Hausärztliche Versorgung in Hessen / Versichertenbefragung beweist: "Patientenmanagement auch ohne HZV-Verträge etabliert"
(Frankfurt am Main) - Erst vor wenigen Tagen hat die Bundesregierung die hausarztzentrierte Versorgung (HZV) zur Pflichtleistung der Gesetzlichen Krankenkassen erklärt. Die Privilegierung der Hausärzte versetzt die Krankenkassen allerdings in eine unglückliche Situation. Die Allgemeinmediziner wollen ohne Zutun und Mitwirkung der Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) die Honorare ihrer Berufsgruppe außerordentlich erhöhen. Das schmälert nicht nur die Verdienste der Fachärzteschaft, sondern hätte eine unvertretbare Steigerung der Honorare speziell für die allgemeinmedizinische Versorgung zur Folge. Nachdenklich macht zudem: Aus der "besonderen Versorgungsform gemäß 73b SGB V" ergeben sich keine auffälligen Vorteile.
So empfinden Patienten und Versicherte:
In einer Stichprobe haben die Hessischen Betriebskrankenkassen (BKK) ihre Versicherten bzw. die an HZV-Modellprojekte teilnehmenden Patienten befragt: Hat das Lotsenmodell Vorteile? Und: Was motiviert zur Teilnahme? Die Ergebnisse bestärken die BKK: Die gesetzliche Privilegierung der Hausärzte sollte rückgängig gemacht werden. "Ein Vertragswettbewerb kann unter Vertragszwängen nicht funktionieren", erklärt der Vorstandsvorsitzende des BKK Landesverbandes Hessen, Jürgen Thiesen, die Skepsis der BKK zur Sonderstellung der Hausärzte.
Behandlung und Service nicht merklich besser
Für mehr als zwei Drittel (67,71 Prozent) der Befragten, war das zur Teilnahme ausschlaggebende Motiv der "Wegfall der Praxisgebühr". Knapp ein Fünftel (18,2 Prozent) erwartete konkret: "Der Hausarzt koordiniert die medizinische Versorgung". Und dass nahezu jeder Dritte (30,53 Prozent) "sonstige" Gründe zur Einschreibung hatte, führt der BKK Landesverband Hessen darauf zurück, dass das hausärztliche Patientenmanagement vom Bundesgesundheitsministerium als "Lotsenmodell" politisch hochgelobt und von den Medien prominent vermarktet wurde.
Konkrete Wünsche wie bspw. "Ich erwarte mehr Information und Beratung", "bessere Behandlung", "intensivere Zuwendung" oder "sprechende Medizin", formulierten Versicherte und Patienten nur in Ausnahmefällen. Stattdessen belegen Empfehlungen der Hausärzte oder aus dem Munde vertrauter Personen die Wirksamkeit der Mund-zu-Mund-Propaganda. Das "Leumunds-Marketing" hat einen Anteil von immerhin rund 4 Prozent an den Einschreibequoten.
Von der Annehmlichkeit kurzfristiger Terminvergabe abgesehen, fällt die Zwischenbilanz zur HZV eher bescheiden aus: Vier von fünf Befragten (83,95 Prozent) stellten keine Verbesserungen fest ("Gleich geblieben").
Lediglich 4,11 Prozent lobten die Versorgung als "Viel besser". Weitere 6,65 Prozent empfanden die Hausärztliche Fürsorge immerhin "Etwas besser". Nachlassende Qualität der Versorgung wurde nur in Ausnahmefällen kritisiert.
Auch ohne HZV: Hausärzte in der Pole-Position
Auch eine aktuelle Umfrage der Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) belegt, dass die Allgemeinmediziner für die Versicherten grundsätzlich "eine feste Institution" sind und bleiben. Indiz hierfür: Die Mehrzahl aller Versicherten hat einen Hausarzt und zieht diesen typisch als erstkonsultierten Behandler in Wohnortnähe zu Rate - und zwar unabhängig von der Teilnahme an einer besonderen Versorgungsform.
Im Kleingedruckten stecken viele Details
Zu konkreten Inhalten und Konditionen der HZV halten die Gesetzlichen Krankenkassen kassenindividuelle Informationen bereit. Die BKK rät in jedem Fall: Vorabinformation ist wichtig. Kein Patient sollte ohne vorherige Rücksprache mit seiner Kasse in einer Praxis die Teilnahme erklären. Das Kleingedruckte birgt prüfenswerte Details.
Versicherte können ab dem 18. Geburtstag die Teilnahme an der HZV erklären. Die Einschreibung erfolgt beim jeweiligen Hausarzt. Dieser koordiniert dann alle ambulanten fachärztlichen Leistungen durch gezielte Überweisungen. In Notfällen inkl. bei unaufschiebbaren Behandlungen an deutschen Urlaubsorten müssen keine Überweisungen vorgelegt werden. Auch bei Konsultationen von Augen- und Frauenärzten erübrigen sich Formalien.
Sowohl Wechsel des Vertragsarztes wie auch versichertenseiter Ausstieg aus der HZV ist frühestens nach einem Jahr möglich. Wichtige Gründe wie z.B. Umzug entbinden vorzeitig. Ein Widerruf der Teilnahme muss vom Versicherten der zuständigen Kasse spätestens vier Wochen vor dem Quartalsende erklärt werden. Bei Auslauf der HZV besteht weiterhin identischer Leistungsanspruch. Und auch das Arzt-Patienten-Verhältnis bleibt in gewohnter Vertrautheit erhalten.
Quelle und Kontaktadresse:
BKK Betriebskrankenkassen Landesverband Hessen KdöR
Stefan Eckerlein, Pressereferent, Presse
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