Gesetzgeber führt Sondersteuer für Kreditzinsen ein / Mittelständler haben massive Finanzprobleme
(Berlin) - Unternehmen in den Rechtsformen GmbH oder AG müssen seit 1.1.2004 mit deutlich höheren Steuerbelastungen rechnen als zuvor. Mit der Begründung, eine bisher nur für ausländische Anteilseigner geltende Vorschrift europatauglich zu machen, belegt der Gesetzgeber nun Zinszahlungen an Banken oder Gesellschafter mit Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag und Gewerbesteuer. Rolf Kurz, Präsident der Bundesverbands der Selbständigen (BDS), kritisiert diese Praxis scharf: Was wir während der entsprechenden Verhandlungen im Vermittlungsausschuss befürchtet haben, ist jetzt Realität: Die ersten Mittelständler haben massive Zahlungsprobleme und Planungsunsicherheit. Alle Parteien loben den Mittelstand - und setzen gleichzeitig Gesetze in die Welt, deren Folgen verheerend sind. Dies ist ein weiteres Beispiel dafür, dass im Vermittlungsausschuss beide politischen Lager schludrig gearbeitet haben.
Für das Erheben dieser Steuern müssen alle folgenden Voraussetzungen vorliegen:
1. Das von der Gesellschaft aufgenommene Darlehen muss eine Laufzeit von mehr als sechs Monaten haben.
2. Die Summe der Darlehen je Gesellschafter beträgt mehr als 150 Prozent des jeweiligen Anteils am Eigenkapital.
3. Die Zinszahlungen betragen mehr als 250.000 Euro im Jahr. Wird dieser Betrag überschritten, ist der gesamte Aufwand der Besteuerung zu unterwerfen.
4. Das Darlehen muss von einem zu mehr als 25 Prozent beteiligten Gesellschafter gewährt werden. Diese Voraussetzung gilt auch als erfüllt, wenn das Darlehen zwar von einer Bank gewährt wurde, diese sich aber vom Gesellschafter zusätzliche Sicherheiten hat einräumen lassen. Damit sind alle Fälle gemeint, in denen der Gesellschafter Bürgschaften abgegeben hat oder Grundschulden auf privaten Immobilien zur Besicherung bestellt hat.
Die Steuerexperten von Grieger Mallison betonen: Das Gesetz belastet Unternehmen in einem Maße mit Steuern, die in der gegenwärtigen Lage nicht erwirtschaftet werden können. Im Detail sind die Regelungen noch komplizierter; die Beratungspraxis wird damit immer schwerer. Auf unsere Nachfragen, ob und wie die Anwendung des Gesetzes geändert wird, hat uns das Finanzministerium lediglich mitgeteilt, dass eine Arbeitsgruppe eingesetzt wird, die sich mit dem Fall befasst.
BDS-Präsident Kurz fordert von Bund und Ländern ein Ende der Planungsunsicherheit: Viele große mittelständische Unternehmen, die unter diese Neuregelung fallen, werden das Wirtschaftsjahr 2004 nicht überleben. Um existenzbedrohende Folgen zu vermeiden, muss zumindest eine Härtefallregelung erlassen werden. Was gut gemeint war - nämlich missbräuchliche Gestaltung zu unterbinden - ist wieder einmal nach hinten los gegangen. Finanzbürokraten denken nicht an wirtschaftliche Folgen, sondern nur an ihre Paragraphen. Ihnen war es offenbar egal, was das Gesetz im Alltag anrichtet.
Quelle und Kontaktadresse:
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Michael Wehran, Presse
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