Gerechter Eigenbedarf für unterhaltspflichtige Mütter und Väter: Was sich endlich ändern muss
(Nürnberg) - Es stößt bei Betroffenen und in der Öffentlichkeit auf großes Unverständnis, wenn die Bedarfssätze der Unterhaltsberechtigten regelmäßig steigen, der notwendige Eigenbedarf - "Selbstbehalt" - der Verpflichteten jedoch über fünf Jahre festgeschrieben wird.
"Wir fordern, die Kluft zwischen dem ständig wachsenden Kindesunterhalt und dem stagnierenden Selbstbehalt muss abgebaut werde. Den Unterhaltszahlern/innen muss so viel bleiben, dass sie ihren Lebensbedarf angemessen decken und den Kontakt zu den Kindern angemessen aufrechterhalten können", stellt der ISUV-Vorsitzende Rechtsanwalt Klaus Zimmer klar.
ISUV-Forderung: Mindestpauschale mindestens Mindestlohn
Der Selbstbehalt muss eine Mindestpauschale sein, die nicht unterschritten werden darf. Bei Erwerbstätigen sollte der Selbstbehalt zumindest 1300 EUR, bei Nichterwerbstätigen 1050 EUR betragen. Einem erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen muss am Monatsende mindestens der Mindestlohn bleiben. Dies sind netto 1300 EURO.
Die Pauschale ist nach oben offen, sie sollte sich an den angemessenen individuellen Lebensverhältnissen orientieren. Der Selbstbehalt muss so hoch sein, dass ein individueller finanzieller Gestaltungsspielraum möglich ist. Es muss möglich sein, z. B. mit den Kindern ins Kino zu gehen, es muss Geld zu Verfügung sein für kulturelle Impulse sowie Freizeitgestaltung mit den Kindern. Bei atypischen Lebenssituationen muss ein zusätzlicher Bedarf anerkannt werden.
ISUV-Forderung: Anspruch auf angemessene Wohnung - Gleichstellung mit Hartz IV-Beziehern
Ein Hartz IV-Empfänger hat Anspruch auf eine angemessene Wohnung. Eine Person kann danach 40 Quadratmeter beanspruchen, für zwei Personen sind dies zwei Zimmer mit 60 Quadratmeter, für drei Personen drei Zimmer mit bis zu 80 Quadratmeter. Bezahlt werden ebenso die anfallenden Nebenkosten wie Strom, Wasser, Umzugskosten, Mietkaution. Im Selbstbehalt sind 380 EURO für Wohnkosten vorgesehen. Die Wohnkosten variieren von Region zu Region sehr stark. Daher sind bei der Festlegung des Selbstbehaltes immer die regionalen Wohnkosten zu prüfen und transparent zu machen. "Unterhaltspflichtige Mütter und Väter haben zumindest den Anspruch auf eben so viel Wohnraum wie Hartz IV-Bezieher. Schließlich erarbeiten sie die Grundsicherung für sich und die Kinder", fordert ISUV-Pressesprecher Josef Linsler.
ISUV-Forderung: Umgangskosten berücksichtigen
Der Kontakt, der regelmäßige Umgang mit beiden Eltern nach Trennung und Scheidung dient dem Kindeswohl. Der Umgang darf nicht an den Kosten scheitern. Umgangskosten müssen beim Selbstbehalt berücksichtigt werden, bzw. steuerlich geltend gemacht werden können. Beim Selbstbehalt Ist der Mehrbedarf, der durch den Umgang entsteht, mit zu berücksichtigen.
ISUV-Forderung: Arbeit muss sich lohnen - Lohnabstandsgebot!
ISUV fordert die strikte Einhaltung des Lohnabstandsgebots. Das Lohnabstandsgebot sollte ein "Erwerbsanreiz" sein und entsprechend transparent gemacht werden. Der Erwerbsanreiz sollte auf 300 EUR im Monat angehoben werden. Der "Erwerbsanreiz" ist nach unseren Erfahrungen eine ganz wichtige Größe bei Unterhaltszahlerinnen und Unterhaltszahlern, er sollte deswegen vom Gesetzgeber transparent gemacht werden.
ISUV-Forderung: Politik bestimmt Selbstbehalt
Der Selbstbehalt ist eine soziale Standortbestimmung wie Regelsätze und Mindestlohn. Daher sollte der Selbstbehalt nicht durch Gerichte, sondern vom Gesetzgeber festgelegt werden. Die Bestimmung des Selbstbehaltes darf nicht hinter verschlossenen Türen, sondern muss transparent in öffentlicher Debatte erfolgen. Es handelt sich um eine eminent politische Frage, bei der es um Lebenschancen von Millionen von Kindern und Erwachsenen geht. Derartige legislative Fragen entscheiden in einer Demokratie politische Mehrheiten, die entsprechend legitimiert sind.
ISUV-Forderung: Kinderbonus für alle!
Wo bleibt die schon mehrfach angekündigte Entlastung für Unterhaltspflichtige, Getrenntlebende und Geschiedene, neue Lebensformen? Es ist ungerecht Unterhaltspflichtige wie Ledige ohne Kinder zu besteuern. Es ist ungerecht, Familien mit Kindern bei Trennung und Scheidung steuerlich schlechter zu stellen, obwohl sie gerade nach der Trennung mehr Kosten haben. Sie werden wie Ledige besteuert, d. h. Kindesunterhalt wird, bevor er überwiesen wird, besteuert.
ISUV fordert einen Kinderbonus für beide Elternteile und für jedes Kind, unabhängig ob die Eltern verheiratet, nicht verheiratet oder geschieden sind. Der Kinderbonus hat im Vergleich zu einer Steuerklasse den Vorteil, dass er flexibel gehandhabt werden kann und weniger bürokratischen Aufwand erfordert. So kann beispielsweise nach der Trennung der Bonus jedes Elternteils nahtlos weiterbestehen. Ebenso kann der Kinderbonus zwischen den Eltern je nach Betreuungsanteil geteilt werden.
ISUV-Forderung: Mehr Respekt für unterhaltspflichtige Mütter und Väter!
Wir fordern mehr Einfühlungsvermögen und mehr Respekt gegenüber Unterhaltszahlerinnen und Unterhaltszahlern. Sie werden öffentlich in den Medien und bei manchen Parteien nur als "Rabenväter", "Unterhaltsflüchtlinge", denen man den Führerschein entziehen muss. Wir wissen von unseren Mitgliedern: Es handelt sich um Mütter und Väter, die es für selbstverständlich halten, dass sie für sich selbst verantwortlich sind. Sie strengen sich an, dass sie berufstätig bleiben. Sie jammern nicht herum, dass sie zu wenig Geld überwiesen bekommen. Vielmehr verhalten sie sich eigenverantwortlich. Sie zahlen die Ausbildung ihrer Kinder, die Sozialbeiträge, ihren Anwalt. "Die Politik ist endlich gefordert, unterhaltspflichtige Mütter und Väter gerecht zu besteuern und einen angemessenen Selbstbehalt festzulegen", fordert ISUV-Vorsitzender Klaus Zimmer.
Quelle und Kontaktadresse:
Interessenverband Unterhalt und Familienrecht e.V. (ISUV)
Josef Linsler, Pressesprecher
Sulzbacher Str. 31, 90489 Nürnberg
Telefon: (0911) 550478, Fax: (0911) 533074
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