Herbstbilanz 2021 der hessischen Metall- und Elektro-Industrie
(Frankfurt am Main) - Verbesserte Lage, verhaltener Optimismus / Lieferengpässe verhindern schnellere Erholung / Mittelfristig aufwärts, aber mit gedrosseltem Tempo und langfristig auf gutem Kurs
Schon seit Jahren befindet sich Hessens größte Industrie in einem Strukturwandel, der durch Digitalisierung, Dekarbonisierung und Demografie geprägt ist. 2019 hat sie eine Rezession getroffen, die 2020 stark vertieft wurde durch die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie, die in ihrem anhaltenden Auf und Ab ein Hort ständiger Ungewissheit für alle Planungen bleibt. 2021 wurde die Erholung durch gestörte Lieferketten im Tempo wieder abgebremst. Dennoch zeichnet die Herbstbilanz 2021 der hessischen Metall- und Elektro-Industrie (M+E) das Bild einer verbesserten Lage und eines vorsichtigen Optimismus, auch wenn es zwischen den Branchen große Unterschiede und weiterhin teils großen Nachholbedarf gibt.
"Die hessische M+E-Industrie hat ihre Widerstandsfähigkeit für konjunkturelle Herausforderungen gestärkt und treibt ihre Zukunftsgestaltung strategisch mit unverminderter Dynamik voran. Es geht mittelfristig aufwärts, aber mit gedrosseltem Tempo; und langfristig ist die M+E-Industrie auf gutem Kurs", kommentierte Wolf Matthias Mang, Vorstandsvorsitzender von HESSENMETALL, Lage und Stimmung. Die Auswertung der IST-Zahlen in den ersten drei Quartalen zeigt, dass die M+E-Industrie robust und widerstandsfähig ist und sich auch in Pandemiezeiten mit großen Ungewissheiten aus einem Tief kämpfen kann. Nicht nur die Lage, auch die Stimmung der M+E-Industrie in Hessen hat sich gegenüber dem Herbst 2020 deutlich verbessert und die Erwartungen für die kommenden sechs Monate sind vorsichtig positiv. Diese Kombination - bessere Stimmung und vorsichtiger Optimismus - zieht sich durch die Indikatoren Auftragseingänge, Umsätze und Erträge. Lediglich die Exporte werden von den befragten Unternehmen aufgrund von anhaltend gestörten Lieferketten und der schwierigen Situation im internationalen Warenverkehr kritisch gesehen.
Die Stimmung
An der 32. Herbstumfrage haben sich 159 unserer über 650 Mitgliedsunternehmen mit 51.333 Beschäftigten beteiligt. Die Befragung fand vom 18. Oktober bis 12. November 2021 statt. Viele Unternehmen haben sich also an der Umfrage beteiligt, bevor die Dimension des aktuellen Anstiegs der Infektionszahlen bekannt wurde. Die Stimmung hat sich im Vergleich zum Vorjahr deutlich verbessert. Die allgemeine Geschäftslage beurteilen rund 48 Prozent der Unternehmen als gut, nur noch 18 Prozent als schlecht. Für die nächsten sechs Monate erwarten nur 9 Prozent eine erneute Verschlechterung. Die Erwartungen zum Frühjahr 2022 sind vorsichtig positiv bei den Auftragseingängen, Umsätzen und Erträgen.
Ein Viertel der Unternehmen beurteilt ihr Investitionsniveau inzwischen als "verhältnismäßig hoch", über die Hälfte zumindest als "ausreichend". "Das ist eine deutliche Steigerung im Vergleich zum vergangenen Jahr. Die Unternehmen finden wieder in die Spur", sagte Wolf Mang. "Besonders erfreulich ist, dass die Unternehmen wieder stärker in die Zukunft investieren wollen." Die Herbstumfrage hat ergeben, dass der Anteil der Investitionen zu neuen Produkten, zur Mitarbeiterqualifizierung und zum Umweltschutz gegenüber den Ersatz- und Rationalisierungsinvestitionen klar gestiegen ist.
An die Politik gerichtet sagte Mang: "Die Politik kann unseren Unternehmen bei ihren unternehmerischen Herausforderungen helfen oder ihren Aufwärtstrend bremsen. Deutschland ist nach vielen Jahren überzogener Umverteilung und Reglementierung in der Wachstumsdynamik zurückgefallen. Die Ampel-Koalition muss Deutschland als Investitions- und Innovationsstandort für private Unternehmen stärken." Konkret nannte Mang eine Senkung der Unternehmenssteuern. "Sie würde den Unternehmen ermöglichen, die gewaltigen Investitionen des Strukturwandels besser zu stemmen. Auch Steuererleichterungen bei gezielter anwendungsbezogener Forschungsförderung und mehr Technologieoffenheit sind unbedingt notwendig."
Die Lage
Die Umsätze in der hessischen M+E-Industrie waren bis in das erste Quartal 2020 relativ stabil, im 2. Quartal 2020 folgte dann der coronabedingte Absturz. HESSENMETALL-Hauptgeschäftsführer Dirk Pollert: "Am heftigsten hat es ausgerechnet die Automobilindustrie erwischt, die unsere umsatzstärkste Branche und jahrelang das Zugpferd des Aufschwungs der hessischen M+E-Industrie war." Bis zum dritten Quartal 2021 haben sich die Umsätze in der M+E-Industrie insgesamt weitgehend erholt, was vor allem auf die starken Zuwächse bei den Metallerzeugern (+40 Prozent) und Herstellern elektrischer Ausrüstungen (+16 Prozent) zurückzuführen ist. In Hessen konnte der Maschinenbau die Umsatzverluste gegenüber 2019 zwar bis zum dritten Quartal 2021 auf 4 Prozent reduzieren, wurde aber dennoch von den Metallerzeugern als zweitstärkste Umsatzbranche hinter der Automobilindustrie abgelöst. In der Automobilindustrie liegen die Umsätze immer noch 11 Prozent unter dem Vor-Pandemie-Niveau. Pollert: "Dass die Erholung nicht schneller voranschreitet liegt vor allem an den Lieferengpässen bei Teilen und Rohstoffen. Viele Produkte können deshalb nicht hergestellt und ausgeliefert werden." Weitere Störfaktoren wie die Corona-Pandemie sowie steigende Energie- und Rohstoffpreise erschweren die Situation.
Nach einem starken zweiten Quartal 2021 sind die Auftragseingänge im dritten Quartal wieder zurückgegangen. Den größten Zuwachs haben die Hersteller elektrischer Ausrüstungen zu verzeichnen. In der Automobilindustrie liegt der Auftragseingang hingegen weiterhin deutlich unter dem Niveau von vor der Pandemie. "Auch hier bremst der Material- und Teilemangel: Wird die Autoproduktion gestoppt, weil ein wichtiges Bauteil fehlt, bekommen auch viele Zulieferer weniger Aufträge. Das ist wie ein Dominoeffekt, der dann Unternehmen betrifft, die eigentlich produzieren und liefern könnten. Die meisten unserer Mitgliedsunternehmen können aktuell nicht abschätzen, wie lange die Lieferengpässe noch andauern werden", so Pollert.
Die Beschäftigtenzahlen sind durch Strukturwandel, Rezession und Pandemie in der M+E-Industrie erheblich gesunken. Seit dem Höchststand im September 2018 ist die Beschäftigtenzahl in Hessen um rund 17.000 Stellen auf rund 203.000 gesunken. "Glücklicherweise hat sich der Stellenabbau seit der letzten Herbstbilanz verlangsamt. Aber allein schon der bislang geplante Abbau wird auch im nächsten und übernächsten Jahr zu weiteren Reduktionen führen", sagte Dirk Pollert.
"Die Unternehmen sehen aktuell aber nicht mehr, dass sie weitere Abbaupläne aufsetzen müssen", so Mang. Grund zur Hoffnung gibt die Tatsache, dass drei Viertel der Unternehmen aktuell auf der Suche nach Fachkräften sind und dabei auch auf die duale Ausbildung setzen: "90 Prozent unserer Mitgliedsunternehmen haben ihre Auszubildenden, die in diesem Jahr ihre Ausbildung abgeschlossen haben, in eine Beschäftigung übernommen. Das ist eine starke Quote und zeigt: Die Unternehmen setzen auf ihren Fachkräftenachwuchs."
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