Hessische Wirtschaft fordert Umsetzung des Ballungsraum-Gesetzes innerhalb eines Jahres und die Gründung eines operativen Instruments für Standortmarketing und Wirtschaftsförderung für die Region FrankfurtRheinMain
(Frankfurt am Main) - Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz haben das IHK-Forum Rhein-Main, die Wirtschaftsinitiative Metropolitana und die Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände die Vorstellungen der hessischen Wirtschaft erläutert, wie das Ballungsraum-Gesetz zügig umgesetzt werden könne. Gemeinsam forderten sie die handelnden Akteure der Region auf, zur Lösung der vordringlichen Aufgaben aus Wirtschaftssicht Standortmarketing und Wirtschaftsförderung binnen Jahresfrist ein operatives Instrument zu schaffen. Die Wirtschaftsorganisationen begrüßten den Vorschlag von Landrat Jürgen Banzer und Oberbürgermeister Gerhard Grandke zur Bildung einer Standortmarketing GmbH für die Region als Diskussionsgrundlage, auf der man weiterarbeiten könnte. Klar müsse aber auch sein, dass, wenn die freiwillige Lösung scheitere, die Kommunen dann dieses Instrument auch in der Organisationsform eines Pflichtverbandes mittragen müssten, um den Anschluss der Region an die Spitze nicht zu verlieren.
Für das IHK-Forum Rhein-Main begrüßte Dr. Joachim v. Harbou, Vorsitzender der IHK-Arbeitsgemeinschaft Hessen, dass mit dem Urteil des Staatsgerichtshofs nun Klarheit eingetreten sei. Er appellierte an die Kommunen, die Chancen des Ballungsraum-Gesetzes schnell zu nutzen, da nun ein ausgesprochen modernes Gesetz vorliege, um Planungsfragen zu lösen. Das Gesetz erfasse auch Standortmarketing und die Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung. Der Grundsatz der Freiwilligkeit im Ballungsraum-Gesetz besitze großen Charme. Er eröffne den Kommunen vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten. Sie könnten die notwendigen Zweckverbände in einer Form errichten, die ihren Bedürfnissen entsprächen. Das Ballungsraum-Gesetz entspreche hier dem Gedanken von Arbeitsgemeinschaften, die ihre Zusammenarbeit nach den anstehenden Aufgaben organisierten. Dies sei auch die Grundlage für das IHK-Forum Rhein-Main, das sich vor rund 15 Jahren gegründet habe, mit dem Ziel, praktische regionale Initiativen und gemeinsame Projekte voranzutreiben. Das IHK-Forum vertrete das Gesamtinteresse der regionalen Wirtschaft gegenüber der Politik und spreche für rund 270.000 vorwiegend kleine und mittelständische Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft. Für ein erfolgreiches Standortmarketing im internationalen Metropolenwettbewerb sei es unabdingbar, dass die wirtschaftsstarke Region FrankfurtRheinMain geschlossen auftrete, um auch zukünftig diesen Wettbewerb erfolgreich bestehen zu können.
Die Kommunen haben jetzt noch eine Chance, freiwillig ihre Angelegenheit zu organisieren. Die Vorbereitungen, die bereits jetzt in der Staatskanzlei getroffen werden, um die Kommunen zu Pflichtverbänden zusammenzuschließen, haben subsidiären Charakter. Nach der zu erwartenden Dringlichkeitserklärung der Landesregierung für die Aufgaben Standortmarketing und Wirtschaftsförderung bleibe den Kommunen ein Jahr Zeit, in dem sie einen freiwilligen Zusammenschluss aus eigener Kraft schaffen könnten. Nach Ablauf eines Jahres sei die Landesregierung befugt, durch Rechtsverordnung Städte, Gemeinden und Landkreise zur Wahrnehmung dieser Aufgabe zu einem Pflichtverband zusammenzuschließen. Daher rief v. Harbou die Kommunen auf, dieses Jahr zu nutzen und die Chancen des Ballungsraumgesetzes zu ergreifen.
Der Vorsitzende des Präsidiums der Wirtschaftsinitiative Metropolitana, Dr. Wilhelm Bender, stellte eine Vergleichsstudie mit den dynamischen Metropolregionen London und Paris vor. Diese Best-Practice-Beispiele zeigten Erfolgsfaktoren, die bei allen strukturellen Unterschieden auch für die spezielle Aufgabe, die Kräfte der polyzentrischen Region FrankfurtRheinMain zu bündeln, unverzichtbar seien. Dazu gehöre eine gemeinsame Strategie auf der Basis einer gemeinsamen Vision. Für die Region komme es jetzt darauf an, dass das gemeinsame Leitbild gemeinsam erarbeitet werde. Die Diskussion sollte dabei nicht auf Verwaltungsmodelle (Stadtkreis, Regionalkreis etc.) fixiert sein, sondern sich besser auf Standortfaktoren und funktionen konzentrieren, also das, was bildkräftig zu einer Marke und der Vermarktung der Region beitragen könne. Unverzichtbar seien weiterhin eine zentrale Organisation für das Standortmarketing, ein einheitlicher Auftritt und einheitliche Kommunikationslinie für alle Akteure des Standortmarketings. Das regionale Standortmarketing brauche die volle Unterstützung von Seiten der Kommunen in Form von Input, Zustimmung und Kooperationsbereitschaft.
Der Präsident der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU), Prof. Dieter Weidemann, machte unmissverständlich klar, dass die 50 Mitgliedsverbände und die in ihnen organisierten 70.000 Unternehmen aller Branchen keine weitere Zeit verlieren wollten. Wenn es der Region nicht binnen Jahresfrist gelinge, ein operatives Instrument für die vordringlichen Aufgaben Standortmarketing und Wirtschaftsförderung zu installieren wie es alle führenden Metropolregionen schon besäßen , dann müssten auch die im Ballungsraum-Gesetz vorhandenen Zwangselemente zum Einsatz kommen. Deshalb schlug Weidemann die Gründung eines Innovationsverbandes für den wirtschaftlichen Verflechtungsraum Frankfurt Rhein-Main vor. Sollten diese Aufgabenpakete auf dem Weg einer freiwilligen Standortmarketing GmbH gelingen, wie ihn die Herren Banzer und Grandke vorgeschlagen haben, würde die VhU diesen Weg gerne mitgehen. Allerdings ist die VhU angesichts der bisherigen Erfahrungen in der Region eher skeptisch.
Weidemann fügte hinzu, dass die VhU ein Gesamtkonzept erarbeitet habe und als Ansprechpartner dazu der Politik jederzeit zur Verfügung stünde. Das operative Instrument sei es nun eine Standortmarketing GmbH oder ein Innovationsverband müsse das Ziel haben, die wirtschaftliche und touristische Entwicklung voran zu bringen und das Wachstum in der Region zu fördern. Zu den Vermarktungsaufgaben zählen im einzelnen: Entwicklung und Pflege der Marke Frankfurt Rhein-Main, Standortmarketing über 20 Kontaktbüros in allen Weltmetropolen, die Erweiterung des Kontaktbüros in Brüssel und zusätzliche Kontaktbüros in anderen europäischen Metropolen. Hinzu kämen die bessere Nutzung und Vermittlung der Kontakte aus der Region, die Betreuung und Pflege ausländischer Investoren sowie die systematische Einwerbung von Sport- und Kultur-Großveranstaltungen. Zu seinen Entwicklungsaufgaben gehöre vor allem der Ausbau der Kompetenzzentren zu echten Clustern, die die Region von allen anderen unterscheiden. Wichtig hierbei sei, dass in der Dienstleistungsregion der Industrie und dem Gewerbe wieder mehr Beachtung geschenkt werde. Die VhU empfehle die sofortige Gründung dieser Institution zunächst als freiwillige Lösung. Klar müsse aber auch sein, dass, wenn die freiwillige Lösung scheitere, die Kommunen dann dieses Instrument auch in der Organisationsform eines Pflichtverbandes mittragen müssten. Denn eine angemessene Beteiligung aller Akteure sei auch darin gewährleistet. Von entscheidender Bedeutung für die Wirtschaft der Region sei es, im Standortwettbewerb keine weitere Zeit mehr zu verlieren.
Quelle und Kontaktadresse:
Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände e.V.
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