Herbstumfrage in der hessischen Metall- und Elektro-Industrie / Herz der Wirtschaft schlägt noch kräftig, aber Erkältung macht zu schaffen / Mittelstandsfreundlichen Tarifabschluss angemahnt
(Frankfurt am Main) - "Mit voraussichtlich 53 Mrd. Euro Jahresumsatz und 214.000 Beschäftigten sind die Unternehmen der M+E-Industrie - von Metallerzeugung/ -verarbeitung über Elektro-Industrie bis Maschinenbau und Autoindustrie - in Hessen das 'Herz der Wirtschaft'. Dieses Herz schlägt noch kräftig. Aber eine Erkältung macht ihm zusehends zu schaffen", fasste Volker Fasbender, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands HESSENMETALL, die Ergebnisse der traditionellen Herbstumfrage zusammen. Er senkte die Umsatzprognose im 3. Jahr in Folge unter das Vorjahresniveau und mahnte mit Blick auf die Tarifrunde einen mittelstandsfreundlichen Abschluss an. Zum 25. Mal hat HESSENMETALL seine Mitgliedsunternehmen nach ihrer Beurteilung der Situation und Entwicklung befragt. An dieser Erhebung haben sich 235 Mitgliedsunternehmen beteiligt; dabei sind 90.400 Beschäftigte erfasst worden.
Die Stimmung ist im Rückblick freundlich, aber im Ausblick deutlich eingetrübter. Für den Herbst 2014 schätzen die M+E- Mitgliedsunternehmen sie immer noch überwiegend als gut bis befriedigend ein. "41 Prozent halten ihre Lage für gut, 46 Prozent für befriedigend. Für das Frühjahr 2015 erwarten aber 23 Prozent der Unternehmen eine Verschlechterung, also fast doppelt so viele wie eine Verbes-serung", erläuterte Dr. Helmut Rau, der Geschäftsführer für Tarifwesen und Arbeitswissenschaft. Die Lage der hessischen M+E-Industrie ist durchwachsen: bei den Aufträgen volatil, die Umsätze liegen knapp unter Vorjahresniveau, Investitionen sind gestiegen, die Beschäftigung kletterte auf einen neuen Nachkrisen-Höchststand.
Für das Frühjahr 2015 trübt sich das Bild ein. Bei den Auftragseingängen rechnen nur 14 Prozent mit "eher zunehmenden", 32 Prozent aber mit "eher abnehmenden" Auftragsbeständen. 54 Prozent gehen von einer "unveränderten" Auftragslage aus. 25 Prozent prognostizieren fallende Umsätze, nur 14 Prozent gehen von "eher steigenden" Umsätzen aus. Bei den Erträgen erwarten zwei Drittel ein "eher gleich bleibendes" Niveau. 25 Prozent gehen von "zurückgehenden" und nur noch 9 Prozent von "steigenden" Erträgen aus. Ihr Investitionsniveau halten werden voraussichtlich 61 Prozent der Unternehmen. Bei 17 Prozent werden die Investitionen "eher steigen" und bei 21 Prozent "eher fallen".
Bei der Verteilung der Investitionen gehen 42 Prozent in Ersatzinvestitionen, 25 Prozent in die Rationalisierung - sichern also den Bestand. Ein Drittel dient der Zukunftssicherung: 14 Prozent der Weiterbildung der Mitarbeiter und 13 Prozent der Erweiterung der Anlagen, .6 Prozent dem Umweltschutz.
Bis zum Frühjahr 2015 verschieben sich diese Schwerpunkte nur leicht zugunsten der Mitarbeiterqualifikation und Rationalisierung.
Bei den Auslandsinvestitionen verdrängt Asien erstmals den Euroraum vom Spitzenplatz: 47 Prozent der Auslandsinvestitionen gehen nach Asien. Mit 30 Prozent und erheblichem Abstand folgt erst der Euroraum, 12 Prozent gehen ins übrige Europa und nur noch 7 Prozent nach Nordamerika. Anders beim Export. Dort liegt der Schwerpunkt mit 45 Prozent im Euroraum. Asien folgt mit einem Exportanteil von 21 Prozent, "Übriges Europa" und "Nordamerika" mit 15 Prozent bzw. 12 Prozent. Südamerika folgt mit 4 Prozent.
Während die Anzahl der Arbeitnehmer tatsächlich um 3.250 auf einen neuen Nachkrisenhöchststand von 214.000 gestiegen ist, geben die Teilnehmer an der Umfrage nur einen leichten Zuwachs um 0,6 Prozent an. Für das Frühjahr 2015 rechnen die Betriebe mit einer leichten Beschäftigungseinbuße von 0,5 Prozent.
Mittelstandsfreundlicher Tarifabschluss benötigt
2015 dürfte die Metall-und Elektroindustrie nur verhalten wachsen, war das Fazit der Umfrage. Die Konjunkturaussichten haben sich aufgrund der Schwächephase in wichtigen EURO-Ländern sowie der Russlandkrise eingetrübt. Außer den USA gebe es keine Region auf der Welt, aus der spürbare Export-Impulse kommen könnten. Und die Lohnstückkosten zögen wieder deutlich an, seit 2011 um 12 Prozent. "Wenn die Energiekosten am Standort schon höher sind als bei den Wettbewerbern, die Personalkosten auf dem weltweit zweithöchsten Niveau, dann müsste der Produktivitätsfortschritt gigantisch sein, damit hessische M+E-Unternehmen mit einheimischer Produktion wettbewerbsfähig bleiben können", so Fasbender. Nach 10 Prozent mehr Entgelt in den letzten drei Jahren müsse man jetzt wieder die Wettbewerbsfähigkeit stärker in den Blick nehmen.
Die überwiegend mittelständisch geprägte hessische M+E-Industrie habe Betrie-be, denen es blendend gehe, anderen aber drohe Kurzarbeit. Fair beim Entgelt heiße deshalb, mittelstandsfreundlich zu sein. Viele Mittelständler, häufig Zulieferer, hätten eine Personalquote von bis zu 40 Prozent der Gesamtkosten. Konzerne lägen eher bei bis zu 20 Prozent. "Den Mittelstand trifft eine Entgelterhöhung also unmittelbar doppelt so stark. Freilich müssen die Endkunden die Personalkosten ihrer Zulieferer mitfinanzieren, verlangen aber im Wettbewerb der Standorte Jahr für Jahr sinkende Preise von ihren Zulieferern. Den dazwischen eingezwängten Mittelstand muss ein Tarifabschluss mitnehmen", so Fasbender.
Ein Lohnplus von 5,5 Prozent, wie sie die Forderungsempfehlung des IG Metall-Bezirks Mitte für die Tarifrunde 2015 beinhalte, passe weder zur Lage noch zur Stimmung.
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