Hochwasser 2003: Die bittere Antwort beengter Flüsse / Hochwasserpolitik muss sich auf häufigere Fluten einstellen
(Rastatt/Frankfurt am Main) - Auch wenn die große Flutkatastrophe diesmal ausblieb, muss sich nach Ansicht des WWF die Hochwasserpolitik in Deutschland und Europa grundlegend ändern. Wenn die Klimamodelle sich bewahrheiten, seien die aktuellen Überschwemmungen nur ein Vorgeschmack auf künftige Fluten. Die Naturschützer fordern den Abschied von der verfehlten Hochwasserpolitik der vergangenen 150 Jahre. "Bachtäler werden verbaut, Flüsse begradigt, natürliche Überflutungsgebiete für Landwirtschaft, Siedlungen und Gewerbegebiete trocken gelegt, das rächt sich immer, häufiger", so Georg Rast, Wissenschaftler am WWF-Auen-Institut. Er prognostiziert, dass massive Fehler in der Bauleitplanung und der Landnutzung sowie Versäumnisse im Hochwasserschutz immer häufiger zu katastrophalen Fluten führen werden. Der WWF fordert die umgehende Beseitigung der Vollzugsdefizite bei der Ausweisung von Überschwemmungsgebieten an Bächen und Flüssen. Es müsse ein Maximum an Flächen für den Hochwasserschutz und die Auen-Renaturierung bereitgestellt werden.
Nach Einschätzung der Naturschützer mangele es weder an Geld noch an nötigem Wissen, für eine nachhaltige Flusspolitik. Die Konzepte lägen vielfach auf dem Tisch, was fehle, sei der politische Wille auf Landes- und vor allem auf kommunaler Ebene. "Die Gemeinden stoppen die weitere Versiegelung der Landschaft nicht, sondern weisen munter neue Baugebiete in gefährdeten Gebieten. Diese Politik ist grob fahrlässig, und erinnert an das Verhalten von Kettenrauchern, die darauf hoffen, dass die nächste Zigarette sie schon nicht umbringt", so Georg Rast. Der WWF-Wissenschaftler macht neben den Kommunen die Bundesländer verantwortlich. Hessen lehne es seit Jahrzehnten ab, Hochwasser Rückhalteflächen für den Rhein zur Verfügung zu stellen. Auch an der deutschen Oder sei nach dem Hochwasser von 1997 kein einziger zusätzlicher Kubikmeter an Rückhaltevolumen gewonnen worden.
Man habe sich darauf beschränkt, zuerst einmal nur die bestehenden Deiche zu verstärken. An der Elbe werde trotz Flutkatastrophe eine Umkehr bei Flussmanagement massiv behindert und an der Donau seien keine Fortschritte seit der Maiflut von 1999 erkennbar.
Die Wetterkapriolen der vergangenen Tage und Wochen bestätigen die Modellrechnungen der Klimaforscher. Demnach ist in Zukunft in Mitteleuropa tendenziell mit milderen Wintern und heftigeren Regenfällen zu rechnen. "Angesichts der klimatischen Veränderungen müssen die bestehenden Hochwasserschutzkonzepte auf den Prüfstand", fordert der WWF. Die aktuelle Hochwasserlage in ganz Deutschland habe erneut verdeutlicht, dass oft Zentimeter über die Wirkung von Schutzmaßnahmen entscheiden, deshalb seine auch kleine Schritte auf der gesamten Fläche sinnvoll.
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