Gut gemeint, aber nicht gut gemacht: Neuer Nachtwachenschlüssel in Bayern verstärkt den Personalmangel in der stationären Pflege.
(Berlin) - Hinsichtlich der seit Anfang Juli in Kraft getretenen Regelungen für die Nachtbesetzung der stationären Pflegeeinrichtungen fordert der VDAB-Landesverband Bayern sofortige Korrekturen des zuständigen Ministeriums. Denn die vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege getroffene Verordnung bringt die Einrichtungen in eine schwierige Lage: Sie stehen vor der Wahl, entweder die Versorgungsqualität für die Pflege tagsüber zu gefährden oder unwirtschaftlich zu arbeiten. Beides ist auf Dauer aber keine Option.
"Die gesamte Regelung ist offensichtlich in ihren Konsequenzen schlichtweg nicht durchdacht. Die Logik des Ministeriums, nach der es zusätzliches Personal für die Nacht geben müsse, geht nicht auf - was nicht heißt, dass es nicht grundsätzlich zu begrüßen wäre. Aber zusätzliches Personal muss auch zusätzlich bezahlt werden können. Und eben hier sperrt sich das Ministerium. Vielmehr scheinen die Verantwortlichen sich damit zufrieden zu stellen, einmal mehr die ordnungsrechtlichen Ansprüche nach oben geschraubt zu haben, ohne dass das Leistungsrecht die Erfüllung dieser Ansprüche für die Einrichtungen möglich macht. Die Einrichtungen werden mit diesem Dilemma allein gelassen. Das ist inakzeptabel", so Helmut Witt, Landesvorstand des VDAB Landesverband Bayern.
Ohne zusätzliche Refinanzierung der vom Ministerium vorgesehenen Pflegekräfte für den Nachteinsatz müssten die Einrichtungen mit dem vorhandenen Personal arbeiten. Die Konsequenz: Um das Personal nachts stellen zu können, insbesondere in den überwiegend kleinen bayerischen Einrichtungen, müssten mehr als 12 Prozent des Tagespersonals in die Nacht verlegt werden. "Das ist schwierig, für die Kräfte, die es am Ende betrifft aber vor allem kein Zustand auf Dauer für die Versorgung der Pflegebedürftigen am Tage. Wir haben bereits jetzt eine dünne Personaldecke, die durch diese ministeriell erzwungene Umschichtung noch dünner wird. Wir laufen Gefahr, dass uns Kräfte fehlen, die Qualität der Pflege tagsüber wie gewohnt sicherzustellen", so Witt. Dabei könnten die weggefallenen Pflegekräfte auch nicht, wie vom bayerischen Staatsministerium angedacht, über das seit Anfang des Jahres mögliche Betreuungspersonal nach § 87b SGB XI oder die in Bayern vorhandenen "sonstigen Dienste" aufgefangen werden. "Das geht entweder rein rechtlich nicht oder reißt halbwegs geschlossene Versorgungslücken an anderer Stelle wieder auf", so Witt.
Auch ohne neuen Nachtwachenschlüssel sei die Personallage in den Einrichtungen angespannt. Generell seien daher mehr Fachkräfte zu Tages- und Nachtschichten zur Versorgung zu begrüßen. Aus Sicht der Privaten Professionellen Pflege stelle die Verordnung des Ministeriums aber keine sachgerechte Lösung dar. "Es zeugt außerdem nicht von Respekt und Wertschätzung, wenn man den Einrichtungen verordnet, was sie zu tun haben, sie aber mit den Folgen allein lässt. Das ist kein guter Umgang. Unsere Einrichtungen sind bereit, alles Notwendige zu tun, um eine optimale Versorgung der ihnen anvertrauten Pflegebedürftigen zu gewährleisten. Dazu braucht es aber die richtigen Arbeits- und Rahmenbedingungen. Die Regelung des Ministeriums leistet dazu absolut keinen Beitrag. Vielmehr ist sie ein weiterer Schlag ins Gesicht der Pflege und demotiviert alle Beteiligten. Wir fordern daher vehement, die Regelung entweder wieder außer Kraft zu setzen oder sie finanziell auf stabile Beine zu stellen", so Witt abschließend.
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