Pressemitteilung | Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW)

Gesundheitspolitische Alternativen / DIW Berlin stellt neueste Forschungsergebnisse vor

(Berlin) - Ein Jahr nach Inkrafttreten der Gesundheitsreform zeigt sich die Notwendigkeit weiterer Änderungen am Gesundheitssystem. Das aktuelle Vierteljahresheft zur Wirtschaftsforschung des DIW Berlin präsentiert zum Thema Gesundheitspolitik neueste Forschungsergebnisse und eine Bewertung dieser durch Experten aus der Praxis. Analysiert wird der Wettbewerb zwischen den Krankenversicherungen, die Vergütung von Leistungserbringern und die Regulierung von Arzneimittelpreisen.

Gesundheitspolitik und Wirtschaftlichkeit sind nicht immer einfach zu koordinieren. Das aktuelle Vierteljahresheft zur Wirtschaftsforschung des DIW Berlin stellt neueste Forschungsergebnisse und innovative Denkansätze von Nachwuchs-Gesundheitsökonomen vor. Diese Entwürfe werden von erfahrenen Wissenschaftlern und Experten aus der gesundheitspolitischen Praxis kritisch diskutiert und auf ihre Praktikabilität hin geprüft.

Die einzelnen Themen des VJH4 sind die Auswirkungen von Wettbewerb zwischen den Krankenversicherungen, die Vergütung von Leistungserbringern und die Regulierung von Arzneimittelpreisen.

Der einführende Beitrag von Ronny Klein behandelt das Modell der „Krankensparkonten“. Vorteilhaft wäre hier die zusätzliche Kapitalbildung zur Abfederung demographischer Risiken. Claudia Pütz bemängelt dagegen, dass ein solches Modell schwierig umzusetzen sei. Sie hält die „Krankensparkonten“ eher in der sozialen Pflegeversicherung für realisierbar.

Im folgenden Beitrag untersucht Robert Nuscheler anhand empirischer Daten des sozio-oekonomischen Panels (SOEP), ob der Wettbewerb zwischen den Krankenkassen zu einer Risikoselektion führen könnte. Er kommt zu dem Ergebnis, dass eine Reform der gesetzlichen Krankenkassen den Wettbewerb keinesfalls einschränken, sondern lediglich besser organisieren sollte. Mathias Kifmann und Normann Lorenz überprüfen die Effizienz des seit zwei Jahren in der gesetzlichen Krankenversicherung geltenden sogenannten „Hochrisikopools“, d.h. einer Teilübernahme von Ausgaben für Versicherte ab einer Summe von 20.000 Euro durch einen zentralen Fonds. Überraschenderweise stellt sich als Ergebnis ihrer Analyse heraus, dass ein optimaler Risikopool der Kasse die zusätzlichen Ausgaben für einen Versicherten entweder vollständig oder gar nicht ersetzt. Dieter Cassel setzt sich mit beiden Referaten kritisch auseinander. Die Schlussfolgerungen Nuschelers stellt er in Frage; zu dem Beitrag Kifmanns und Lorenz’ schlägt er ergänzend vor, die Ausgestaltung des Hochrisikopools zu überprüfen. Heinz Stapf-Finé verweist schließlich in seinem Kommentar auf noch viele ungelöste Probleme des Kassenwettbewerbs hin und merkt an, dass Risikoselektion auch durch fehlenden Wettbewerb begünstigt wird.

Anja Olbricht befasst sich in ihrem Beitrag mit dem optimalen Sorgfaltsstandard, der bei Ärzten in Schadenshaftungsfragen angewandt wird. Sie legt dar, dass gerade bei Unsicherheit über geltende Haftungsregeln die Ärzte oft höhere Sorgfalt zeigen; im Gegensatz zum Fall einer eindeutigen Rechtslage, die Haftungssicherheit gewährleistet. Dominique Demoulin ergänzt diese Ausführungen mit dem Hinweis auf zwei weitere Rechtswege, die das Niveau der ärztlichen Sorgfalt beeinflussen können, nämlich die Umkehr der Beweislast bei Kunstfehlerprozesse, sowie Standards betreffend den Nachweis der Richtigkeit von Beweisgründen.

Dieser Themenkomplex wird ergänzt durch einen Beitrag von Astrid Selder. Sie untersucht den Zusammenhang zwischen dem Vergütungssystem für ärztliche Leistungen, der Preiselastizität für diese nachgefragten Leistungen und dem Anreiz, neue Behandlungsmethoden und –techniken anzuwenden. Sie weist nach, dass neue Methoden sich nicht von selbst durchsetzen, sondern abhängig sind von der Art des Bezahlungssystems. Stefan Felder ergänzt in seinem Kommentar, dass die Einführung neuer Behandlungstechniken auch durch Instrumente zur Reduzierung von Moral Hazard begünstigt werden kann.

Die beiden letzten Beiträge widmen sich der Regulierung von Arzneimittelpreisen. Ingrid Königbauer und Bertram Häussler diskutieren, ob und unter welchen Voraussetzungen die Zulassung von Parallelimporten bei Arzneimitteln auch im Interesse der Pharmaproduzenten sein kann.

Das Vierteljahresheft entstand im Rahmen einer Kooperation des DIW Berlin und der Hans-Böckler-Stiftung. Es fasst die Ergebnisse des Symposiums „Gesundheitsökonomische Grundlagen für die Gesundheitspolitik“ zusammen, das von beiden Initiatoren im Sommer 2004 veranstaltet wurde.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) Königin-Luise-Str. 5, 14195 Berlin Telefon: 030/89789-0, Telefax: 030/89789-200

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