Pressemitteilung | k.A.

Genossenschaften sind beim Wetterchaos besonders gefordert: Der Getreideernte drohen hohe Qualitätsverluste

(Bonn) - Die diesjährige Getreideernte unterliegt außerordentlich widrigen Bedingungen. Unwetter und anhaltende Niederschläge haben zu erheblichen Verzögerungen bei der Getreide- und Rapserfassung geführt. Derzeit steht noch zwei Drittel der Weizenernte auf den Feldern. „Deutliche Qualitätsverluste bis hin zu Totalausfällen in den von Überschwemmungen heimgesuchten Regionen Deutschlands zeichnen sich ab. Das Ausmaß der Schäden ist derzeit noch nicht zu beziffern. Das gilt auch für andere pflanzliche Erzeugnisse wie Obst und Gemüse“, erklärte Manfred Nüssel, Präsident des Deutschen Raiffeisenverbandes (DRV). Er forderte die Bundesregierung auf, den hart betroffenen Landwirten schnell und unbürokratisch zu helfen.

Diese Ausnahmesituation stellt Erzeuger und Erfasser vor außerordentlich große Herausforderungen. Angesichts der unsicheren Wetterlage sind die Landwirte z. B. nicht bereit, Wartezeiten bei den Erfassungsstellen in Kauf zu nehmen. Nun sind diejenigen Unternehmen gefragt, die in leistungsfähige Erfassungs- und Trocknungsanlagen investiert haben. Die Warengenossenschaften bewähren sich in dieser Krisenzeit als verlässliche Partner der Landwirte und Mühlen.

Für Deutschland erwartet Nüssel ein Ernteergebnis, das mindestens 10 % unter der Rekordernte des Vorjahres von fast 50 Mio. t liegt. Totalausfälle sind in dieser Schätzung nicht berücksichtigt. Besonders schlecht sind die Qualitäten bei Roggen und in einzelnen Anbaugebieten auch bei Weizen. Sehr schwierig gestaltet sich in diesem Jahr die Preisfindung bei Brot- und Braugetreide, zumal in den Nachbarstaaten gute Ergebnisse erzielt werden. Die von der Lebensmittelwirtschaft geforderte Mehlqualität wird vielfach nicht erreicht. Das führt zu einem großen Angebot an Futtergetreide, während hochwertiges Brotgetreide fehlt und vermutlich auch im Ausland, wo das entsprechende Angebot verfügbar ist, zugekauft wird.

Die Rapsernte wird bundesweit auf ca. 4 Mio. t veranschlagt. Sie liegt damit leicht unter dem Vorjahreswert. Die Anbaufläche wurde auf 1,27 Mio. ha ausgedehnt. Auch auf dieses pflanzliche Erzeugnis haben die katastrophalen Witterungsbedingungen negative Auswirkungen, z. B. den Ölgehalt. Vereinzelt wurden Auswuchsschäden gemeldet. Nachwachsende Rohstoffe werden weiterhin rege nachgefragt, nicht zuletzt für die Weiterverarbeitung von Raps zu Biodiesel. Die Genossenschaften sind auf diesem Gebiet Marktführer. Sie haben über 50 % der Anbauflächen für Non-Food-Raps unter Vertrag.

Umsatzrückgänge drohen
Die Raiffeisen-Genossenschaften nehmen jährlich rund 15 Mio. t Getreide auf. „Angesichts der geringeren Erntemengen zeichnet sich für unsere Unternehmen ein deutlicher Umsatzrückgang ab“, so Nüssel. Das Getreide muss genau nach Qualitäten separiert werden. Kostspielige Trocknungen und Reinigungen sind erforderlich. Das Wetterchaos erzwingt immer wieder Unterbrechungen und verhindert die kontinuierliche Aufbereitung der Ernte. Der Vermarktungsfluss wird gestört. „Dieser zusätzliche Aufwand verursacht höhere Betriebskosten. Es ist ein Höchstmaß an Flexibilität erforderlich, um die Vermarktungschancen zu nutzen. Die Landwirte vertrauen auf die Marktkompetenz und Bonität der Genossenschaften. Denn jetzt sind Könner gefragt“, unterstrich Nüssel.

EU-Versorgungsbilanz
Insgesamt wird in der Europäischen Union eine Getreideernte von über 210 Mio. t und damit 14 Mio. t mehr als im Vorjahr erwartet. Der Verbrauch liegt voraussichtlich bei 189 Mio. t. „Von Versorgungsengpässen kann keine Rede sein“, so Nüssel. Wie in den Vorjahren stehen bis zu 30 Mio. t für Drittlandsausfuhren zur Verfügung. Für den deutschen und europäischen Getreidemarkt sind Exporte ein unentbehrliches Entlastungsventil.

Die Überschüsse in der EU helfen, die Versorgungsbilanz auf dem Weltmarkt auszugleichen. In den vergangenen fünf Jahren wurde weltweit mehr Getreide verbraucht als produziert. Die Vorräte sind inzwischen auf 326 Mio. t zurückgegangen. „Diese Menge würde in nur neun Wochen verbraucht. Wenn dieser Trend anhält, werden die Preise auf dem Weltgetreidemarkt wieder anziehen. Ich hoffe, dass die Phase des vom Weltmarkt ausgehenden Preisdrucks beendet wird“, so Nüssel.

Billigimporte aus Osteuropa
Mit großer Sorge sieht Präsident Nüssel den erneut zu erwartenden Billigimporten von Getreide aus Osteuropa entgegen. 2001 erreichten die „Schwarzmeer-Importe“ in die EU mit über 10 Mio. t ein Rekordniveau. In den Vorjahren waren es lediglich 5 bis 6 Mio. t. Nüssel fordert die Brüsseler Kommission auf, im Rahmen der WTO-Verhandlungen die Kontingentierung von Einfuhren aus Osteuropa zu prüfen.

Qualitätssicherung hat Priorität
Besonders großen Wert legen die Genossenschaften auf Qualitätssicherung. „Getreide ist ein wertvolles Lebensmittel und muss entsprechend sorgfältig behandelt werden“, so Nüssel. Die Qualitätssicherung beginnt bereits bei der Wahl des Saatguts und der Betriebsmittel. Sie setzt sich konsequent fort über den Transport, die Erfassung, die Lagerung bis hin zur Vermarktung. Die Genossenschaften haben lückenlose Qualitätssicherungs-Systeme aufgebaut. Dazu zählt u. a., dass die Landwirte bei der Anlieferung des Getreides so genannte Garantie-Erklärungen über die Produktions- und Lagerbedingungen abgeben. Dokumentation und Rückverfolgbarkeit garantieren dem in Deutschland erzeugten Getreide einen hohen Qualitätsstandard. „Wir erwarten, dass auch Importe aus Drittländern diese Kriterien erfüllen und nachweisen“, betonte DRV-Präsident Manfred Nüssel.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Raiffeisenverband e.V. (DRV) Adenauerallee 127 53113 Bonn Telefon: 0228/1060 Telefax: 0228/106266

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