Greenpeace übt Kritik am Atomkonsens
(Berlin) - Einen Stahlrahmen, gefüllt mit radioaktiv verseuchtem Erdreich aus Sellafield und La Hague, installiert Greenpeace am 11. Juni 2001 vor den Parteizentralen von SPD und Bündnis90/die Grünen in Berlin. Das strahlende Geschenk an die Parteien stammt von frei zugänglichen Stränden und Wiesen aus der Umgebung der sogenannten Wiederaufarbeitungsanlagen (WAA), die zusammen täglich rund 10 Millionen Liter verstrahlte Abwässer in das Meer einleiten. Eine auf den Rahmen montierte Gedenktafel erinnert an die Opfer der deutschen Atompolitik in Sellafield und La Hague: nachweislich erkranken Kinder und Jugendliche aus dem Umfeld der Atomanlagen wesentlich häufiger an Blutkrebs als im Länderdurchschnitt. Auf einem Transparent steht: "Atomkonsens ist Volksverdummung - AKW´s bleiben am Netz, WAA läuft weiter, Atomtransporte rollen"
Greenpeace protestiert mit der Aktion gegen den sogenannten Atomkonsens, der am 11. Juni 2001 von Bundeskanzler Schröder und Vertretern der Atom-Firmen Eon, RWE, EnBW und HEW unterzeichnet werden soll. Danach ist unter anderem vorgesehen, weitere 2000 Tonnen hochradioaktiven Atommüll nach Sellafield und La Hague zu transportieren.
"Der sogenannte Atomkonsens ist nur ein Placebo für die Bevölkerung", erklärt Susanne Ochse, Energieexpertin von Greenpeace. "Die Bundesregierung täuscht damit vor, den Ausstieg aus der Atomenergienutzung ein für alle mal geregelt zu haben. Jeder der das Papier kennt, weiß, dass dies blanker Unsinn ist."
Neben dem Festhalten an der sogenannten "Wiederaufarbeitung" kritisiert Greenpeace die mit den Energiekonzernen ausgehandelten Laufzeiten für die Atomkraftwerke. Demnach sollen in dieser und in den nächsten beiden Legislaturperioden laut Atomkonsens gerade einmal 4 von 19 Atomkraftwerken vom Netz gehen. "Was soll das mit einem Ausstieg zu tun haben?", fragt Ochse. "Sofern es diese Regierung bis dahin überhaupt noch gibt, wären diese Altreaktoren aus wirtschaftlichen Gründen sowieso vom Netz gegangen."
Ein weiterer Kritikpunkt an dem Vorgehen der Bundesregierung ist die Beteiligung der Atomindustrie an der Änderung des Atomgesetzes. "Die Bundesregierung hat die Atomkraftwerksbetreiber quasi um Erlaubnis gefragt. So als müsste der TÜV bei der Kfz-Untersuchung erst die Autofahrer um Erlaubnis bitten."
Greenpeace fordert daher den deutschen Bundestag auf, das Atomgesetz nicht in der von der Regierung und der Atomindustrie ausgehandelten Version zu verabschieden. Eine Atomgesetznovelle sollte statt dessen folgende Eckpunkte berücksichtigen: Höchste Sicherheitsstandards während der Restlaufzeiten, ein sofortiges Verbot der Wiederaufarbeitung, ausreichende Haftpflichtversicherung gegen Atomunfälle sowie ein unabhängig verwalteter Fonds für die Milliardenrückstellungen der Atomindustrie.
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