Gewalt gegen Lehrkräfte an Gymnasien und FOSBOS in Bayern
(München) - Gewalt an Schulen wird immer wieder öffentlich diskutiert. Aktuelle Statistiken zeigen eine bedenkliche Zunahme, bleiben aber auf einer abstrakten Ebene. Der bpv hat deshalb seine Mitglieder zu Gewalt gegen Lehrkräfte befragt. Die Rückmeldungen sprechen eine klare Sprache: Gewalt ist auch an den Gymnasien und FOSBOS ein Thema. Dem bpv ist es daher ein wichtiges Anliegen, diese Angelegenheit auch an diesen Schularten aus dem Dunkelfeld zu holen und stärker in das schulische, aber auch öffentliche Bewusstsein zu rücken.
Von den rund 3.000 im Februar befragten Lehrkräften an Gymnasien und FOSBOS waren 13 Prozent in den vergangenen fünf Jahren schon einmal selbst von psychischer oder physischer Gewalt betroffen. 21 Prozent der selbst Betroffenen berichten dabei von häufigen (18 Prozent) oder sehr häufigen (3 Prozent) Vorfällen. 37 Prozent der Nicht-Betroffenen haben in den vergangenen fünf Jahren zumindest von Gewaltvorfällen gegenüber Lehrkräften an ihrer Schule erfahren. Angesichts einer zweifellos vorhandenen Dunkelziffer ist davon auszugehen, dass die tatsächlichen Werte höher liegen. "Es ist momentan aktueller denn je, denn Corona hat in der Schülerschaft einiges verändert. Bei vielen ist die Zündschnur kürzer geworden", berichtet Regina Knape, Leiterin des Sachgebiets Schulpsychologie und Beratungslehrkräfte im bpv. Die Frustrationstoleranz und die Fähigkeit, mit negativen Erlebnissen umzugehen, sei bei Kindern und Jugendlichen stark gesunken.
Der Blick auf die Art der Gewaltanwendung offenbart, dass von Beschimpfungen bis zu sexualisierter Gewalt alle Dimensionen vertreten sind. Beschimpfungen werden dabei mit 76 Prozent am häufigsten genannt. Es folgen Cybermobbing (42 Prozent), Bedrohungen (37 Prozent) und Mobbing (21 Prozent). Nach der Sachbeschädigung mit 20 Prozent werden körperliche und diskriminierende Übergriffe jeweils von 11 Prozent der Befragten genannt. Die Zahlen zeigen, dass es sich in der Mehrzahl um psychische Vorfälle handelt. Gerade das Subtile dieser Gewaltanwendungen mache es für Lehrkräfte häufig schwer, damit richtig umzugehen, weiß die Schulpsychologin.
bpv-Referent für Bildungs- und Schulpolitik Wolfram Janke ordnet die Ergebnisse ein: "Während das Thema Gewalt gegen Lehrkräfte an Gymnasien und FOSBOS von vielen unterschätzt wurde, haben Schulberatungsstellen auch an diesen Schularten schon längere Zeit eine Zunahme an Beratungsfällen verzeichnet. Unsere Umfrage zeigt: Gewalt findet auch an diesen Schularten statt. Es ist daher an der Zeit, das Thema zu enttabuisieren!" Ein erster wichtiger Schritt ist mit der im März 2023 veröffentlichten Handreichung "Keine Gewalt gegen Lehrkräfte" des Staatsinstituts für Schulqualität und Bildungsforschung (ISB) getan.
"Es ist insbesondere wichtig, dass in der ISB-Broschüre über die Meldepflicht an die Schulleitung informiert wird, denn bei subtileren Gewaltvorfällen neigen Lehrkräfte, die nicht richtig auf den Umgang mit solchen Aggressionen vorbereitet wurden, dazu, den Vorfall auf ihr eigenes pädagogisches Verhalten zu beziehen", erklärt Knape.
Janke resümiert: "Grundsätzlich gilt es, ein friedliches Schulklima zu schaffen, in dem Gewalt insgesamt null toleriert wird. Dazu gehört es, Vorfälle nicht totzuschweigen oder zu verharmlosen, sondern diese klar zu benennen und richtig zu reagieren. Auch wenn im aktuellen ifo-Bildungsbarometer die Gewaltprävention an bayerischen Schulen im Ländervergleich am besten bewertet wird, ist es wichtig, das Thema noch stärker in das öffentliche und schulische Bewusstsein zu holen."
Quelle und Kontaktadresse:
Bayerischer Philologenverband (bpv)
Pressestelle
Arnulfstr. 297, 80639 München
Telefon: (089) 7461630, Fax: (089) 74616350