Pressemitteilung | k.A.

Handwerk wehrt sich gegen überbordende Bürokratie / EU-Vorschriften gefährden oft kleine und mittlere Existenzen

(Lüneburg/Stade) - Die Handwerkskammer Lüneburg-Stade hat die große Koalition aufgefordert, die anstehenden Reformvorhaben so zu verabschieden, „dass sie tatsächlich auch bei Handwerk und Mittelstand ankommen“. Kammerpräsident Gernot Schmidt sagte bei der Vollversammlung der Kammer in Stade, das günstige Konjunkturklima und die sprudelnden Steuereinnahmen gäben ausreichenden Spielraum für nachhaltige Reformen. Das nächste große bundespolitische Ziel, die Reform der Unternehmensteuern, gehe nach dem beschlossenen Kabinettsentwurf allerdings noch „in einigen ganz entscheidenden Punkten an den Erfordernissen der vielen Tausend kleinen und mittleren Unternehmen vorbei.“

So bemängelte der Kammerpräsident, dass die steuerliche Begünstigung für einbehaltene Gewinne (Thesaurierungsrücklage) für „verantwortungsvolle Betriebsinhaber“ nicht wirklich nutzbar sei. Wenn es bei Entnahmen den Zwang gäbe, zuvorderst auf die Rücklage zurückzugreifen, seien die Betriebe einem erheblichen Nachversteuerungsrisiko ausgesetzt. Selbst in Jahren ohne oder mit nur niedrigem Gewinn käme es dann zu einer erhöhten Nachversteuerung mit 25 Prozent Abgeltungssteuer. Schmidt: „Es muss weiterhin möglich sein, laufende Entnahmen für den Lebensunterhalt aus dem im Betrieb vorhandenen, bereits vollständig versteuerten Eigenkapital zu tätigen.“ Auf Kritik stieß auch die Ausgestaltung des neuen Investitionsabzugsbetrags im Einkommensteuerrecht (§ 7 g EStG), mit dem betriebliche Anschaffungen erleichtert werden sollen. Nur wenige Unternehmen würden davon Gebrauch machen können, da das Instrument an ein maximales Betriebsvermögen von 210.000 Euro gekoppelt sei, eine Grenze, die oft schon durch den Wert des Betriebsgrundstücks überschritten wird.

Unterstützung forderte der Kammerpräsident von der Bundesregierung beim Eindämmen der EU-Bürokratie. Es dürfe nicht zu immer neuen Vorschriften kommen, durch die kleine und mittlere Unternehmen belastet und zu hohen Investitionen gezwungen werden. Zumindest bei der Umsetzung in nationales Recht müssten Vorgaben aus Brüssel mit einer Handwerks- oder Mittelstandsklausel entschärft werden, damit überbordende Bürokratie nicht zu einem weiteren Sterben von Betrieben führe. Als Beispiel führte Schmidt unter anderem die neuen EU-Hygienevorschriften an. Deren Umsetzung kann handwerkliche Fleischereien mit eigener Schlachtung mit Kosten belasteten, die schnell 50.000 Euro und mehr erreichten. Schmidt: „Wenn es die Politik wirklich Ernst meint mit ihrem Anliegen, Bürokratie abzubauen, dann kann sie es hier beweisen!“

Auf die demographischen Herausforderungen, denen sich das personalintensive Handwerk stellen müsse, wies Kammer-Hauptgeschäftsführer Norbert Bünten hin. Eine aktuelle Umfrage habe gezeigt, dass schon jetzt knapp ein Drittel der Betriebe Probleme bei der Besetzung freiwerdender Arbeitsplätze habe. Fast 85 Prozent der befragten Unternehmen begründeten das mit der unzureichenden Qualifikation der Bewerber. Die Handwerkskammer Lüneburg-Stade habe daher ihr Weiterbildungsangebot mit mehr als 200 Lehrgängen so strukturiert, dass die Unternehmen sie zu einem individuellen Bildungsplan kombinieren könnten.

Um die hohen Kostenbelastungen betrieblicher Weiterbildung zu verringern, können Betriebe jetzt auch über das spezielle Förderprogramm IWiN – „Individuelle Weiterbildung in Niedersachsen“ – Zuschüsse beantragen. Gefördert werden die tatsächlichen Ausgaben für die Weiterbildung der Mitarbeiter bis zu einer Höhe von 15,- Euro pro Stunde und Teilnehmer. Auch die Weiterbildungskosten für Handwerksunternehmer selbst könnten bezuschusst werden, sofern weniger als 10 Mitarbeiter beschäftigt werden.

Bünten hob beim Blick auf die Handwerkskammer-Statistik 2006 vor allem die hohe Ausbildungsbereitschaft der Mitgliedsbetriebe hervor. Es seien fast 4000 neue Lehrverträge abgeschlossen worden; insgesamt stünden im Bezirk der Handwerkskammer derzeit rund 11.000 junge Menschen in einer handwerklichen Ausbildung. Auch sei das Lüneburg-Stader Handwerk seiner Verpflichtung aus dem Ausbildungspakt, 200 zusätzliche Lehrstellen bereitzustellen, mit einem Angebot von 1.270 Ausbildungsplätzen in überzeugender Weise nachgekommen. Präsident und Hauptgeschäftsführer bedanken sich dafür ausdrücklich bei allen ausbildenden Betrieben.

Quelle und Kontaktadresse:
Handwerkskammer Lüneburg-Stade Pressestelle Friedenstr. 6, 21335 Lüneburg Telefon: (04131) 7120, Telefax: (04131) 44724

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