Haftentschädigung: DAV begrüßt geplante Reform
(Berlin) - Medienberichten zufolge plant das Bundesjustizministerium (BMJ) eine Erhöhung der Entschädigungspauschale für zu Unrecht erlittene Haft. Verzichtet werden soll auch auf die Anrechnung von Kost und Logis. Zudem sollen Betroffene Anspruch auf eine kostenlose anwaltliche Erstberatung haben. Der Deutsche Anwaltverein (DAV), der sich bereits seit über zehn Jahren für eine Verbesserung der Situation zu Unrecht Inhaftierter einsetzt, begrüßt diese Pläne. Der DAV betont aber die Notwendigkeit, den Betroffenen nach ihrer Entlassung einen Betreuer an die Seite zu stellen, ähnlich einem Bewährungshelfer, um "den Weg zurück" zu erleichtern.
Wieviel ist ein Tag in Freiheit wert? Diese Frage stellt der DAV bereits seit mehr als zehn Jahren. Quantifizierbar ist das kaum. Der DAV setzt sich jedoch seit Jahren für einen Betrag von mindestens 100 Euro ein. Dafür sollen nun die Weichen gestellt werden: Ein in der Ressortabstimmung befindlicher Entwurf des BMJ soll unter anderem eine Erhöhung der Entschädigungspauschale für zu Unrecht erlittene Haft von 75 auf 100 Euro, ab sechs Monaten Haft sogar auf 200 Euro pro Tag vorsehen.
"Der Preis der Freiheit ist nicht messbar. Aber mit Blick etwa auf übliche Entschädigungen für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit war dies schon lange angezeigt", betont Rechtsanwalt Dr. Rainer Spatscheck, Vorsitzender des DAV-Ausschusses Strafrecht. Der Vorschlag des BMJ sei ein wichtiger und richtiger Schritt. Positiv sei auch der geplante Wegfall der bisher notwendigen Anrechnung von Kost und Logis zu bewerten. "Dies wirkte im Kontext einer unrechtmäßigen Inhaftierung immer besonders zynisch", so der Anwalt. Man müsse bedenken, dass den Betroffenen oft ein gesellschaftlicher Schaden bleibe.
Erleichterter Zugang zu anwaltlicher Unterstützung
Der DAV begrüßt den geplanten Anspruch der Betroffenen auf eine kostenlose anwaltliche Erstberatung. "Wer zu Unrecht in Haft gesessen hat, vertraut dem Justizsystem meist nicht mehr und schreckt womöglich vor einer Geltendmachung seiner Entschädigungsansprüche zurück", erläutert Spatscheck. "Hier ist anwaltliche Unterstützung essenziell - und soll nicht aufgrund von ohnehin bestehenden finanziellen Sorgen unerreichbar wirken." Es sei richtig, dass dies die Betroffenen nichts kosten dürfe. Details einer Regelung müssten aber - ähnlich der Pflichtverteidigung - noch ausgestaltet und mit der Anwaltschaft abgestimmt werden.
Hilfsperson für Justizopfer nach der Entlassung notwendig
Der DAV fordert seit Jahren nicht nur höhere Kompensationen für immaterielle Schäden, sondern auch praktische Unterstützung von zu Unrecht Inhaftierten nach ihrer Entlassung. "Es fehlt derzeit völlig an staatlicher Hilfe, um unschuldig Inhaftierte nach deren Entlassung aus dem Gefängnis wieder in die Gesellschaft zu integrieren", mahnt der Rechtsanwalt. "Rechtmäßig Inhaftierte haben nach ihrer Entlassung oft die Bewährungshilfe zur Unterstützung - warum haben unschuldig Inhaftierte keine Ansprechperson?" Hier gehe es etwa um Fragen, eine Wohnung oder Beschäftigung zu finden. Der DAV schlägt die Einrichtung einer Ombudsstelle bei den Justizministerien der Länder vor.
Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher AnwaltVerein e.V. (DAV)
Pressestelle
Littenstr. 11, 10179 Berlin
Telefon: (030) 7261520, Fax: (030) 726152190