Pressemitteilung | ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft

Gesetz zur TerrorismusbekĂ€mpfung - Das Parlament entmĂŒndigt sich selbst

(Berlin) - Die in ver.di organisierten Richterinnen und Richter und StaatsanwÀltinnen und StaatsanwÀlten kritisieren anlÀsslich der am 30. November stattfindenden Expertenanhörung im Innenausschuss des Bundestages mit folgender ErklÀrung Inhalt und Verfahren des Gesetzes zur TerrorismusbekÀmpfung.

* Wir kritisieren - gerade aus richterlicher Perspektive - die Eile, mit der diese schwerwiegenden Maßnahmen durch den parlamentarischen Prozess gepeitscht werden sollen. Nach unserer Erfahrung leiden so zu Stande gekommene Gesetze unter betrĂ€chtlichen, handwerklichen MĂ€ngeln. Der vorgesehene Zeitplan wird dazu fĂŒhren, dass das Ergebnis der Expertenanhörung nicht einmal mehr in den Gesetzgebungsprozess einfließen kann. Die DurchfĂŒhrung der Anhörung ist daher offenbar nur eine Schauveranstaltung. Der Bundestag degradiert sich damit selbst zum AnhĂ€ngsel der Exekutive. Die Öffentlichkeit wird ihrer Mitwirkungsfunktion im demokratischen Prozess beraubt. Gleichzeitig ist ein wirkliches EilbedĂŒrfnis nicht zu erkennen.
* FĂŒr viele der geplanten Maßnahmen ist aus unserer Sicht kein praktisches BedĂŒrfnis erkennbar. Sie sind weder geeignet noch verhĂ€ltnismĂ€ĂŸig, um die angestrebten Ziele zu erreichen.
* Dem Gesetzentwurf ist durchgĂ€ngig vorzuwerfen, dass es ihm nicht gelingt, zwischen legitimer, politischer BetĂ€tigung von AuslĂ€ndern in Deutschland und kriminellem Tun zu differenzieren. Nach ersten EinschĂ€tzungen birgt der Gesetzentwurf - nicht nur insoweit - betrĂ€chtliche Risiken, einer PrĂŒfung durch das Bundesverfassungsgericht nicht standzuhalten.
* Die vorgesehene Verpflichtung der Asylbehörden, den Inhalt der Anhörung von Asylbewerbern an das Bundesamt fĂŒr Verfassungsschutz weiterzugeben, verhindert eine offene AtmosphĂ€re in dieser fĂŒr die Asylsuchenden so eminent wichtigen Situation. Das Asylverfahren wird zur Farce.
* Der Gesetzentwurf sieht an sehr vielen Stellen betrĂ€chtliche - in ihren Folgen noch unabsehbare - Erweiterungen der Befugnisse der Geheimdienste vor. Gerade die justizielle Erfahrung zeigt, dass es hier in der Verwaltungspraxis immer wieder zu MissbrĂ€uchen oder schlichten Fehlern kommt. Dies kann zu betrĂ€chtlichen, materiellen SchĂ€den fĂŒr die davon Betroffenen fĂŒhren. Gleichzeitig ist nicht in ausreichendem Umfang vorgesehen, Kontrollmechanismen bzw. Rechtsschutzmöglichkeiten zu schaffen.

Angesichts dessen sind die nunmehr vom Bundesrat vorgebrachten - noch verschĂ€rfenden - Forderungen gĂ€nzlich unakzeptabel und mĂŒssen sofort wieder von der politischen Tagesordnung gestrichen werden.

Der Bundessprecher der Richterinnen und Richter und StaatsanwĂ€ltinnen und StaatsanwĂ€lte in ver.di, Richter am Landessozialgericht Klaus Thommes: "Wir fordern die Politik dringend auf, den Gesetzgebungsprozess zu entschleunigen und zu ruhiger und sachgerechter Diskussion zurĂŒck zu kehren. Die schlimmen AnschlĂ€ge von New York dĂŒrfen nicht noch zu schweren BeschĂ€digungen unserer Rechtsordnung fĂŒhren."

Quelle und Kontaktadresse:
ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft e.V. Potsdamer Platz 10 10785 Berlin Telefon: 030/69560 Telefax: 030/69563956

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