Geplante Investmentsteuerreform belastet die Altersvorsorge und schädigt den Investitionsstandort Deutschland
(Berlin) - Die führenden Wirtschaftsverbände unterstützen zwar grundsätzlich das Ziel der Bundesregierung, Zweifel an der Europarechtskonformität der bestehenden Regelungen zur Investmentfondsbesteuerung zu beseitigen und als ungerechtfertigt angesehene Gestaltungen mit Hilfe von Investmentfonds zu verhindern. Allerdings verfehlt die vorliegende Fassung der Reform der Investmentfondsbesteuerung dieses Ziel. Denn der Entwurf des Bundesministeriums der Finanzen für das Investmentsteuerreformgesetz (InvStRefG-E) führt zu einer steuerlichen Mehrbelastung, insbesondere für Altersvorsorge- und Kleinsparer und zu einer nachhaltigen Schädigung des Investitionsstandorts Deutschland. Zudem entsteht eine erhebliche administrative Mehrbelastung, bei den mit der Fondsverwaltung betrauten Kreditinstituten, den Finanzunternehmen und den Anlegern, kritisieren die Spitzenverbände in einer gemeinsamen Stellungnahme.
Altersvorsorge- und Kleinsparer benachteiligt
Die Reform trifft im Kern mit der Besteuerung die Publikumsfonds, in die vor allem Anlagebeträge von Altersvorsorgesparern und Kleinsparern fließen. Der Entwurf sieht vor, dass Dividenden und Immobilienerträge pauschal auf Fondsebene vorab mit 15 Prozent versteuert werden. Damit stünden Fonds weniger Mittel zur Wiederanlage und zur Ausschüttung an die Anleger zur Verfügung.
Derzeit gilt für die Besteuerung das bewährte Transparenzprinzip, demzufolge die Besteuerung nicht beim Fonds, sondern allein beim Anleger erfolgt. Die Steuerfreistellung in Höhe des Sparer-Pauschbetrages von 801 Euro pro Jahr verschont dabei die Kleinsparer und setzt bei diesen Anreize zum Vorsorgesparen. Dieser wichtige Effekt ginge durch die Reform im Ergebnis verloren. Denn Sparer würden nach den aktuellen Plänen für Erträge aus Investmentfonds in Höhe des jährlichen Sparer-Pauschbetrages keine Erstattung der auf Ebene des Fonds einbehaltenen Steuern erhalten.
Erhebliche Nachteile drohen auch bei der betrieblichen Altersversorgung. Die Kapitalanlage in Publikumsfonds eröffnet bisher die Möglichkeit, unter vertretbarem Risiko an langfristigen Aktienkurssteigerungen auf den Kapitalmärkten zu partizipieren. Dies ist gerade vor dem Hintergrund der derzeitigen Niedrigzinsphase von besonderer Bedeutung. Deshalb ist es unverzichtbar, dass die Erträge von Publikumsfonds steuerbefreit bleiben, soweit die Anteile von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung und von Unternehmen zur Abdeckung ihrer betrieblichen Altersvorsorgeverpflichtungen gehalten werden. Damit würde auch eine verfassungsrechtlich höchst zweifelhafte Doppelbesteuerung (auf Ebene des Fonds und später im Rahmen der nachgelagerten Besteuerung beim Rentenempfänger) vermieden.
Steuerliche Schlechterstellung für institutionelle Anleger
Neben Publikumsfonds wären auch Spezialfonds betroffen. Das sind Fonds mit weniger als 100 in der Regel institutionellen Anlegern. Anders als bisher müssten diese Fonds nach dem Gesetzentwurf einen Teil der einbehaltenen Veräußerungsgewinne sofort versteuern. Geplant ist eine jährliche Besteuerung in Höhe von 10 Prozent. Das hätte eine deutliche Steuermehrbelastung für die Wirtschaft zur Folge. Derzeit nutzen Unternehmen die Möglichkeit zur vorübergehenden Thesaurierung, um Marktschwankungen auszugleichen und damit die Erträge für ihre Kunden zu verstetigen. Diese Möglichkeit würde durch die unmittelbar anfallende steuerliche Belastung eingeschränkt. Zudem müssen die Voraussetzungen für Spezialfonds so ausgestaltet werden, dass auch für Personenunternehmen die Anlage in diese Fonds (z. B. zur Deckung von Pensionszusagen) möglich ist. Dies schließt der Gesetzentwurf aber gerade aus.
Startup-Szene wird geschwächt
Das Reformpaket betrifft aber nicht nur Publikums- und Spezialfonds. Die vorgesehene Besteuerung von Veräußerungsgewinnen aus "Streubesitz" (Beteiligungsquote von unter 10 Prozent), die kein zwingendes Element einer Reform der Investmentbesteuerung ist, würde den Investitionsstandort Deutschland zusätzlich schwächen. Insbesondere Beteiligungen an Startup-Unternehmen würden durch diese weitere Steuerbelastung deutlich unattraktiver, weil die Wagniskapitalgeber die bereits auf der Ebene der Startup-Unternehmen erzielten Gewinne dann noch einmal selbst versteuern müssten. Die in den Regelungen enthaltene zeitlich befristete Ausnahme für den Bereich "Business Angels" und Startups greift dabei zu kurz, ist nicht praktikabel und unterliegt beihilferechtlichen Bedenken.
Grundlegende Investmentsteuerreform ist nicht erforderlich
Die vom Gesetzgeber mit der Reform verfolgten Ziele (u. a. Begegnung europarechtlicher Zweifel an der bestehenden Investmentfondsbesteuerung und Verhinderung von Steuergestaltungen) lassen sich nach Überzeugung der Verbände einfacher und ohne zusätzliche steuerliche und bürokratische Belastungen durch gezielte Anpassungen des bestehenden Steuersystems erreichen. Der vorliegende Entwurf zur Reform der Investmentfondsbesteuerung bringt dagegen beides: Steuererhöhungen für Altersvorsorge- und Kleinsparer sowie für Unternehmen und einen höheren administrativen Aufwand für alle Beteiligten, insbesondere für Kreditinstitute, Finanzunternehmen und Anleger.
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