Freihandelsabkommen - Maulkorb für die Kommunen?
(Berlin) - Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags steht aufgrund seines Gutachten zur Kompetenz der Kommunen in Sachen TTIP in der Kritik. Christa Hecht, AöW-Geschäftsführerin, sieht durch die Bewertung darin den Handlungsspielraum von Kommunen und bürgerschaftlichem Engagement in Frage gestellt.
Die Allianz der öffentlichen Wasserwirtschaft e.V. als Interessenvertreterin der Wasserversorger und Abwasserbetriebe in öffentlicher Hand ist verwundert über den Tenor des in dieser Woche bekannt gewordenen Gutachtens des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages. Danach sei es den Kommunen nicht möglich, sich politisch mit den Freihandelsabkommen zu befassen. Das Kommunalrecht einiger Bundesländer gestatte es angeblich noch nicht einmal, Tagesordnungspunkte zu behandeln, die nicht von der Verbandskompetenz gedeckt seien, sonst würden sie rechtswidrig handeln.
"Das erscheint wie ein Maulkorb für die Kommunen, den sie sich sicher nicht anlegen lassen", erklärte Christa Hecht, Geschäftsführerin der AöW heute in Berlin. Bisher sei nicht zu erkennen wie die gerade erst erkämpften Ausnahmen für die Wasserwirtschaft von den EU-Binnenmarktregelungen in den EU-Richtlinien zur Vergabe und über Konzessionen von den Verhandlern für die Freihandelsabkommen berücksichtigt werden. Es ist zu befürchten, dass durch die Abkommen zu Freihandel diese Ausnahmen unterlaufen werden.
"Wasserversorgung und Abwasserbehandlung und die Konzessions- und Vergabe Richtlinien sind Angelegenheiten, die die Kommunen unmittelbar in ihrer Aufgabenstellung und ihrer Kompetenz berühren", erklärte Hecht. "Das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes für ein Verbot der Diskussion über TTIP und CETA in den Gemeindevertretungen zu nutzen wie es auf den ersten Blick erscheint, würde auch Diskussionen über die Auswirkungen der Freihandelsabkommen auf diese kommunalen Angelegenheiten berühren und unterbinden. Das ist nicht haltbar."
Die AöW-Geschäftsführerin weist außerdem auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 12.07.1960 (BVerfGE 11, 266, 276) hin, worin zur kommunalen Selbstverwaltung formuliert ist: "Die Anfänge der modernen Selbstverwaltung sind unlösbar mit der Steinschen preußischen Städteordnung vom 19. November 1808 verknüpft. Ihr Ziel war es, das bürgerliche Element enger mit dem Staate zu verbinden, den Gegensatz zwischen Obrigkeit und Untertan zu mildern und durch selbstverantwortliche Beteiligung der Bürgerschaft an der öffentlichen Verwaltung in der Kommunalebene den Gemeinsinn und das politische Interesse des Einzelnen neu zu beleben und zu kräftigen".
Mit Maulkörben und Diskussionsverbot droht bürgerschaftliches Engagement aber erstickt zu werden.
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