GEW Bayern: Kita-Jahr startet mit unzureichendem Arbeitsschutz
(München) - Ab September startet das Kita-Jahr mit dem Regelbetrieb und lokal unterschiedlichen Öffnungsmodellen, abhängig vom lokalen Infektionsgeschehen. So weit, so gut. Die bis dahin geltende "Schnupfennasenregelung" wurde nun aber deutlich aufgeweicht. Das sorgt für Unmut unter den Beschäftigten, wie die Bildungsgewerkschaft GEW weiß.
Manche Eltern brachten in der Vergangenheit ihre Kinder krank in die Einrichtungen. Kolleg*innen werden teils belogen, es wird getrickst, uns wird teilweise von absurden Situationen berichtet. So sind beim mitgegebenen Essen schon mal Tabletten gegen Fieber dabei, beim Bringen war das Kind aber "gesund". Sicherlich tun die meisten Eltern das aufgrund des Drucks ihrer Arbeitgeber, aber in Corona-Zeiten arbeiten die Beschäftigten in den Kitas in einem der wenigen Arbeitsbereiche in Deutschland, in denen ein wirksamer Arbeitsschutz derzeit noch kaum möglich ist. Wir reden über teils 30 Menschen in einem Raum, ohne Abstand, ohne Masken. Klar haben sehr viele Kolleg*innen deswegen Angst", verdeutlicht Mario Schwandt, zuständiger Gewerkschaftssekretär, die Besorgnisse der Erzieher*innen und anderer Fachkräfte in den Einrichtungen.
Die bisherige Regelung sah vor, dass Kinder bei jedem Anzeichen einer Erkrankung abgewiesen werden können. "Das ist übrigens sehr häufig Teil der Betreuungsverträge, dazu brauchte es im Grunde keine ministerielle Empfehlung", präzisiert Gabriele Albrecht-Thum, ebenfalls zuständige Gewerkschaftssekretärin. Die alte Regelung sei aufgrund ihrer Klarheit gut angekommen. Die Beschäftigten hätten sich in einem prinzipiell unsicheren Arbeitsfeld sicherer gefühlt und die niedrigen Fallzahlen hätten zu sehr wenigen Vorfällen geführt.
Im ergänzten Rahmenhygieneplan des bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) für die Zeit ab September steht nun: "Kinder mit milden Krank-heitszeichen wie Schnupfen ohne Fieber oder gelegentlichem Husten können in einer epidemiologischen Situation der Stufe 1 und 2 die Kindertagesbetreuung ohne Test auf SARS-CoV-2 besuchen."
Die Gewerkschaft bezweifelt, dass das etwas für den Arbeits- und Gesundheitsschutz bringt, bei dem jede Infektion bestmöglich vermieden werden muss. "Die Kolleg*innen sind nicht medizinisch ausgebildet, woher sollen sie wissen, ob ein gelegentlicher Husten oder eine laufende Nase unbedenklich sind. Es gibt zudem infizierter Kinder ohne Symptome und auch Schnupfen gehört zu den beobachteten Symptomen von COVID-19 bei Kindern. Helfen können nur Tests. Hier wird die Verantwortung auf die Träger und Kolleg*innen verschoben, aber die Verantwortung muss von allen getragen werden", verdeutlicht Gabriele Albrecht-Thum. "Eltern, Arbeitgeber, Ministerium und Ärzte dürfen den Schutz der Kolleg*innen nicht damit abtun, dass bisher ja nichts passiert sei und ein sogenanntes Restrisiko eben immer da sei. Das ist angesichts der nach wie vor unklaren Frage, wie das Infektionsgeschehen in Kitas ist, grob fahrlässig zu nennen. Zudem widerspricht es auch der neuen Arbeitsschutzregel der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, die für alle Beschäftigten in Deutschland uneingeschränkt gilt", ergänzt ihr Kollege Mario Schwandt. "Die verständlichen Probleme, die Eltern mit der strikten Krankheitsregelung hatten, würden sich durch einen guten technischen Arbeitsschutz schon länger zumindest in Teilen lösen lassen. Das Arbeitsschutzrecht ist in seiner Ausführung recht klar und technische Lösungen, wie Luftreinigungsanlagen, sind vorrangig zu nutzen, bevor auf FFP Masken verwiesen wird, die eh nicht immer praktikabel sind in der Arbeit am Kind. Die Luftreinigungsanlagen gibt es schon lange. Aber wir kennen das schon: Kosten darf es halt nichts", bringt es Mario Schwandt auf den Punkt. Ob die Geräte in großer Zahl angeschafft werden können, daran zweifelt aber auch die GEW Bayern. "Wir wissen seit längerem vom Aerosolproblem und seit langem hätte man zumindest darüber nachdenken und planen müssen. Jetzt könnte es tatsächlich ein Beschaffungsproblem geben, das am Ende alle in den Kitas ausbaden müssen. Es stellt sich uns schon die Frage, warum in einem Hochtechnologieland mit so wenig technischen Mitteln gearbeitet wird. Auch erschließt sich uns nicht, warum nur über den Impfstoff und so wenig über einfache Schnelltests geredet wird. Diese Schnelltests, die jeder leicht selbst durchführen könnte, wären eine enorme Erleichterung. Sie werden so schnell aber leider nicht verfügbar sein, so dass bis dahin eben mit Vorsicht gearbeitet werden muss", bestätigt Gabriele Albrecht-Thum.
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