Gutachten zu Wettbewerb im Mobilfunk ist tendenziös und für Entscheidung im Frequenzverfahren ungeeignet
(Berlin) - Das Gutachten von WIK-Consult und EY im Auftrag der Bundesnetzagentur zu den Wettbewerbsverhältnissen im Mobilfunkmarkt weist erhebliche Mängel auf. Es ist damit nicht geeignet, valide Aussagen über den Wettbewerb im Mobilfunk zu treffen. Das sind Ergebnisse eines heute veröffentlichten Gutachtens der Experten Prof. Dr. Ralf Dewenter (Helmut-Schmidt-Universität Hamburg) und Jun.-Prof. Dr. Gordon J. Klein (Universität Münster) im Auftrag des Bundesverbands Breitbandkommunikation (BREKO).
Im laufenden Verfahren zur Bereitstellung von Frequenzen in den Bereichen 800 MHz, 1.800 MHz und 2.600 MHz entscheidet die Bundesnetzagentur neben der Art und Weise der Bereitstellung der Frequenzen auch darüber, ob Maßnahmen zur Erhaltung oder Erreichung wirksamen Wettbewerbs auf dem Mobilfunkmarkt getroffen werden. Das von der Behörde zu dieser Fragestellung in Auftrag gegebene Gutachten ist für valide Aussagen über die Wettbewerblichkeit des Mobilfunkmarktes aber vollkommen ungeeignet.
In ihrer Analyse kommen Dewenter und Klein zu dem Schluss, dass die Interpretation der Ergebnisse mitunter tendenziös erscheint und das Gutachten die notwendige Neutralität oftmals vermissen lässt. Belastbare Aussagen über wirksamen Wettbewerb sind auf Basis der Gutachtenergebnisse nicht möglich. Folgende Gründe sprechen dafür:
- Die Methodik bei der Analyse der Wettbewerbsverhältnisse auf dem Vorleitungs- und Endkundenmarkt lässt keine weiterführenden Schlussfolgerungen bezüglich einer fundierten Einschätzung des Wettbewerbs zu. Vielmehr werden Daten isoliert voneinander betrachtet und unzulässige Rückschlüsse gezogen, was zu einer tendenziösen Interpretation der Ergebnisse führt. Ein insgesamt sehr selektives und unstrukturiertes Vorgehen, das sich durch das gesamte Gutachten zieht.
- Bündelprodukte aus Glasfaseranschluss und Mobilfunk werden trotz steigender Relevanz als Nischenprodukte abgetan und nicht weiter analysiert - obwohl sie für Glasfaser ausbauende Unternehmen essenziell sind, um Endkundinnen und -kunden wettbewerbsfähige Angebote machen zu können.
- Es fehlt eine Analyse des äußerst relevanten Geschäftskundenmarkts, der deutlich stärker konzentriert ist als der Privatkundenmarkt.
- Innovationen von Diensteanbietern und virtuellen Netzbetreibern - wie neue Produkte, Technologien oder Geschäftsmodelle - werden ignoriert. Stattdessen wird ohne Beleg behauptet, dass eine Diensteanbieterverpflichtung nicht zu Innovationen beitragen könne.
- Die Durchführung und Auswertung der für das Gutachten durchgeführten Marktbefragung ist mangelhaft. So gibt es weder ausreichende Informationen über die Inhalte der Befragung, noch eine systematische Analyse der von den Unternehmen ausgefüllten Fragebögen.
Mit Blick auf die Beiratssitzung der Bundesnetzagentur am 18. März, in der es auch um die Wettbewerbsverhältnisse im Mobilfunkmarkt gehen soll, erklärt BREKO-Hauptstadtbüroleiter Sven Knapp:
"Wirksamer Wettbewerb im Mobilfunkmarkt ist aktuell eine Utopie. Die Einführung einer wirksamen Diensteanbieterverpflichtung ist deshalb alternativlos. Nach wie vor verzögern Telekom, Vodafone und Telefónica systematisch das Angebot leistungsfähiger 5G-Tarife durch Wettbewerber ohne eigenes Mobilfunknetz - zu Lasten von Verbraucherinnen und Verbrauchern, aber auch dem Glasfaserausbau, da die Vermarktung konkurrenzfähiger Bündelprodukte aus Glasfaseranschluss und Mobilfunk für Unternehmen ohne eigenes Mobilfunknetz nicht möglich ist. Die Ergebnisse des von der Bundesnetzagentur beauftragten Gutachtens, die komplett an der Marktrealität vorbeigehen, dürfen daher bei der anstehenden Entscheidung der Bundesnetzagentur keine Rolle spielen. Eine Berücksichtigung wäre neben der geplanten Verlängerung der Frequenznutzung das zweite Geschenk für die drei etablierten Mobilfunknetzbetreiber - ohne, dass der Mobilfunkausbau dadurch schneller vorankommt.”
Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband Breitbandkommunikation e.V. (BREKO) - Hauptstadtbüro
Lorenz Vossen, Leiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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