffende sitzen derzeit im Gefängnis. Große unabhängige Medien, darunter die Zeitung Apple Daily, mussten schließen. Ein Klima der Angst hat dazu geführt, dass mindestens fünf kleinere Medien ihre Arbeit eingestellt haben.

"Sicherheitsgesetz" bedroht Journalisten
Ein schwerer Schlag gegen die Pressefreiheit ist das 2020 von Peking verabschiedete "Sicherheitsgesetz". Es erlaubt dem chinesischen Regime, direkt in die Sonderverwaltungszone einzugreifen. Unter dem Anschein der Legalität kann es alles unterdrücken, was es als "Terrorismus", "Abspaltung", "Untergrabung der Staatsgewalt" und "ausländische Einmischung" betrachtet. Seit dem Inkrafttreten ist die Berichterstattung in Hongkong für Journalistinnen und Journalisten zu einem täglichen Kampf geworden.
Ein prominenter Fall eines unter diesem Gesetz angeklagten Journalisten ist der des Apple-Daily-Gründers Jimmy Lai. Der Verleger sitzt seit Dezember 2020 im Gefängnis und wurde bereits in anderen Verfahren unter anderem wegen "Betrugs" verurteilt. Dem 75-Jährigen droht nach dem "Sicherheitsgesetz" eine lebenslange Haftstrafe wegen "geheimer Zusammenarbeit mit ausländischen Kräften". Der Prozess beginnt laut der Nachrichtenseite Hong Kong Free Press am 25. September und ist für rund 40 Tage angesetzt. In einer Petition fordert RSF seine Freilassung.

Seit Ende Dezember liegt die Befugnis, ausländische Anwälte von Prozessen im Zusammenhang mit dem "Sicherheitsgesetz" auszuschließen, beim Hongkonger Regierungschef John Lee und nicht mehr bei den Gerichten der Sonderverwaltungszone. RSF kritisiert diese Entscheidung Pekings, denn sie könnte Journalistinnen und Journalisten den Zugang zu einem Rechtsbeistand ihrer Wahl einschränken, darunter auch Jimmy Lai, der den britischen Anwalt Timothy Owen mit seiner Verteidigung beauftragt hatte.
Ebenfalls vor Gericht stehen die ehemaligen Chefredakteure der Nachrichtenwebseite Stand News, Chung Pui-kuen und Patrick Lam. Die beiden Journalisten waren fast ein Jahr inhaftiert und kamen erst vor Kurzem auf Kaution frei. Die Behörden werfen ihnen "Verschwörung mit dem Ziel der Verbreitung umstürzlerischer Inhalte" vor. Stand News musste vor rund einem Jahr schließen. Am 29. Dezember 2021 stürmten 200 Polizisten die Büros der Redaktion und nahmen neben Chung Pui-kuen und Patrick Lam auch vier ehemalige Vorstandsmitglieder fest, die inzwischen freigelassen wurden.
Auf der diesjährigen Rangliste der Pressefreiheit steht Hongkong auf Platz 148 von 180 Staaten. Damit hat die Sonderverwaltungszone so viele Plätze verloren wie kein anderes Land. Im Vorjahr belegte Hongkong noch Rang 80.

In dem ausführlichen Bericht "Der große Sprung zurück: Journalismus in China" beschreibt RSF das beispiellose Ausmaß der Unterdrückung von Journalismus und Informationsfreiheit in China und Hongkong.

Quelle und Kontaktadresse:
Reporter ohne Grenzen e.V. (RSF) Pressestelle Postfach 30 41 08, 10756 Berlin Telefon: (030) 609 895 33 - 0, Fax: (030) 202 15 10 - 29

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