"G8 müssen Zusagen von Entwicklungshilfe einhalten"
(Köln) - Einen Tag vor dem Treffen in L´Aquila hat die Menschenrechtsorganisation FIAN die G8-Staaten aufgefordert, ihre Zusagen für Entwicklungshilfegelder einzuhalten. Nach Schätzungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) wird 2009 die Entwicklungshilfe für die 71 ärmsten Länder um 25 Prozent sinken. "2009 hat die Zahl der Hungernden eine Milliarde überschritten. Es wäre ein Skandal, in dieser Situation die Entwicklungshilfe zu kappen, zumal die Industrieländer die globale Wirtschaftskrise verursacht haben", warnte Ute Hausmann, Geschäftsführerin von FIAN Deutschland. Beim Gipfel in Gleneagles 2005 hatten die G8-Staaten versprochen, den Anteil der Entwicklungshilfe am Bruttosozialprodukt bis 2010 auf 0,36 Prozent zu steigern. 2008 lag dieser Anteil bei 0,3 Prozent. Laut OECD fehlen jährlich 30 Milliarden US-Dollar, um das Ziel von Gleneagles bis 2010 zu erreichen.
FIAN begrüßt, dass die Hungerkrise in L´Aquila als Schwerpunktthema behandelt wird, kritisiert aber die G8-Strategie zur Hungerbekämpfung. Im Vordergrund steht die Steigerung von Produktivität durch Hochleistungssaatgut, Kunstdünger und Pestizide. "Dem Rekordhunger von 2009 ist 2008 eine Rekordgetreideernte vorausgegangen", konstatiert Ute Hausmann. "Das macht deutlich, dass Produktionssteigerung nicht ausreicht. Entscheidend ist, dass die Politik am Menschenrecht auf Nahrung ausgerichtet wird. Die Hungernden brauchen keine Gentechnik, sondern Land, Wasser, lokale Märkte, faire Löhne und soziale Sicherheit." Bei ihrem Agrarministertreffen im April in Treviso hatten die G8 noch die Bedeutung des Rechts auf Nahrung betont. Dem Vernehmen nach soll dieses fundamentale Menschenrecht in der Abschlusserklärung von L´Aquila keine Erwähnung mehr finden.
Als unzureichend beurteilt FIAN die Position von Bundeskanzlerin Angela Merkel, dass globale Entscheidungen künftig von den G20 statt den G8 getroffen werden müssten. "Gerade bei Entscheidungen zur Welternährung müssen die ärmsten Entwicklungsländer gleichberechtigt am Tisch sitzen. Das ist weder bei den G8 noch bei den G20 möglich, sondern einzig und allein bei der UNO", erklärte Ute Hausmann. Die G8 sollten deshalb ein deutliches Signal zur Stärkung und Reform der UN-Organisationen aussenden. Ein wichtiger Meilenstein könnte der Welternährungsgipfel sein, den die UN-Welternährungsorganisation FAO für November angekündigt hat. "Die G8 müssen den Gipfel unterstützen und die FAO aufwerten. Wir brauchen eine starke und demokratisch legitimierte Welternährungsorganisation, um die enorme Herausforderung der Hungerkrise zu meistern", so Hausmann.
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