Pressemitteilung | k.A.

Hintergrundinformationen zu BSE

(Bonn) - In den letzten zehn Jahren sind die Erkenntnisse über BSE erheblich gewachsen und es sind umfassende Maßnahmen ergriffen worden, um ein hohes Maß an Sicherheit für die Verbraucher zu gewährleisten. Der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e.V. bietet nachfolgende Fachinformationen zum Thema BSE.


1. Ausgangssituation

Bisher ist die Ursache des positiven BSE-Befundes bei einem deutschen Rind aus Schleswig-Holstein ungeklärt. Tiermehl darf in der EU seit 1994 nicht an Wiederkäuer (Entscheidung 94/381/EG vom 27.6.1994) verfüttert werden, so dass eine Übertragung auf diesem Weg ausgeschlossen sein sollte. In Deutschland war es auch davor nicht üblich, Tiermehl an Wiederkäuer zu verfüttern. Zudem wird das in Deutschland immer schon praktizierte und seit 1998 in Europa verpflichtend vorgeschriebene Verfahren der Tiermehlherstellung (Hochdruck-Sterilisationsverfahren) hinsichtlich der Abtötung des BSE-Erregers vom BgVV als sicher bewertet (BgVV-Pressedienst 26/2000 vom 28.11.2000).


2. Verbot von Tiermehlen

Dass es dennoch zu einem völligen Verbot von Tiermehlen auch für andere Tiere kommen wird, beruht nicht zuletzt auf den Erwartungen der Öffentlichkeit an die Politik. Die Bundesregierung hat den Entwurf für ein "Gesetz über das Verbot des Verfütterns, des innergemeinschaftlichen Verbringens und der Ausfuhr bestimmter Futtermittel" vorbereitet, das neben dem Verbot der Verfütterung von Tiermehlen auch das von Fleisch-, Fleischknochen- sowie Blutmehlen, von Tierfetten, Geflügel- und Fischmehlen, mit Ausnahme proteinhaltiger Erzeugnisse und Fette aus Geweben von Fischen, die zur Verfütterung an Fische bestimmt sind, vorsieht. Das Gesetz wird nach Zustimmung des Bundesrates am 2.12.2000 veröffentlicht und einen Tag später in Kraft treten. Diese Maßnahme soll dazu beitragen, das Verbrauchervertrauen wiederherzustellen. Die angekündigte Initiative der Bundesregierung, bereits Anfang Dezember 2000 in Brüssel auf eine einheitliche europäische Lösung hinzuwirken, ist konsequent.


3. BSE-Schnelltest

Die Bundesregierung und die Bundesländer sehen darüber hinaus eine rasche Ausweitung der sogenannten BSE-Schnelltests vor, auch um weitere verlässliche epidemiologische Erkenntnisse zur Verbreitung von BSE in Deutschland zu gewinnen. Dies ist nachhaltig zu begrüßen.

Allerdings haben die heute verfügbaren Methoden nach wie vor Limitierungen: Sie können nicht beim lebenden Tier, sondern nur nach der Schlachtung angewendet werden. Die für den Test erforderliche Gewebeprobe kann nur aus dem Hirn entnommen werden; andere Materialien (wie etwa Muskelfleisch bzw. Blut) eignen sich für die Tests derzeit nicht. Mit den zur Zeit eingesetzten Testverfahren lässt sich die Infektion sicher nur bei Tieren nachweisen, die mindestens 30 Monate alt sind und bei denen die Erkrankung bereits deutlich fortgeschritten ist. Negative Testergebnisse bei jüngeren Tieren sind nicht aussagekräftig (BgVV-Pressedienst 26/2000 vom 28.11.2000).

Der Aussagekraft der Untersuchungsergebnisse sind insoweit Grenzen gesetzt, als ein negatives Testergebnis nicht die absolute BSE-Freiheit der Tiere – unabhängig vom Alter – garantieren kann (BgVV-Pressedienst 25/2000 vom 21.11.2000), da die Menge der Erreger unter der Nachweisgrenze der Tests liegen kann.

Es sind Entwicklungen absehbar, die Schnelltests zu standardisieren und so weiter zu entwickeln, dass die Nachweisgrenze gesenkt wird und die Ergebnisse damit an Aussagekraft gewinnen. Wünschenswert wäre auch die Anwendungsmöglichkeit am lebenden Tier.

Im Kunden-Lieferanten-Verhältnis zeichnen sich Forderungen ab, Schnelltest-Untersuchungen durchgängig bei allen Schlachttieren durchzuführen. Dies erscheint als eine sinnvolle Maßnahme des vorbeugenden gesundheitlichen Verbraucherschutzes mit den vorgenannten faktischen Einschränkungen. Dabei muss aber auch beachtet werden, dass derzeit nicht annähernd ausreichende Kapazitäten vorhanden sind, um jedes Schlachttier über 30 Monate einem solchen Test zu unterziehen.


4. Zur Sicherheit einzelner Zutaten

Aus dem Mitgliederkreis wird – ebenso wie aus der Öffentlichkeit und den Medien – eine Fülle von Fragen an den BLL gerichtet, die sich im Wesentlichen auf die gesundheitliche Unbedenklichkeit von Rindfleisch und anderen Erzeugnissen vom Rind richten.

Nach dem aktuellen Erkenntnisstand der Wissenschaft ergibt sich folgendes Bild:

- Fleisch (Muskelfleisch) wird weitgehend als sicher bewertet. Bei Versuchen mit Fleisch erkrankter Tiere konnte in keinem Fall eine Infektion erzeugt werden (BgVV-Pressedienst 26/2000 vom 28. November 2000). Das Infektionsrisiko bei Muskelfleisch ist somit als äußerst gering einzuschätzen (DGE aktuell 31/2000 vom 28.11.2000).
Es ist darüber hinaus darauf hinzuweisen, dass seit 1. Oktober 2000 die sogenannten Risikomaterialien, in denen sich der Erreger konzentrieren kann (Hirn, Augen, Mandeln, Rückenmark und bestimmte Darmabschnitte), nicht in die Lebensmittelkette gelangen dürfen (Entscheidung 2000/418/EG vom 29.6.2000; s. auch Ausführungen unter Ziffer 6.).
Laut BgVV ist das Fleisch von Schweinen, Geflügel und Fischen nach heutigem Wissen in Bezug auf das BSE-Risiko als sicher anzusehen. Schafe können an der BSE-ähnlichen Seuche Scrapie erkranken. Solange wissenschaftliche Fragestellungen hinsichtlich möglicher Zusammenhänge zwischen Scrapie und BSE noch nicht beantwortet sind, besteht bei dem Verzehr von Schafen ein gewisses Restrisiko, das derzeit wissenschaftlich nicht abgeschätzt werden kann (BgVV-Pressedienst 26/2000 vom 28.11.2000).

- Die in Deutschland in Suppen und Soßen eingesetzten Fleischextrakte stammen aus Südamerika. Für diese Region gibt es keine Hinweise auf BSE. Fleischextrakte sind Nebenprodukte bei der Corned Beef-Herstellung.

- Für Wursthüllen aus Rinderdarm ergibt sich ein neuer Sachstand: Nach einer jüngsten Stellungnahme des Wissenschaftlichen Lenkungsausschusses der EU vom 27./28. November 2000 wird der gesamte Rinderdarm – nicht nur wie bisher der untere Teil des Dünndarms, das Ileum – als Risikomaterial eingestuft. Die Europäische Kommission wird den Katalog der Risikomaterialien, die entfernt und zerstört werden müssen, auf den gesamten Darmtrakt von Rindern aller Altersklassen erweitern, d.h. Änderung der Entscheidung 2000/418/EG vom 29.6.2000, nach der lediglich das Ileum von über 12 Monate alten Rindern als Risikomaterial eingestuft und bei der Gewinnung der Därme zu entfernen ist. Nach Angaben der Hersteller befinden sich ca. 80 % der Würste in Deutschland in Schweine- bzw. Schafsdärmen (Saitlinge).

- Es gibt wissenschaftlich übereinstimmend – national wie international – keine Hinweise für eine Übertragbarkeit von BSE durch Milch und Milchprodukte, die daher als sicher eingestuft werden (Pressemitteilung der WHO Nr. 113/2000 vom November 2000; der Europäischen Kommission vom 17.5.1999; des SEAC (Spongiform Encephalopathy Advisory Committee) der britischen Regierung vom Januar 1998; BgVV-Pressedienst 26/2000 vom 28. November 2000; Feststellung der Bundesanstalt für Milchforschung vom 29. November 2000). Nach den Erkenntnissen des Wissenschaftlichen Lenkungsausschusses der EU vom März 1999 wurden weder in Milch noch in Milchdrüsen BSE-Erreger nachgewiesen.

- Speisegelatine für Lebensmittel wird nach Angaben der Hersteller in Deutschland zu 90 % aus Schweinen gewonnen, die restlichen 10 % aus Rinderhäuten, bei denen keine Infektiösität nachgewiesen werden konnte (BgVV-Pressedienst 26/2000 vom 28. November 2000). Nach einer Bewertung der WHO wird Speisegelatine auf Basis vom Rind als sicher angesehen, wenn die Herstellung nach solchen Verfahren durchgeführt wird, die mögliche Erreger inaktivieren (WHO-Pressemitteilung Nr. 113, November 2000; Bericht des Wissenschaftlichen Lenkungsausschusses der EU vom 26. Januar 2000; Feststellung der Bundesanstalt für Milchforschung vom 29. November 2000). Die in Deutschland angewendeten Methoden entsprechen diesen Vorgaben (BgVV-Pressedienst 26/2000 vom 28. November 2000).

- Talg wird nach einer Bewertung der WHO (WHO-Pressemitteilung Nr. 113 vom November 2000) als sicher beurteilt, wenn die Herstellung nach solchen Verfahren durchgeführt wird, die mögliche Erreger inaktivieren.


5. Etikettierung

Die Rindfleisch-Etikettierungsverordnung Nr. 1760/2000/EG vom 17.7.2000 schreibt für alle ab dem 1. Januar 1998 geborenen Rinder die Anbringung zweier identischer Ohrmarken und einen Tierpass vor, der es ermöglicht, den Weg des Tieres bis zum Geburtsbetrieb lückenlos zurückzuverfolgen. Alle Mitgliedstaaten müssen darüber hinaus zentrale Datenbanken einrichten, in denen die Lebenswege aller in dem jeweiligen Mitgliedstaat vorhandenen Rinder dokumentiert werden.

Seit dem 1. September 2000 sind zudem in allen Mitgliedstaaten bei Vermarktung von Rindfleisch verpflichtend folgende Angaben zu machen:

- Referenznummer oder Referenzcode, mit dem die Verbindung zwischen dem Fleisch und dem Tier gewährleistet wird,

- Zulassungsnummer des Schlachthofs, in dem das Tier geschlachtet wurde

- Zulassungsnummer des Zerlegungsbetriebes.

Ab 1. Januar 2002 werden zusätzlich Angaben zum Ort der Geburt und Mast des Tieres, von dem das Fleisch stammt, obligatorisch. In Deutschland sind auch diese Angaben bereits ab Ende 2000 verpflichtend vorgeschrieben.


6. Neue EU-Vorschläge gegen BSE

Die Europäische Kommission hat am 29.11.2000 weitere Maßnahmen zur Bekämpfung von BSE verabschiedet, die am 4.12. 2000 dem Agrarrat in Brüssel zur Diskussion und Entscheidung vorgelegt werden. Die Kommission schlägt u.a. vor:

- Die Verfütterung von Tier-, Fleisch- und Knochenmehl an alle landwirtschaftlichen Nutztiere soll zeitlich begrenzt verboten werden.

- Alle Rinder mit einem Alter von mehr als 30 Monaten werden auf BSE getestet, um das Verbrauchervertrauen wiederherzustellen.

- Die aktuelle Liste der spezifischen Risikomaterialien, welche entfernt und vernichtet werden müssen, soll auf den vollständigen Darm von Rindern ausgeweitet werden.

- Es wird ein Programm entwickelt, um alle Rinder mit einem Alter von mehr als 30 Monaten, die nicht auf BSE getestet wurden, aus dem Markt zu nehmen.


7. Schlussbetrachtung
In den letzten zehn Jahren sind die Erkenntnisse über BSE erheblich gewachsen und es sind umfassende Maßnahmen – wie in dieser Information beschrieben – ergriffen worden, um ein hohes Maß an Sicherheit für die Verbraucher zu gewährleisten. Laufende wissenschaftliche Forschungen zielen darauf ab, noch bestehende Lücken zu schließen. Die Lebensmittelwirtschaft wird verantwortungsbewusst ihrer lebensmittelrechtlichen Sorgfaltspflicht nachgehen, um dem Verbraucher weiterhin sichere und qualitativ hochwertige Lebensmittel anbieten zu können.

Quelle und Kontaktadresse:
Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e.V. (BLL) Öffentlichkeitsarbeit: Britta von der Gönna Godesberger Allee 142-148 53175 Bonn Telefon: 0228/819930 Telefax: 0228/375069

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