Hoher Gesundheitsstatus durch Impfung / Moderne Impfstrategien: Unerlässlich für die Gesunderhaltung von Nutztieren und für die Wirtschaftlichkeit der landwirtschaftlichen Tierhaltung - Forschung ermöglicht neue Ansätze
(Bonn) - "Moderne Impfstrategien und Immunmodulation in der Nutztiermedizin" lautete das Thema des diesjährigen Frühjahrssymposiums der Akademie für Tiergesundheit e.V. (AfT). Die Akademie hatte am 19./20.02.2015 in die Akademie Deutscher Genossenschaften nach Montabaur eingeladen. Die Referenten beleuchteten den wissenschaftlichen Status Quo in der Immunologie und Ansätze für die Impfstoffentwicklung und die Beeinflussung des Immunsystems durch pharmakologisch wirksame Stoffe (Immunmodulation).
In der Praxis sind wirksame Impfstrategien inzwischen in nahezu allen Bereichen unverzichtbarer Standard. Der hohe Wissensstand über Entstehung und Verlauf von Krankheiten (Pathogenese) leistet somit einen wesentlichen Beitrag zur Gesundheitsprophylaxe in den Nutztierställen. Gleichzeitig gibt es noch erheblichen Forschungsbedarf. So stehen beispielsweise nur wenige bakterielle Impfstoffe für Wiederkäuer und Impfkonzepte gegen Parasiten zur Verfügung.
Der gestiegene Wissensstand zu den immunologischen Abläufen, dargestellt am Beispiel des neu geborenen Ferkels und des Huhns, erlaubt heute neue Ansätze in der Impfstoffentwicklung. Auch das bessere Verständnis in der Pathogenese von Krankheiten eröffnet neue Möglichkeiten der Prophylaxe. Exemplarisch wurde am Beispiel eines Impfstoffes gegen E.coli Enterotoxämie der Nutzen der Impfung für die Tiergesundheit, das Tierwohl und die Wirtschaftlichkeit erläutert. Die Colienterotoxämie gehört neben Durchfallerkrankungen zu den bedeutendsten Krankheiten bei Absetzferkeln, die durch Escheria coli-Bakterien hervorgerufen wird. Durch die Impfung erkranken die Ferkel seltener, die Symptome verlaufen milder und damit sind auch die durchschnittlichen Gewichtszunahmen bei geimpften Ferkeln signifikant größer.
Zunehmend spielen bei der Entwicklung wirksamer und verträglicher Impfstoffe neue gentechnische Methoden eine Rolle. Aktuelle Forschungen zum Marek's Disease Virus und Vektorimpfstoffen auf Basis des modifizierten Vacciniavirus Ankara (MVA, Pockenviren) unterstreichen die Bedeutung. Infektionen mit dem Virus der Marek'schen Krankheit verursachen in der Geflügelproduktion weltweit jährliche Verluste zwischen einer und zwei Milliarden Dollar. MVA zählen zu den vielversprechendsten Vektorimpfstoffen* bei Säugetieren mit einem hohen Sicherheitspotential. Deshalb empfiehlt sich der Einsatz sicherer MVA-basierter Vektoren gerade auch für die Impfung Lebensmittel liefernder Nutztiere.
Der Weg gehört zum Ziel
Ein wichtiges Thema mit hoher Praxisrelevanz ist die Art und Weise, wie Impfstoffe verabreicht werden. In der Nutztiermedizin unterscheidet man mukosale (nasal/oral) und parentale (Injektion) Impftechniken. Im Allgemeinen folgt die Verabreichung der Impfung der natürlichen Infektionsroute des entsprechenden Erregers. Die so genannten Applikationsrouten unterscheiden sich aber auch nach Tierart und Impfstoff. Daneben spielen praktische Gründe eine Rolle. Grundsätzlich hat die Applikation einen großen Einfluss auf die Wirksamkeit und Sicherheit eines Impfstoffes, sie ist deshalb auch Teil der Zulassung. Die in ovo Vakzinierung von Geflügelimpfstoffen nimmt eine Sonderstellung ein. Ein weiteres Thema war der Einsatz von Hilfsstoffen (Adjuvantien), die in der Lage sind, die Immunantwort der geimpften Tiere zu steigern.
Wo Impfung derzeit noch an ihre Grenzen stößt
Trotz aller Forschungserfolge bleiben jedoch noch Wünsche offen. So wurde die vergleichsweise geringe Zahl bakterieller Impfstoffe für Wiederkäuer angesprochen. Impfstoffe sollten idealerweise nicht nur Erkrankungen verhindern, sondern darüber hinaus auch Erreger verdrängen oder die Erregerfreiheit auf der Ebene von Individuum, Bestand oder der gesamten Population ermöglichen.
An ihre Grenzen stößt bisher auch die Entwicklung von Impfstoffen gegen Parasitosen. In Deutschland sind hier ausschließlich Impfstoffe zur Bekämpfung der Kokzidiose des Geflügels auf dem Markt. In anderen Ländern kommen auch noch einige wenige weitere Impfstoffe, z.B. gegen die Toxoplasmose beim Schaf oder Lungenwürmer beim Rind zum Einsatz. Wesentliche Hürden stellen hierbei die verschiedenen Entwicklungsstadien der Parasiten sowie die sehr komplexen Erreger-Wirt-Beziehungen dar. Auch sind besonders gut an ihren Wirt angepasste Parasiten durchaus in der Lage, aktiv und zum eigenen Nutzen modulierend auf die Immunreaktion Einfluss zu nehmen. Eine Eigenschaft, die derzeit auch im Hinblick auf neue Ansätze zur Immunregulation bei Asthma und Colitis des Menschen näher untersucht wird.
Zielgenaue Identifizierung
Moderne Methoden wie die Hochdurchsatz-Sequenzierung eröffnen neue Möglichkeiten für die Analyse und Qualitätssicherung von Impfstoffen. Selbst kleinste Kontaminanten oder Änderungen des Impfstammes können auf diese Weise erfasst werden. Gleichzeitig hat diese Technik auch die Entdeckung neuer Viren wie z.B. des Schmallenberg-Virus möglich gemacht.
Neue Impfkommission
Zur Abrundung des Programms wurden die Grundzüge der neuen Ständigen Impfkommission Veterinärmedizin (StIKoVet), die am Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) angesiedelt werden soll, vorgestellt und ein Überblick über die umfangreichen Rahmenbedingungen bei der Zulassung von Impfstoffen gegeben.
Die Abstracts zur Tagung stehen auf der Webseite der AfT unter www.aft-online.net zum Download zur Verfügung.
Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband für Tiergesundheit e.V. (BfT)
Pressestelle
Schwertberger Str. 14, 53177 Bonn
Telefon: (0228) 318296, Fax: (0228) 318298