Gute Stimmung in der Planungsbranche - Wohnungsbau aber noch unter Erwartungen / Bundesarchitektenkammer für Nationales Bauprogramm
(Berlin) - Gute Stimmung bei den deutschen Architekten: Nach Angaben des ifo-Instituts hat sich das Geschäftsklima im letzten Quartal des Jahres 2015 weiter aufgehellt. Die befragten Architekten beurteilten, so der Bericht des IFO-Instituts, ihre Geschäftslage so gut wie noch nie in den vergangenen 25 Jahren. Dazu trägt der starke Impuls der Neuaufträge im Bereich der Mehrfamilienhäuser bei. Vor dem Hintergrund des drängenden Wohnungsmangels lässt die Nachricht des IFO-Instituts, dass gerade die öffentlichen Auftraggeber besondere Zurückhaltung spüren lassen, aufhorchen. So war das Volumen der neu eingegangenen Aufträge im letzten Quartal des Jahres 2015 nicht einmal halb so groß wie im Vorquartal.
Öffentliche Hand und Wohnungsbauunternehmen, so muss geschlossen werden, sind also noch nicht in der Umsetzungsphase der so dringend benötigten neuen kostengünstigen Wohnungen. Vor dem Hintergrund des jährlichen Neubaubedarfs (empirica Forschung & Beratung nennt in seiner aktuellen Wohnungsmarktanalyse die Zahl 361.000 Wohnungen für die Jahre 2016-2020) und der Zurückhaltung öffentlicher Auftraggeber erscheint die Forderung der Bundesarchitektenkammer nach einer noch über die geplanten Maßnahmen der Bundesregierung hinausgehenden Stärkung privater Investitionen und kleinteiliger Maßnahmen (etwa durch Steuererleichterungen wie die degressive Abschreibung) aktueller denn je. Der Blick auf die Zahlen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) schätzte im Dezember 2015 den jährlichen Wohnungsbedarf sogar auf über 400.000. Der Bedarf in den Städten ist sehr viel höher als in ländlichen Gebieten, wo teilweise auch Leerstand zu verzeichnen ist. Insbesondere die großen Städte spüren die Folgen der Zurückhaltung der letzten Jahre im Bereich des Wohnungsbaus. Der Nachholbedarf, so das IW in Köln, muss zu 91 Prozent in nur 46 der 402 Kreise und kreisfreien Städte erfolgen. So beziffert das IW etwa für Berlin den Aufholbedarf mit 55.600 Wohnungen, in München fehlen über 40.000 und in Hamburg rund 35.000 neue Wohnungen.
Eine hohe Nachfrage besteht also in den Metropolen, aber es fehlt an Flächen. Angesichts der breit gestreuten Besitzverhältnisse, der Nachfrage nach innerstädtischen Lagen und dem Primat der Innenverdichtung erscheint aus Sicht der Bundesarchitektenkammer eine noch wirksamere Motivation privater Investoren und Eigentümer dringend erforderlich. Öffentlichen Auftraggebern rät die Bundesarchitektenkammer, freischaffende Architekten und Stadtplaner zur Entlastung ihrer teilweise stark abgeschmolzenen Personaldecke zu beauftragen. Gleiches gilt für die Baugenehmigungsbehörden, die nach den Erfahrungen der Architekten einen Flaschenhals im Bauprozess darstellen. Auch hier gilt es, Verfahren zu beschleunigen und fehlendes qualifiziertes Personal zumindest interimsweise durch Vergabe von Teilen der Verfahren an freie Architekturbüros zu überbrücken.
Barbara Ettinger-Brinckmann, Präsidentin der Bundesarchitektenkammer, wies erneut auf die Dringlichkeit des Wohnungsbaus hin und begrüßte die verstärkten Aktivitäten des Bundes, auch mit den für den Wohnungsbau zuständigen Ländern die notwendigen Weichenstellungen schnell vorzunehmen. Als Beispiel hierfür nannte sie eine Gesetzesänderung, die dafür sorgte, dass den Kommunen zur Aktivierung brachliegender Grundstücke ein Grundsteuerrecht eingeräumt würde, um solche potentiellen Bauflächen mit einem höheren Hebesatz belegen zu können.
Auch das serielle Bauen könne ein Teil der Lösung sein - hier haben deutsche Architekten seit den 20er Jahren wesentliche Beiträge zur Stadt- und Siedlungsentwicklung geleistet. "Vor uns steht eine nationale Aufgabe, die es gemeinsam anzupacken und zu bewältigen gilt. "Deutschland baut aus" - das muss unser Motto sein. Der Abschied von liebgewonnenen Zuständen und Gewohnheiten wird sich nicht immer vermeiden lassen. Bauen bedeutet Veränderung. Das absolut notwendige große Bauprogramm bietet aber auch Chancen für alle Bürgerinnen und Bürger. Diese sollten wir im Sinne aller nutzen", so Ettinger-Brinckmann.
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