Pressemitteilung | Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW)

Hochwasser: Jetzt drohen Steuer-Schäden

(Köln) - Um die Folgen der Flutkatastrophe zu bekämpfen, will die Bundesregierung die nächste Stufe der Steuerreform um ein Jahr verschieben und die Körperschaftsteuer befristet anheben. Für die ohnehin lahme Konjunktur ist das kein gutes Signal. Das Hochwasser an Elbe und Donau sowie ihren Nebenflüssen hat eine Spur der Verwüstung hinterlassen. Nun rollt eine Kostenlawine auf den Staat zu. Zum einen gilt es, die zerstörte Infrastruktur – vor allem Straßen und Schienenwege – wieder aufzubauen. Zum anderen hat die Flut das Hab und Gut von Privat- und Geschäftsleuten weggespült, und die Betroffenen hoffen auf staatliche Hilfen.

Die Bundesregierung hat bereits beschlossen, die für 2003 anstehende Stufe der Steuerreform um ein Jahr zu verschieben und den Körperschaftsteuersatz für ein Jahr um 1,5 Punkte auf 26,5 Prozent anzuheben. Dies soll die öffentlichen Kassen um 7,1 Milliarden Euro entlasten. Im nächsten Jahr kommen allerdings nur 6,6 Milliarden Euro zusammen. Rund 500 Millionen Euro fallen nach den jüngsten Planungen wohl wieder weg, weil beispielsweise die vorgesehene Absenkung des Haushaltsfreibetrages für Alleinerziehende ebenfalls auf 2004 verschoben wird. Das eingesparte Geld will Rot-Grün den von der Hochwasserkatastrophe betroffenen Menschen und Regionen zur Verfügung stellen.

Die Pläne von Schröder & Co. könnten sich aber als problematisch entpuppen. Denn den Personenunternehmen und privaten Haushalten wird durch das Aussetzen der Steuerreform eine eingeplante Entlastung wieder genommen. Die Betriebe haben so weniger Spielraum für Investitionen. Geben sie jedoch die gestiegene Steuerbelastung in höheren Preisen weiter, drohen Umsatz- und Exporteinbußen. Beides schwächt die Konjunktur ebenso wie die Anhebung der vor allem für Aktiengesellschaften und GmbHs geltenden Körperschaftsteuer. Damit die Finanzmittel überhaupt in den Taschen der Geschädigten landen, ist zudem ein verteilungstechnischer Kniff erforderlich. Denn nach dem üblichen Procedere würden die Mittel breit gestreut:

Von den zusätzlich erwarteten Steuereinnahmen in Höhe von 6,6 Milliarden Euro stünden nur 0,3 Milliarden Euro unmittelbar den ostdeutschen Ländern und Gemeinden zu.
Lediglich der Bund könnte die ihm voraussichtlich zufließenden gut 3 Milliarden Euro uneingeschränkt den Krisengebieten zukommen lassen. Knapp die Hälfte des neu geschnürten Steuerpakets, etwa 3,2 Milliarden Euro, würde aber den westdeutschen Ländern und Kommunen zustehen.
Im dieses Geld gezielt an die richtige Adresse zu lenken, wird ein nationaler Fonds „Aufbauhilfe“ eingerichtet, in den alle Gebietskörperschaften ihre Steuermehreinnahmen einzahlen.

Dennoch stellt sich die Frage, ob die Aufräum- und Instandsetzungsarbeiten nicht besser auf andere Weise finanziert werden sollten. Sofern die Bundesregierung dabei partout den Steuerweg beschreiten will, wäre eine Erhöhung der Mehrwertsteuer der wachstumsschonendere Weg. Anders als die Einkommen- und Körperschaftsteuer belastet die Mehrwertsteuer die Investitionen und die Exporte nicht. Außerdem würde sogar mehr Geld ins Staatssäckel strömen: Ein um 1 Prozentpunkt heraufgesetzter Mehrwertsteuersatz brächte dem Finanzminister zusätzliche Einnahmen von etwa 8,2 Milliarden Euro. Damit daraus keine dauerhafte Mehrbelastung wird, müsste die Mehrwertsteuererhöhung aber per Gesetz auf ein Jahr befristet werden.

Noch sinnvoller wäre es allerdings, die Finger ganz von der Steuerschraube zu lassen. So könnten die angestrebten 6,6 Milliarden Euro auch durch eine Umschichtung von rund 1 Prozent der für 2003 insgesamt vorgesehenen öffentlichen Ausgaben lockergemacht werden. Als Ergänzung bieten sich weitere Privatisierungen an – zumal der Staat mit der aus den Erlösen finanzierten Infrastruktur neues „Tafelsilber“ schaffen würde. Für die Erste Hilfe in den Überflutungsgebieten wäre zudem eine kurzfristige zusätzliche Verschuldung zu erwägen. Denn während die Donau- und Elbe-Anwohner möglichst schnell ihre Häuser renovieren und ihre Betriebe wiedereröffnen wollen, sind zusätzliche Steuer- und Haushaltsmittel nicht von heute auf morgen aus dem Ärmel zu schütteln.

Quelle und Kontaktadresse:
Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) Gustav-Heinemann-Ufer 84-88 50968 Köln Telefon: 0221/49811 Telefax: 0221/4981592

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