Gute Binnenkonjunktur kommt Lebensmittelhandel zugute / BVLH zieht Halbjahresbilanz zur Anuga 2015
(Berlin) - Die derzeit robuste Binnenkonjunktur kommt auch dem Einzelhandel mit Lebensmitteln zugute. Die Unternehmen haben in den ersten sechs Monaten dieses Jahres ein leichtes Umsatzplus erzielt. Laut Statistischem Bundesamt stiegen die Einnahmen im Vergleich zum ersten Halbjahr 2014 nominal um 1,8 Prozent. Das entspricht einem Umsatzvolumen von circa 108 Milliarden Euro. Auf Basis des bisherigen durchschnittlichen Wachstums rechnet der Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels (BVLH) für die ersten drei Quartale 2015 mit einem Umsatz im Lebensmitteleinzelhandel (LEH) von etwas über 162 Milliarden Euro. Das wäre ein Plus von rund zwei Prozent im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum.
Die jüngsten Prognosen führender Wirtschaftsforschungsinstitute vom September dieses Jahres sagen sowohl für dieses Jahr als auch für 2016 einen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um bis zu 1,9 Prozent voraus. Eine wichtige Stütze des Aufschwungs bleibt die Binnennachfrage und hier vor allem der private Konsum. Die Preissteigerungsraten liegen 2015 nahe der Null-Linie. Wirtschaftsforscher gehen für 2015 von 0,4 Prozent aus. Für das kommende Jahr werden 1,5 Prozent vorhergesagt. Die Beschäftigung steigt weiter und sorgt dafür, dass die Arbeitslosenquote in diesem Jahr erneut zurückgeht. Die Aussicht auf einen sicheren Arbeitsplatz, Lohnzuwächse und niedrige Sparzinsen lassen die privaten Konsumausgaben steigen. Sie sollen in diesem Jahr um 1,9 Prozent und 2016 um bis zu 1,7 Prozent klettern.
Die einzelnen Vertriebsschienen tragen in unterschiedlicher Weise zur Umsatzentwicklung im LEH bei. Das größte Plus verzeichnen aktuell die Lebensmittel-Vollsortimenter. Laut den von der Gesellschaft für Konsumforschung erhobenen Veränderungsraten konnten Super- und Verbrauchermärkte im 1. Halbjahr 2015 ihre Einnahmen um 2,8 Prozent erhöhen. Bei den SB-Warenhäusern und den Discount-Anbietern ging der Umsatz im Vergleich zu den ersten sechs Monaten 2014 leicht um 0,3 bzw. 0,7 Prozent zurück.
Mehr Umsatz mit Süßwaren, weniger mit Milch
Auch die Umsätze in den einzelnen Lebensmittelsortimenten entwickelten sich unterschiedlich. Höhere Zuwächse erzielten die Händler von Januar bis Juni dieses Jahres mit dem Verkauf von Obst und Gemüse (+ 2,4 Prozent) sowie Süßwaren (+ 3,4 Prozent). Umsatzrückgänge verzeichneten unter anderem die Produktgruppen Fleisch und Wurstwaren (-0,4 Prozent) sowie Molkereiprodukte. Vor allem bei der weißen Linie (Milch, Milchrahmerzeugnisse) war der Rückgang mit 4,8 Prozent deutlich zu spüren.
Ein wichtiger Faktor für die Umsatzentwicklung sind zweifelsohne die Lebensmittelpreise. Ihre Entwicklung in den zurückliegenden fünf Jahren zeigt, dass Verbraucher in regelmäßiger Folge und relativ kurzen Abständen mal tiefer und mal weniger tief ins Portmonee greifen müssen. Die Jahre 2011 (+ 2,2 Prozent), 2012 (+ 3,4 Prozent) und 2013 (+4,4 Prozent) wurden durch zum Teil hohe Teuerungsraten bestimmt. Seitdem großen Preisauftrieb im Sommer 2013 mit monatlichen Inflationsraten von vier bis fünf Prozent verläuft die Teuerung jedoch sehr viel moderater.
Starker Preisauftrieb schwächt sich weiter ab
Laut Statistischem Bundesamt kletterten die Preise für Nahrungsmittel 2014 im Vergleich zum Vorjahr gerade einmal um ein Prozent. Im ersten Halbjahr dieses Jahres hat sich der Preisauftrieb weiter verlangsamt. Von Januar bis Juni 2015 wurden Lebensmittel im Vergleich zum Vorjahreszeitraum lediglich um 0,3 Prozent teurer. Schaut man in die einzelnen Sortimente ergibt sich ein differen-ziertes Bild. Billiger für Verbraucher wurden vor allem Fleisch und Fleischwaren sowie Molkereiprodukte und Eier. Bei diesen Produktgruppen gingen die Preise von Januar bis Juni dieses Jahres im Vergleich zum ersten Halbjahr 2014 um 0,6 Prozent beziehungsweise 3,1 Prozent zurück. Teurer hingegen wurden Brot und Getreideerzeugnisse (+ 1,6%), Obst, (+1,7%) und Gemüse (+ 2,2%).
Die momentan kaum spürbar steigenden Lebensmittelpreise sind ein Grund dafür, dass sich das Geschäftsklima im Einzelhandel mit Lebensmitteln aktuell etwas abschwächt. Zu diesem Ergebnis kommt der aktuelle Konjunkturtest des ifo-Instituts. Der Klimaindikator lag im Juli dieses Jahres zwar nach wie vor klar im positiven Bereich und auch höher als der Indikator für den gesamten Einzelhandel, allerdings wesentlich weniger deutlich als zu Jahresbeginn. Bei der Bewertung der aktuellen Geschäftslage überwiegen die positiven Firmenmeldungen weiterhin merklich. Im Juli zeigten sich die Umfrageteilnehmer angesichts einer günstigen Umsatzentwicklung sogar wieder etwas zufriedener als im Vormonat.
Mit Blick auf die Entwicklung in den kommenden Monaten gewannen hingegen erstmals im laufenden Jahr die skeptischen Erwartungen leicht die Oberhand. Zudem gaben die Unternehmen im Juli per Saldo an, dass die Verkaufspreise geringfügig nachgegeben haben. Auch für die nahe Zukunft zeigen sich die Umfrageteilnehmer skeptisch in Bezug auf Preiserhöhungsspielräume.
Höherer Ausgabeanteil für Lebensmittel bei Haushalten mit geringem Einkommen
Die Preise für Lebensmittel rücken vor allem dann in den Fokus der Öffentlichkeit, wenn sie besonders niedrig oder hoch sind und wenn damit die Frage nach der Wertschätzung für Lebensmittel verbunden wird. Ein weiterer Aspekt in diesem Zusammenhang ist die Ausgabebereitschaft der Deutschen für Nahrungsmittel.
Dazu hat das Statistische Bundesamt kürzlich aktuelle Zahlen vorgelegt. Laut Einkommens- und Verbrauchsstichprobe geben die Haushalte in Deutschland im Durchschnitt monatlich 12,1 Prozent ihres verfügbaren Nettoeinkommens für Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke aus. Das sind 296 Euro. Dabei gibt es sowohl nach Gebietsständen als auch nach der Höhe des Einkommens Unterschiede. So liegt die Ausgabenquote im früheren Bundesgebiet bei 11,9 Prozent (305 Euro). Die neuen Länder liegen mit 12,8 Prozent knapp ein Prozent darüber 262 Euro).
Erheblich breiter ist die Spanne, wenn man die Ausgaben für Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke in Beziehung zum verfügbaren Haushaltsnettoeinkommen setzt. Haushalte mit einem Einkommen von unter 1.300 Euro wenden monatlich 15,4 Prozent auf. Das sind 154 Euro. Dabei handelt es sich um knapp sieben Millionen oder 18 Prozent aller Haushalte in Deutschland, denen allein schon aus finanziellen Gründen kaum höhere Ausgaben für Lebensmittel und Getränke möglich sind.
Gutverdiener hingegen (Haushaltsnettoeinkommen 3.600 bis 5.000 Euro) geben nur 11,8 Prozent ihres Einkommens aus. Das sind 382 Euro. Das heißt auch: Gutverdiener wenden monatlich zirka zweieinhalb Mal mehr Geld für Lebensmittel und Getränke auf, als Geringverdiener. Da die Wahrscheinlichkeit gering sein dürfte, dass solche Haushalte auch entsprechend mehr konsumieren, wird ein erheblicher Anteil dieses Geldes in höherpreisige Lebensmittel geflossen sein.
Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels e.V. (BVL)
Christian Böttcher, Leiter, Public Affairs und Kommunikation
Am Weidendamm 1a, 10117 Berlin
Telefon: (030) 726250-80, Fax: (030) 726250-85
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