Freigabe transgener Pflanzen möglichst zurückhaltend handhaben
(Bonn) - Anlässlich der bevorstehenden Novellierung des Gesetzes zur Regelung der Gentechnik in Deutschland hat die umweltpolitische Sprecherin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Christa Nickels, die Bundesregierung am Donnerstag, dem 25. März 2004, in Berlin dazu aufgefordert, zum Schutz der Erzeuger, der Verbraucher und nicht zuletzt der Umwelt bei der Freigabe gentechnisch veränderter Organismen möglichst zurückhaltend vorzugehen. Nur auf diese Weise könne, so Nickels, dem Auftrag einer umfassenden Schöpfungsverantwortung Rechnung getragen und Perspektiven für eine wirklich nachhaltige Landwirtschaft eröffnet werden.
Nickels begrüßte ausdrücklich die Zielsetzung des von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurfs zur Neuordnung des Gentechnikrechts, auch die schwierigen Fragen zum Schutz der gentechnikfreien Produktion konkret zu regeln. Dazu gehören zum Beispiel Fragen zur Haftung, zur guten fachlichen Anbaupraxis, zum Schutz ökologisch sensibler Gebiete und zum Standortregister. Dies entspreche einer zentralen Forderung, die das ZdK in seiner Erklärung Agrarpolitik muss wieder Teil der Gesellschaftspolitik werden formuliert habe. Die verbesserten EU-Vorschriften zur Kennzeichnung seien ebenso zu begrüßen wie die von der Bundesregierung vorgesehenen Sanktionen, wenn sich Unternehmen nicht an die vorgeschriebenen Kennzeichnungsregeln halten.
Die umweltpolitische Sprecherin des ZdK richtete sich auch ausdrücklich an die Bundesländer, die zur Zeit das Gentechnik-Gesetz beraten. Sie warnte davor, wichtige Punkte wie die Haftungsregelung, den Schutz ökologisch sensibler Gebiete oder die Verordnung zur guten fachlichen Praxis zu streichen. Nickels kritisierte diese Politik als gegen die Interessen der Verbraucher und Landwirte gerichtet. Mit völligem Unverständnis reagierte sie auf Pläne einiger Länder, die Berücksichtigung ethischer Werte, die das Verbraucherministerium im Entwurf des Gentechnik-Gesetzes verankert hat, wieder streichen zu wollen.
Zentrale Forderungen des ZdK hätten ihren Niederschlag im vorgelegten Gesetzentwurf gefunden und müssten dort auch verankert bleiben. Sie forderte die Bundesregierung dazu auf, über die im Gentechnikgesetz vorgesehenen Regelungen zum Schutz der gentechnikfreien Produktion hinaus auf EU-Ebene dafür Sorge zu tragen, dass im Rahmen der Entscheidung der EU-Kommission über das Inverkehrbringen genveränderter Organismen in jedem Einzellfall auch Aspekte der Koexistenz sowie ethische Kriterien, wie etwa der Schutz der Wahlfreiheit, strikt berücksichtigt würden. Darüber hinaus sprach sich Nickels dafür aus, dass die EU-Kommission EU-weit verbindliche Regelungen zur Koexistenz und zur Haftung vorlegen müsse, damit nicht jedes EU-Land für sich diese Regelungen unterschiedlich interpretiert und auf nationaler Ebene regelt.
Auch wenn gentechnische Eingriffe im Bereich der Pflanzenzucht ihrer Absicht nach zum Teil durchaus positiv einzuschätzen seien, so müssten doch die Folgen derartiger Eingriffe in jedem Einzelfall sehr differenziert betrachtet werden. Als Beispiel nannte Nickels den Raps. Selbst wenn ein direktes Auskreuzen der gentechnisch veränderten Pflanze auf konventionelle oder ökologische Anbauflächen etwa durch Abstandsflächen tatsächlich wirksam vermieden werden könne, bestünde noch immer das Risiko einer mittelbaren Auskreuzung. Eine britische Studie hatte im letzten Jahr ergeben, dass z. B. der Durchwuchs von gentechnisch verändertem Raps mehrere Jahre nach seiner Aussaat noch immer möglich ist, was besondere Risiken bei gepachteten Flächen biete. Nicht nur für einen ökologisch arbeitenden Landwirt könne es den wirtschaftlichen Ruin bedeuten, wenn in den eigenen Erzeugnissen transgene Anteile entdeckt würden, befürchtet die umweltpolitische Sprecherin des ZdK. Solche Gefahren müssten bei der Freigabe genveränderter Organismen in jedem Fall berücksichtigt werden, um die Wahlfreiheit von Erzeugern und Verbrauchern zu schützen.
Aufgrund vieler ungeklärter Fragen bezüglich der Koexistenz und bei der Anwendung der grünen Gentechnik in der Landwirtschaft habe die Vollversammlung des ZdK, so Nickels, bereits in ihrer Erklärung vom 22. November 2003 den Eigentümern kirchlicher landwirtschaftlicher Nutzflächen empfohlen, den Anbau von gentechnisch manipuliertem Saatgut zu untersagen (Vgl. Zentralkomitee der deutschen Katholiken, Agrarpolitik muss wieder Teil der Gesellschaftspolitik werden, 22.11.2003, 35).
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