Pressemitteilung | Arbeitgeberverband Gesamtmetall e.V.

Gesamtmetall-Hauptgeschäftsführer Busch: "Hartz-Kommission zu kurz gesprungen"

(Berlin) - Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall bedauert, dass die Hartz-Kommission am Ende nicht den Mut aufgebracht hat, sich für eine Straffung des Leistungsumfangs der Lohnersatzleistungen auszusprechen. Nach Ansicht von Gesamtmetall-Hauptgeschäftsführer Hans Werner Busch seien darüber hinaus einige der vorgeschlagenen Maßnahmen wirkungslos oder sogar schädlich. Die Kommission sei "zu kurz gesprungen", heisst es in einer am Freitag (16.8.) in Berlin veröffentlichten Stellungnahme. Als beschäftigungspolitisches Gesamtkonzept bleibe das Hartz-Papier damit hinter den Erwartungen zurück. Nach Ansicht von Busch enthält der Kommissionsbericht aber auch einige "positive Anregungen für eine effizientere staatliche Arbeitsvermittlung".

Die Forderung von Regierungsvertretern, das Maßnahmenpaket nur als Ganzes zu bewerten und nicht detailliert unter die Lupe zu nehmen, weist Gesamtmetall zurück. Gerade weil die Hartz-Kommission die Arbeitgebervertreter als "Profis der Nation" anspricht, muss deren Beitrag darin bestehen, jedes der 13 vorgeschlagenen "Innovationsmodule" einzeln nach professionellen Maßstäben daraufhin zu überprüfen, ob sie geeignet sind, zum Arbeitsmarkterfolg beizutragen.

Als wirkungslos bis kontraproduktiv bewerten die M+E-Arbeitgeber die Module zum Abbau der Jugendarbeitslosigkeit, die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe in der vorgeschlagenen Form, die Gewährung einer Beitragssenkung für Firmen mit steigender Beschäftigtenzahl und den JobFloater für Ostdeutschland.

Zu den sinnvollen Anregungen zählt Gesamtmetall die Vorschläge der Kommission, die Aktivitäten der Arbeitsämter in JobCenter zu konzentrieren, eine Meldepflicht für Arbeitnehmer bei drohender Arbeitslosigkeit einzuführen und die Beweislast bei der Zumutbarkeit einer angebotenen Beschäftigung umzukehren.

Zu den "Innovationsmodulen" im Einzelnen:

Sinnvolle Konzentration der Aktivitäten im JobCenter
Die Umwandlung der Arbeitsämter in "JobCenter" als Anlaufpunkt für alle erwerbsfähigen Arbeitsuchenden verspricht bei konsequenter Umsetzung einen substantiellen Fortschritt in der Effizienz der Arbeitsvermittlung ? Kernpunkt des Auftrages der Hartz-Kommission. In den JobCentern sollen die Leistungen konzentriert werden, zur besseren Kundenorientierung und zur Vermeidung von Parallelstrukturen in der Verwaltung. Die Unternehmen rücken als Kunden stärker in das Blickfeld der Vermittler. Allerdings wächst auch der Umfang der Aufgaben, was die Konzentration auf die Kerntätigkeit beeinträchtigen könnte.

Kürzere Meldefristen bringen mehr Tempo in die Vermittlung Maßnahmen zur Erhöhung der Vermittlungsgeschwindigkeit sind begrüßenswert. Dazu gehören u.a. verkürzte Meldefristen (schon bei Erhalt der Kündigung), vereinfachte Abläufe, mehr Vermittler statt Verwalter, bessere Informationen für die Arbeitsuchenden, finanzielle Anreize für die Vermittler und die Nutzung von Zeitarbeit. Der geplante Vorrang für Familien und Alleinerziehende kann aber zum familienpolitischen Missbrauch der Arbeitsverwaltung verleiten und die Vermittlungseffizienz beeinträchtigen.

Umkehr der Beweislast erleichtert das Fordern
Künftig sollen die Arbeitsuchenden ihre eigenen Bemühungen um eine angebotene Stelle oder die Unzumutbarkeit abgelehnter Arbeitsangebote nachweisen. Diese Umkehr der Beweislast erhöht die Effizienz der Vermittlung und erleichtert es, die Bereitschaft und die Initiative der Arbeitsuchenden einzufordern. Dieser Vorschlag muss allerdings in Gesetzesform gegossen und in der Praxis auch umgesetzt werden. Wenn sich die Kommission schon nicht zu einer Verschärfung der Zumutbarkeit entschließen konnte, was sehr zu bedauern ist, müssen die bestehenden Regelungen um so konsequenter eingehalten werden.

Personalservice Agenturen (PSA): Wettbewerbsverzerrung vermeiden Beim Aufbau von PersonalServiceAgenturen (PSA) dürfen keine Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten der privaten Zeitarbeitsfirmen entstehen, indem die PSA zu subventionierten Konditionen ihr Verleihgeschäft betreiben. Private Zeitarbeitsfirmen haben schon bisher eine wichtige Funktion auf dem Arbeitsmarkt: Zehn Prozent der Zeitarbeiter bei den privaten Firmen kommen heute aus der Langzeitarbeitslosigkeit und etwa ein Drittel der Zeitarbeiter erhalten über ihre Tätigkeit eine feste Anstellung. Die Deregulierung von Zeitarbeit muss generell auch für private Anbieter gelten.

Mehr Chancen für Ältere statt einer goldenen Brücke aus der Statistik Das Instrument der Lohnversicherung als Einkommensaufstockung für Ältere ist geeignet, die Chancen älterer Arbeitsloser am Arbeitsmarkt zu
erhöhen: So lässt sich die Lücke zwischen gewachsenen Einkommensansprüchen und bezahlbaren Arbeitsplätzen schließen. Das von der Kommission vorgesehene "BridgeSystem" dagegen erweist sich als Instrument der reinen Statistik-Bereinigung, als goldene Brücke aus der Statistik, mit allenfalls einem positiven Effekt: Wenn man den Betroffenen schon keine Chance auf dem Arbeitsmarkt mehr einräumt, kann man auch die Arbeitsverwaltung von sinnlosen Aktivitäten befreien. Diese finden aber auch heute kaum noch statt. Insgesamt handelt es sich hier jedoch um einen sehr defensiven Ansatz. Zu begrüßen ist dagegen, dass die befristete Beschäftigung für ältere Arbeitnehmer unbegrenzt möglich ist.

Unterstützung für die Ich-AG
Der Gedanke der "Ich-AG" und die Begünstigung der "Mini-Jobs" (bis 500
€/Monat) als Instrumente gegen die Schwarzarbeit verdienen Unterstützung. Sie folgen dem Prinzip "Lohnergänzung vor Lohnersatzleistung" und fördern den Einstieg in ein Beschäftigungsverhältnis. Dabei ist allerdings zu achten, dass sowohl Mitnahmeeffekte als auch der Aufbau zusätzlicher Bürokratie vermieden werden. Insgesamt gilt jedoch: Wer die Schwarzarbeit wirklich bekämpfen will, muss den Abgabenkeil verringern und dafür sorgen, dass die Lohnzusatzkosten sinken und vom Bruttoverdienst mehr Netto übrig bleibt.

JobFloater: Strohfeuer durch noch mehr Subventionen
Die vorgeschlagenen JobFloater sind kein geeignetes Instrument zur Lösung der Arbeitsmarktprobleme, auch nicht in Ostdeutschland. Arbeitsplätze über eine Erhöhung der Staatsverschuldung zu finanzieren, ist grundsätzlich falsch. Durch Subventionen entstehen nur unrentable Jobs, deshalb ist keine nachhaltige Beschäftigungswirkung zu erwarten, sondern nur ein Strohfeuer-Effekt. Auch das zwischenzeitlich reduzierte finanzielle Volumen der Aktion kann nicht ökonomisch sinnvoll absorbiert werden und birgt die Gefahr, dass es zu massiven Fehlinvestitionen kommt. Um die Beschäftigung in Ost und West zu fördern, sind weitere Steuersenkungen und vor allem auch Erleichterungen beim Arbeitsrecht die geeigneteren Instrumente.

Beitrags-Bonus nach sehr fragwürdigen Kriterien
Mit einem Bonus in der Arbeitslosenversicherung will die Kommission solche Firmen fördern, die Beschäftigung aufbauen oder halten, denen es also offensichtlich ohnehin gut geht. Dagegen werden Firmen, die zu Entlassungen gezwungen sind und eigentlich der Förderung bedürfen, durch das System nicht unterstützt. Aus dem Raster fallen auch diejenigen Firmen, die zwar Arbeitsplätze abbauen müssen, aber nach besten Kräften Beschäftigung durchhalten. In solchen Fällen wäre die Förderung sinnvoller. Die anvisierte "Beschäftigungsbilanz" ist abzulehnen, weil sie dazu missbraucht werden kann, Firmen an den Pranger zu stellen. Die Dienstleistung "Beschäftigungsberatung" wird zur Subventionsberatung.

Gefährlicher Fahrstuhl bei der Zusammenführung von Leistungen Bei der Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe wird nach den Plänen der Kommission ein "Fahrstuhl" eingebaut, der die erwerbsfähigen Sozialhilfeempfänger auf das Niveau der Arbeitslosengeld II genannten jetzigen Arbeitslosenhilfe hievt. Damit würden das faktische Mindestentgelt für die Aufnahme einer Beschäftigung erhöht und die Probleme des Niedriglohnsektors verschärft. Die Signaturkarte dagegen ist eine sinnvolle Maßnahme, weil sie geeignet ist, die Verwaltungsabläufe zu vereinfachen und eine Art Ersatz für die Pauschalierung des Arbeitslosengeldes zu bieten.

Jugendliche Arbeitslose: "Fördern und Fordern" nicht ernst genommen Die vorgeschlagenen Maßnahmen für jugendliche Arbeitslose schenken dem Grundsatz "fördern und fordern" keine Beachtung. Es finden sich zwar Maßnahmen zur Förderung (modulare Qualifikation, Betriebspraktika u.a.), aber es fehlt das Fordern ? verbunden mit Sanktionen ?, um arbeitslose Jugendliche stärker zur Eigeninitiative zu bewegen. Das AusbildungsZeitWertpapier auf freiwilliger Basis dürfte in der Praxis keine Geldquellen erschließen.

Quelle und Kontaktadresse:
Gesamtverband der metallindustriellen Arbeitgeberverbände e.V. (Gesamtmetall) Volksgartenstr. 54 a 50677 Köln Telefon: 0221/33990 Telefax: 0221/3399233

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