Pressemitteilung | Deutscher Städte- und Gemeindebund e.V. (DStGB)

Gemeinden erhalten 2002 fast 3 Mrd. Euro weniger Steuereinnahmen als zwei Jahre zuvor

(Berlin) - Die Städte und Gemeinden können nach dem Absturz ihrer Steuereinnahmen im Vorjahr in diesem Jahr keine Entspannung ihrer katastrophalen Finanzlage erwarten. Das ergibt sich aus der Prognose, die der Expertenarbeitskreis „Steuerschätzungen“ heute veröffentlicht hat. Die Steuerschätzer räumen allein gegenüber der Steuerschätzung vom November 2001 eine „Schätzabweichung“ zu Lasten der kommunalen Haushalte in Höhe von 900 Mio. Euro ein. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Einnahmen nach dem Einsturz in 2001 auf einem deutlich gesunkenen Niveau befinden. Mit 54, 2 Mrd. Euro liegen die Einnahmen dann fast 3 Mrd. Euro unter denen des Jahres 2000. „Jetzt muss jedermann klar sein, dass die Gemeinden ohne finanzpolitische Soforthilfen und eine Gemeindefinanzreform nicht ihre finanzielle Handlungsfähigkeit wiedererlangen können; insbesondere sind die Voraussetzungen für die Erhöhung der Gewerbesteuerumlage, mit der Bund und Länder Teile der Gemeindesteuern abschöpfen, nun endgültig weggefallen“, sagte das Geschäftsführende Präsidialmitglied des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Dr. Gerd Landsberg, heute in Berlin.

Für die Zeit ab 2003 mussten die Steuerschätzer die Vorjahresschätzung sogar um 5,3 Mrd. Euro nach unten korrigieren. Das zeigt, dass zu diesem Zeitpunkt die Hilfen bereits wirksam werden müssen. Für 2004 und 2005 ist die Korrektur nach unten noch empfindlicher (5,7 bzw. 6,5 Mrd. Euro).

Nur mit Appellen an die „Ausgabendisziplin“ kommen die Gemeinden nicht aus der Situation heraus. Jede Ausgabensenkung setzt einen haushaltspolitischen Spielraum voraus, den die Städte und Gemeinden nicht in dem Maße haben wie Bund und Länder. Denn sie müssen auch in Zeiten knapper Kassen ihre Pflichtaufgaben erfüllen, also insbesondere soziale Leistungen erbringen. Im Übrigen sind die Kommunen schon jetzt in Hinblick auf die Ausgabendisziplin weiter als Bund und Länder: Trotz gestiegener Ausgaben für Pflichtaufgaben liegen die gesamten Ausgaben der Kommunen heute unter denen von 1993, und das, obwohl Preise und Löhne jährlich steigen!

Kehrseite dieser Ausgabendisziplin ist ein extremer Verfall der kommunalen Investitionen, zu dem die Finanzlage seit langem zwingt. Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit erfordert aber zusätzliche Investitionen! Auch die notgedrungenen Einschränkungen des Leistungsangebotes für die Bürger sind zunehmend problematisch. „Freiwillige Maßnahmen, die insbesondere der Förderung von Kindern und Jugendlichen dienen, geraten immer mehr in den Hintergrund. Konzepte zum Aufbau von Betreuungsleistungen für Kinder geraten ins Stocken. Für die Gemeinschaft ist diese Entwicklung bedenklich“, sagte Landsberg. Städte und Gemeinden brauchen angesichts der vor ihnen liegenden Aufgaben in der Familien-, Sozial- und Arbeitsmarktpolitik verlässliche Finanzierungsgrundlagen.

Den Gemeinden stehen nicht die Möglichkeiten des Bundes zur Verfügung, Einnahmeausfälle gering zu halten. So kommt dem Bund zugute, dass er bei EU-Beiträgen sowie durch Rückzahlungen von Auslandschuldnern finanziell entlastet wird und mit Hilfe kurzfristiger Steuererhöhungen Mehreinnahmen erzielt. Die Gemeinden können sich ohne Hilfe des Gesetzgebers in viel geringerem Ausmaß zusätzliche Einnahmen verschaffen.

Die kommunale Finanzkrise ist auch in Hinblick auf die Einhaltung der Euro-Stabilitätskriterien ein Problem. Ein innerstaatliches Verfahren, das verbindlich für die zwischen Bund, Ländern und Gemeinden abgestimmte Einhaltung dieser Kriterien sorgt, würde eine Verfassungsnorm voraussetzen, die verhindert, dass eine Haushaltsebene finanzielle Lasten auf eine andere Ebene weiter schiebt. Daher fordert der Deutsche Städte- und Gemeindebund die verfassungsrechtliche Verankerung des „Konnexitätsprinzips“, also des Grundsatzes „Wer bestellt, bezahlt“ sowie eines „Konsultationsmechanismus“ nach österreichischem Vorbild. In diesem Konsultationsmechanismus können höherrangige Ebenen Gesetze und weitere Rechtsvorschriften mit Kostenfolgen nur dann beschließen, wenn die hiervon betroffene Ebene dem zustimmt.

Kommt eine Einigung nicht zustande, muss diejenige Ebene die Kosten tragen, die das Gesetz veranlasst hat. Dieser Mechanismus hat in Österreich einen verbindlichen Stabilitätspakt zwischen Bund, Ländern und Gemeinden ermöglicht. Die Folge war u. a. ein deutlicher Rückgang von Kosten treibenden Gesetzgebungsvorhaben. „Neben finanzpolitischen Soforthilfen werden wir in der Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen einen solchen Mechanismus auch für Deutschland fordern“, so Dr. Landsberg.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Städte- und Gemeindebund (DStGB) Marienstr. 6 12207 Berlin Telefon: 030/773070 Telefax: 030/77307200

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