Gefahren und Risiken gehören im IT-Handwerk zum Berufsalltag
(Frankfurt/Main) - Die Bundesregierung beabsichtigt, mehr als zwei Drittel aller Vollhandwerke in die sogenannte Anlage B der Handwerksordnung (HwO) zu überführen. Folge: Der Meisterbrief soll als Qualitätskriterium für eine selbstständige Tätigkeit in diesen Handwerksberufen komplett über Bord geworfen werden. Davon wäre auch das Informationstechniker-Handwerk betroffen. Nach dem Willen der Bundesregierung sollen nur solche Handwerksbereiche in der Anlage A verbleiben, bei denen eine Gefahrengeneigtheit gegeben sei. Sieht man einmal davon ab, dass z.B. die überragende Ausbildungsleistung des Handwerks bei der Reform der HwO völlig außer acht gelassen wird, so lässt sich für das IT-Handwerk feststellen: Selbstverständlich unterliegt dieses Handwerk dem Kriterium der Gefahrengeneigtheit und sollte deshalb als Vollhandwerk in der Anlage A der HwO verbleiben.
Dazu ein Beispiel: Die Nutzung von Frequenzen für Funkzwecke sowie die gleichzeitige Verwendung dieser Frequenzen für leitergebundene Systeme und Anwendungen, z.B. in Kabelnetzen, stellt in Deutschland ein außerordentliches technisches Problem im Bereich der elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV) dar. Besonders empfindlich und im Störungsfall betroffen sind Dienste, die der Sicherheit der Allgemeinheit dienen: z.B. Flugfunk und Funkdienste von Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS). "Die Errichtung von BK-Netzen darf daher nur von besonders qualifizierten, damit grundsätzlich verlässlichen Personen, ausgeführt werden", betonte Werner Schmidt, Vorsitzender des Bundesfachbereichs Informationstechnik im ZVEH.
Gerade auch der Stromausfall im Nordosten der USA und Kanada vor wenigen Wochen hat gezeigt, welch verheerenden Wirkungen eintreten können, wenn großflächig vernetzte Systeme störungsanfällig sind.
In den Aufgabenbereich des Informationstechnikers fallen typischerweise Servicearbeiten an TV-Geräten und PC-Monitoren. "Hier wird mit Spannungen von mehreren 1000 Volt und Strömen, die bei Fehlleistung lebensbedrohend sind, gearbeitet", so Schmidt.
Erst 1998 wurden die Handwerke Elektrotechnik und Informationstechnik für wechselseitig verwandt erklärt. Ziel war es, der rasanten technologischen Entwicklung und dem Zusammenwachsen der beiden Handwerken zu Grunde liegenden Technologien Rechnung zu tragen. Dies hatte weitreichende Folgen: Betriebe waren jetzt in der Lage, ihre Tätigkeitsbereiche erheblich auszuweiten und neue Geschäftsfelder zu erschließen. Aber auch die Kunden profitieren klar von dieser Entwicklung. Sie sind jetzt in der Lage, komplette "Leistungen aus einer Hand" sowohl seitens des Elektrotechniker- wie auch seitens des Informationstechniker- Handwerks abzurufen.
Jetzt steht das IT-Handwerk vor der untragbaren Situation, dass das Elektrotechniker-Handwerk mit der Begründung der Gefahrengeneigtheit in der Anlage A verbleiben soll, dass Informationstechniker-Handwerk dagegen in die Anlage B überführt werden soll. Dazu Werner Schmidt: "Alle Fördermaßnahmen und Marktstrategien, die mit dem Ziel ins Leben gerufen wurden, dem IT-Handwerk u.a. auch in zuvor angestammten Tätigkeitsfeldern des verwandten Elektrotechniker-Handwerks Märkte zu öffnen, würden mit
einem Schlag zunichte gemacht".
Auch die Einstufung der Informationstechniker bei der Berufsgenossenschaft für Feinmechanik und Elektrotechnik in der Gefahrentarifstelle 608 mit der recht hohen Gefahrklasse 5,5 untermauert die Argumentation des ZVEH. Das Unfallgeschehen in den letzten Jahren hat sich in beiden Handwerksbereichen annähernd gleich entwickelt. So gelten im Regelwerk für Arbeitsschutz und sicherheit für die Informationstechnik auch alle Vorschriften und Regeln zum Schutz vor Gefahren der Elektrotechnik. Gerade die gegenseitige Verwandtschaftserklärung beider Berufe war hier ein tragendes Element für eine Vereinheitlichung der Gefahrentarife in der gesetzlichen Unfallversicherung.
"Das IT-Handwerk gehört auch künftig in die Anlage A der Handwerksordnung. Hier muss mit vergleichbaren Gefahrenpotentialen und Risiken gearbeitet werden wie etwa im Elektrotechniker-Handwerk. Zudem darf die erst vor fünf Jahren erklärte gegenseitige Verwandtschaft beider Berufe, die sowohl dem Betrieb als auch dem Kunden nutzt, nicht einer im Ganzen höchst fragwürdigen HwO-Reform geopfert werden", lautet das Resümee von Werner Schmidt.
Quelle und Kontaktadresse:
Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH)
Michael Delmhorst
Referatsleiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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