Pressemitteilung | Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW)

Haushaltskonsolidierung im Euroraum: Nicht Ausgabenkürzung sondern Wachstum entscheidend

(Berlin) - Beim Erreichen der Ziele in den EWU-Stabilitätsprogrammen dürfen die konjunkturpolitischen Erfordernisse nicht außer Acht gelassen werden. Ein rascher und nachhaltiger Ausgleich der Haushaltsdefizite im Euroraum ist nur bei hohem Wirtschaftswachstum möglich. Zu diesem Ergebnis kommt das DIW Berlin in seinem aktuellen Wochenbericht 27/2002. Am Beispiel zweier Länder mit besonders erfolgreicher Konsolidierung – Finnland und den Niederlanden - widerlegt das Berliner Institut die Auffassung, die anvisierten Ziele könnten nur durch strikte Ausgabenkürzungen erreicht werden.

Im vergangenen Jahr stieg das aggregierte Finanzierungsdefizit der öffentlichen Haushalte im Euroraum erstmals seit Jahren wieder von 0,8 Prozent im Jahre 2000 auf 1,3 Prozent im Jahre 2001. Der Bruttoschuldenstand hat sich mit 69,1 Prozent nur wenig verringert. Die Abgabenquote ging – insbesondere als Folge von Steuerreformen in Deutschland und Frankreich - mit 46,7 Prozent auf das Niveau von 1995 zurück, während die Ausgabenquote vor allem wegen des Wirkens der automatischen Stabilisatoren konjunkturbedingt leicht auf 48 Prozent in der EWU stieg.

Als Beispiele für eine erfolgreiche Haushaltskonsolidierung führt das DIW Berlin Finnland und die Niederlande an. In beiden Ländern haben Ausgabenbeschränkungen im Gefolge hoher Defizitquoten zunächst keine Rolle gespielt. Im Falle Finnlands wurden die Ausgaben zu Beginn der Erholungsphase sogar kräftig ausgeweitet. All dies hat strukturelle Verbesserungen auf der Ausgabenseite nicht ausgeschlossen. Entscheidend war aber für beide Länder die Schaffung günstiger Wachstumsbedingungen, zu denen jeweils auch ein erfolgreicher Sozialpakt zählte, mit dem der Arbeitsmarkt neue Impulse erhielt und der gleichzeitig zur Eindämmung der Inflation beitrug. Wachstumsbedingte Mehreinnahmen wurden weitgehend zum Abbau der Haushaltsfehlbeträge sowie zur Reduzierung der staatlichen Verschuldung genutzt, während ein Ausgabenanstieg im Aufschwung strikt begrenzt worden war, bzw. es sogar zu einer Plafondierung der Ausgaben kam. Als kleinere Volkswirtschaften profitierten zudem beide Länder – insbesondere Finnland – von steigenden Exporten aufgrund einer realen Abwertung. Die Beispiele zeigen, dass einem restriktiven fiskalischen Impuls ein expansiver geldpolitischer Nachfrageimpulse an die Seite gestellt werden muss.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) Königin-Luise-Str. 5 14195 Berlin Telefon: 030/897890 Telefax: 030/89789200

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