Geberkonferenz "Bildung für Alle" in Oslo: Deutsche Entwicklungshilfe für Grundbildung erhält Note "ausreichend"
(Berlin) - GEW, CARE, Oxfam und World Vision fordern mehr Entwicklungshilfe für Grundbildung bei der Geberkonferenz zu "Bildung für Alle" in Oslo. Die internationale Initiative "Global Campaign for Education" verleiht am 18. November 22 Staats- und Regierungschefs von OECD-Ländern ein Zeugnis für ihr entwicklungspolitisches Engagement im Bereich Grundbildung. Deutschland fällt darin weit hinter die Niederlande, Norwegen, Schweden, u.a. zurück.
Bundeskanzler Gerhard Schröder erhält heute nur die Note "ausreichend" in einem "Schulzeugnis", das 22 OECD-Länder nach ihrem Engagement für Grundbildung in Entwicklungsländern bewertet. "Strengt Euch mehr an!" heißt der Bericht der "Global Campaign for Education" - einem weltweiten Zusammenschluss von Bildungsgewerkschaften, Nichtregierungsorganisationen und zivilgesellschaftlichen Netzwerken, die sich für eine Erreichung des Ziels "Bildung für Alle" bis zum Jahr 2015 einsetzen.
"Die Mittel für Entwicklungshilfe müssen in Deutschland weiter aufgestockt werden. Sie dürfen nicht dem Spardiktat zum Opfer fallen. Auch muss der Anteil der Entwicklungshilfe, der in die Grundbildung fließt, mehr als verdoppelt werden. 2001 wurden nur 1,5 % der Hilfe in Grundbildung investiert. Das ist viel zu wenig", stellten am 18. November die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), CARE, Oxfam und World Vision - die deutschen Mitglieder der Global Campaign for Education - fest. "Bis 2006 muss Deutschland mindestens 0,33% des BNE für Entwicklungshilfe aufbringen. Derzeit liegt die Quote lediglich bei 0,27 %." Die vier Organisationen wiesen darauf hin, dass gegenwärtig mehr als 100 Millionen Kinder weltweit keinen Zugang zu Schulbildung haben. Weitere 150 Millionen Kinder verlassen die Grundschule ohne einen Abschluss. Nach Berechnungen der UNESCO müssten international jährlich zusätzlich rund 5,6 Milliarden US$ aufgebracht werden, um allen Kindern weltweit eine Grundbildung zu ermöglichen.
In dem Zeugnisbericht belegt Deutschland im Vergleich mit 22 OECD- Staaten lediglich Platz 10 und fällt weit hinter das entwicklungs- und bildungspolitische Engagement der Niederlande, Norwegens, Schwedens u.a. zurück. Die Zeugnisse werden am Vorabend der Geberkonferenz der "Fast Track"-Initiative "Bildung für Alle", die am 20. und 21.11. in Oslo stattfindet, veröffentlicht und sollen die Geberländer zu besseren Leistungen anspornen.
Das Zeugnis für Gerhard Schröder und die Bundesregierung bewertet die Leistungen in mehreren "Fächern": Schlechte Noten erhält Deutschland für das Nicht-Erreichen der international anerkannten Entwicklungsfinanzierungsquote von 0,7% des Bruttonationaleinkommens, sowie für die mangelnde Konzentrierung der Hilfe auf die ärmsten Länder, für einen insgesamt zu geringen Anteil der Grundbildung an der Entwicklungshilfe und zu wenig ungebundene Hilfe. Eine gute Note erhält die Bundesregierung dagegen für einen "angemessenen Beitrag" zur "Fast Track"-Initiative "Bildung für Alle".
"Armut und ein mangelhaftes Bildungssystem sind zwei Seiten einer
Medaille. Die Länder der so genannten Dritten Welt kommen nur aus der Bildungsfalle heraus, wenn die reichen Industriestaaten sie unterstützen", sagt GEW-Vorsitzende Dr. Eva-Maria Stange. Das Zeugnis belege: die Bundesrepublik muss sich in der Entwicklungshilfe noch stärker engagieren. "Nur so ist das Grundrecht auf Bildung bis 2015 zu verwirklichen."
"5,6 Mrd. US$ entsprechen den weltweiten Militärausgaben für drei Tage", sagt Iris Manner, Sprecherin von World Vision. "Ein Nicht- Einhalten von Finanzzusagen dagegen bedeutet für arme Länder, dass sie Reformen im Bildungswesen nicht konsequent umsetzen können. Ein Beispiel ist Kenia: Im Bemühen um Bildung für alle' hat das Land Anfang des Jahres die Gebühren für Grundschulen abgeschafft. 1,4 Millionen Kinder füllen seitdem zusätzlich in die kenianischen Klassenräume. Nun fehlen der Regierung Mittel, um Schulen zu bauen oder zusätzliche Lehrer einzustellen. Das Land ist dringend auf internationale Unterstützung angewiesen", so Manner.
"Es gibt nicht nur die Agenda 2010, sondern auch eine Agenda 2015. Das sind die Millennium-Entwicklungsziele, die sich die internationale Staatengemeinschaft bis zum Jahr 2015 gesetzt hat. 'Bildung für Alle' ist eines davon. Wenn allerdings gegenwärtige Trends anhalten, wird z.B. das sub-saharische Afrika dieses Ziel frühestens im Jahr 2150 (!) erreichen. Das ist nicht hinnehmbar", sagt Jörn Kalinski, Sprecher von Oxfam Deutschland. "Die Regierungen müssen sich mehr anstrengen und ihren Worte wirkliche Taten folgen lassen. Dass es vor allem eine Frage des politischen Willens ist, zeigt die Geberkonferenz für den Wiederaufbau im Irak. Dort ist es innerhalb weniger Tage gelungen, 1,6 Mrd. US$ nur für den Bildungssektor aufzubringen."
"Als Mitglieder der 'Global Campaign for Education', fordern wir die Bundesregierung und die anderen Regierungen der Geber-Länder gemeinsam dazu auf, bei der anstehenden Geberkonferenz zu "Bildung für Alle" in Oslo denjenigen Staaten, die sich für die "Fast Track"- Initiative qualifiziert haben, langfristige, feste Zusagen für die Finanzierung ihrer Bildungsreformen zu machen und die Initiative so schnell wie möglich auf weitere Länder auszudehnen", sagt Manuela Roßbach, Geschäftsführerin von CARE Deutschland. "Nur eine verstärkte Anstrengung der internationalen Gemeinschaft kann Bildung für Alle' Realität werden lassen - eine Grundvoraussetzung für Entwicklung weltweit."
Hinweis für die Redakteur/innen: Die "Fast Track"-Initiative "Bildung für Alle" der Weltbank ist ein bahnbrechendes, aber unterfinanziertes internationales Beschleunigungsverfahren, auf das sich reiche und arme Länder verständigt haben. Es soll armen Ländern mit überzeugenden Plänen für eine flächendeckende Grundbildung schnellen Zugang zu nötigen Finanzhilfen verschaffen.
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