Hamburgs Klimapolitik vom Kopf auf die Füße stellen
(Hamburg) - Nach der Bürgerschaftswahl in Hamburg läuft alles darauf hinaus, dass die rot-grüne Rathauskoalition unter SPD-Bürgermeister Dr. Peter Tschentscher fortgesetzt werden wird.
Dazu erklärt Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW):
„Die Hamburgerinnen und Hamburger haben Stabilität, Vertrauen und Verlässlichkeit gewählt. Glückwunsch, Dr. Peter Tschentscher.
Der künftige Hamburger Senat wird die Maßnahmen zum Klimaschutz vom Kopf auf die Füße stellen müssen.
Bislang sehen politische Beschlüsse vor, dass Hamburg bis 2045 klimaneutral werden soll. Allerdings gibt es bereits Forderungen, nach denen die Hansestadt dieses Ziel schon im Jahr 2040 erreichen soll. Die sozialen Vermieter erwarten, dass der Senat dieser Forderung deutlich entgegentritt.
Der Gebäudesektor ist für ein Viertel der CO2-Emissionen mit verantwortlich.
Ein Teil davon entfällt auf Wohngebäude. Daher sind wir uns dessen bewusst, dass die Wohnungswirtschaft einen wichtigen Beitrag zum Erreichen von Klimaneutralität leisten muss. Das stellen wir auch nicht in Frage. Klimaschaden wird teurer als Klimaschutz.
40 Milliarden Euro für Klimaneutralität allein in Hamburg
Wir wissen aber bereits heute aus verschiedenen wissenschaftlichen Studien, dass die Dekarbonisierung des nationalen Gebäudebestandes Billionen an Euro kosten wird. Allein für die energetische Sanierung der gut 260.000 Hamburger Wohngebäude werden im mittleren Szenario 40 Milliarden erforderlich sein.
Das bedeutet, dass im Durchschnitt für jede Hamburger Wohnung rund 150.000 Euro aufgewendet werden müssen. Bis heute ist unklar, woher das Geld dafür kommen soll? Niemand in der Politik hat dafür einen Plan. Die öffentlichen Kassen werden diese Summe nicht aufbringen können.
Abgesehen davon frage ich mich, woher die unzähligen Handwerker kommen sollen, die Wärmepumpen errichten, Heizungsanlagen austauschen und Solaranlagen installieren sollen?
Aus der Miete werden die Investitionen nicht zu erwirtschaften sein
Zugleich wissen gemeinwohlorientierte Vermieterinnen und Vermieter in Hamburg: Aus der Miete wird das nicht zu erwirtschaften sein. Diese müssten massiv steigen - und das in einer Situation, in der bezahlbarer Wohnraum wegen anderer Faktoren bereits immer knapper wird.
Die Miete ist für unsere Mitgliedsunternehmen die einzige Möglichkeit der Refinanzierung für jedwede Investition in den Wohnungsbestand. Derzeit liegen unsere Mieten rund zwei unter dem Wert des Hamburger Mietspiegels. VNW-Unternehmen vermieten in der Hansestadt rund die Hälfte aller Mietwohnungen.
Ein Vorziehen von Klimaneutralität ist nicht umsetzbar
Wir halten das Ziel, im Jahr 2045 Klimaneutralität zu erreichen für unmöglich. Ein Vorziehen auf das Jahr 2040 wäre jedoch irreal. Das würde alle Beteiligten wirtschaftlich überfordern: Mieterinnen und Mieter sowie Wohnungsunternehmen.
Um es klar zu sagen: Klimaneutralität im Gebäudebestand ist bis 2040 nicht zu schaffen. Dieser Weg würde für die Mieterinnen und Mieter sehr teuer, die soziale Vermieter in ihrer Existenz gefährden und das bezahlbare Wohnen bedrohen.
Zudem ist das Vorziehen von Klimaneutralität nicht im Sinne des Klimaschutzes. So müssten Fenster und Heizungen bereits vor ihrem ‚Lebensende‘ ausgetauscht und Wohngebäude noch dicker als bislang gedämmt werden.
Warum es dem Klimaschutz dienen soll, intakte Anlagen zu verschrotten und durch neue Anlagen - deren Produktion klimaschädliche Emissionen verursachen - zu ersetzen, kann uns niemand erklären.
Mietendeckel bevorzugt Besserverdienende
Auch ein Mietendeckel ist kein Modell für Hamburg. Ein Mietendeckel bevorzugt Besserverdienende, weil dieser in erster Linie hohe Mieten in besonders guten Lagen deckelt.
Mieter von Wohnungen mit geringen Mieten wiederum müssen dagegen damit leben, dass ihre Wohnungen schleppender als bislang modernisiert werden, weil den Wohnungsunternehmen die dafür notwendigen Einnahmen fehlen.
Zudem bedroht ein Mietendeckel massiv den Wohnungsneubau und schafft nicht eine einzige Wohnung. Den Befürwortern eines Mietendeckels möchte man zurufen: Denken statt Deckeln! Besonnen und ruhig weiter auf den Neubau setzen - das ist der richtige norddeutsche Weg.
Der „Hamburg Standard“ ist die richtige Grundlage, um die galoppierenden Baukosten einzudämmen und den Neubau wirtschaftlich wieder attraktiver zu machen. Wenn die hohe Nachfrage das geringere Angebot übersteigt, hat sich bewährt, mehr zu schaffen und dann anzubieten. Wir müssen alle Kräfte für mehr Wohnungsbau bündeln.
Quelle und Kontaktadresse:
(vnw) Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen e.V., Oliver Schirg, Pressesprecher(in), Tangstedter Landstr. 83, 22415 Hamburg, Telefon: 040 520110