Großaufträge bescheren Bahnindustrie Auftragsrekord / Neuregelungen für Zulassungen gesetzlich verankern
(Berlin) - Die Unternehmen der Bahnindustrie in Deutschland verzeichnen im ersten Halbjahr 2011 ein kräftiges Auftragsplus in Höhe von 75 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Die Bestellungen steigen damit auf ein Volumen in Höhe von 8,4 Milliarden Euro. Das gibt der Verband der Bahnindustrie in Deutschland (VDB) heute auf seiner Halbjahrespressekonferenz in Berlin bekannt. Insbesondere die Bestellungen im inländischen Fahrzeuggeschäft legen kräftig zu. Dagegen müssen die Bahntechnikhersteller einen rückläufigen Umsatz hinnehmen. Mit 4,7 Milliarden Euro liegt er in den ersten sechs Monaten dieses Jahres um 14 Prozent unter dem Umsatz des Vorjahreszeitraums.
"Im Inland konnten die Schienenfahrzeughersteller im ersten Halbjahr mehrere Großaufträge gewinnen", erklärt VDB-Präsident Klaus Baur. "Dazu zählt vor allem der von der Deutschen Bahn vergebene Auftrag von zunächst 130 Zügen des Typs ICx zur Erneuerung der InterCity-Flotte." Dieser allein schlägt mit einem Volumen in Höhe von 3,7 Milliarden Euro zu Buche. Die Aufträge aus dem Ausland gehen in den ersten sechs Monaten dieses Jahres dagegen insgesamt auf 2 Milliarden Euro zurück.
Während die Nachfrage nach Schienenfahrzeugen stark gestiegen ist und für gut gefüllte Auftragsbücher der Bahnindustrie sorgt, beklagt die Branche die anhaltende Schwäche des Infrastrukturgeschäftes. Die Nachfrage ist insgesamt zwar auf 1,2 Milliarden Euro gestiegen. Die Auftragseingänge für Infrastrukturausrüstungen bewegen sich dennoch insgesamt auf einem unverändert niedrigen Niveau, sowohl im Inland als auch im Ausland. "Die Bestellungen von Stellwerken sind nach wie vor unbefriedigend", beklagt Baur. "Hier liegen wir im Inland schätzungsweise 50 Prozent hinter dem notwendigen Investitionsbedarf." Etwas besser sähe es bei der Bahnübergangstechnik und dem Oberleitungsbau aus, unbefriedigend sei immer noch die Geschäftsentwicklung im Gleisbau.
Trotz hoher Auftragseingänge muss die Bahnindustrie beim Umsatz im ersten Halbjahr 2011 eine rückläufige Geschäftsentwicklung hinnehmen. Er geht um 14,5 Prozent auf 4,7 Milliarden Euro zurück. "Hier wirken noch die fehlenden Bestellungen von Lokomotiven durch den stark zurückgegangenen Güterverkehr in den Jahren 2008 bis 2009 nach", sagt Baur. "Darüber hinaus konnten einige Aufträge durch unsere Mitgliedsunternehmen noch nicht abgerechnet werden. Wir sind aber zuversichtlich, in der zweiten Jahreshälfte eine Verbesserung der Situation zu erreichen." Auch beim Umsatz zeige sich das anhaltend niedrige Niveau des Infrastrukturgeschäfts: Es ging um 7,7 Prozent auf 1,2 Milliarden Euro zurück.
Zulassung transparent und effektiv gestalten
Der Verband der Bahnindustrie fordert von der Politik eine rasche Umsetzung des bereits im Mai 2011 vorgestellten Handbuchs Eisenbahnfahrzeuge "Für die Zulassung brauchen die Schienenfahrzeughersteller schnellstens die Planungssicherheit, wie im Handbuch festgelegt", erklärt Baur. Das sei derzeit immer noch nicht der Fall. Deswegen sei auch die Auslieferung von Zügen nach wie vor erschwert. Eine gesetzliche Verankerung der neugeregelten Zulassungsprozesse muss schnellstens erreicht werden.
Deutschland blockiert Ausrüstung europäischer Schienenverkehrskorridore mit ETCS
Kritisch äußert sich der VDB zum Ausrüstungsstopp für die europäischen Schienenverkehrskorridore in Deutschland mit dem gesamteuropäischen Leit- und Sicherungssystem ETCS durch die Bundesregierung. Deren Entscheidung, "die deutschen Korridorabschnitte sehr viel später oder vielleicht sogar überhaupt nicht auszurüsten, bedeutet wegen der zentralen Lage des deutschen Netzes eine Torpedierung des Europäischen Korridor- und Interoperabilitätskonzeptes. Das ist so nicht hinzunehmen", erklärt VDB-Hauptgeschäftsführer Ronald Pörner. Deutschland müsse seine eingegangenen Verpflichtungen gegenüber seinen Nachbarstaaten erfüllen.
Schiene behauptet Umweltvorteil deutlich
Die Schiene ist das umweltfreundlichste Verkehrsmittel. Daher verwahrt sich der VDB gegen jegliche Versuche, den Umweltvorteil beispielsweise von Güterzügen zugunsten des Lkw in Frage zu stellen. Die Verbreitung von Studien mit zweifelhafter Berechnungsgrundlage sei keine seriöse Grundlage für einen Vergleich. Pörner: "Ein Lkw stößt im Durchschnitt viermal mehr CO2 aus als ein Güterzug. Nur mit einer starken Schiene ist ein umweltfreundlicher und integrierter Verkehr möglich."
Quelle und Kontaktadresse:
Verband der Bahnindustrie in Deutschland e.V. (VDB)
Sascha Nicolai, Referent, Kommunikation
Jägerstr. 65, 10117 Berlin
Telefon: (030) 206289-0, Telefax: (030) 206289-50
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