Pressemitteilung | UMKEHR e.V. - Informations- und Beratungsbüro für Verkehr und Umwelt

Fragwürdige Erfolge / Zur Jahresbilanz der DB AG

(Berlin) - Die am 25. Mai präsentierte Jahresbilanz 2004 der Deutschen Bahn AG zeichnet ein rosiges Bild des Schienenverkehrs. Nach Ansicht der Bahnexpertengruppe "Bürgerbahn statt Börsenbahn" entspricht dies leider nicht der Realität.

Es waren ausschließlich Erfolgsmeldungen, die Bahnchef Hartmut Mehdorn und Finanzvorstand Diethelm Sack auf der Bilanzpressekonferenz präsentierten:
Gestiegener Umsatz (+ 4,1 Prozent), höhere Leistungen im Personenverkehr (+ 1Prozent), höhere Transportleistung im Güterverkehr (+ 5 Prozent). Ein Gewinn von 253 Millionen Euro (Vorjahr: 172 Millionen Euro Verlust). Dabei blicke man, so Mehdorn, auf einen »zehnjährigen positiven Track Record« zurück. Wir ziehen eine andere, eine kritische Bilanz:

Bilanzakrobatik & Fahren auf Substanz: Bereits ein Nachhaken beim Gewinn verweist auf Bilanzakrobatik. Mehrfach erklärten Mehdorn und Sack auf Nachfragen, der Sparkurs sei »ergebnisneutral«. Tatsächlich wurden 2004 rund 250 Millionen Euro durch einen im ersten Halbjahr 2004 verhängten rigiden Sparkurs erwirtschaftet. Nach Auffassung von Fachleuten fährt die DB AG damit in vielen Bereichen auf Substanz. Das gilt beispielsweise für den – unzureichenden - Unterhalt des Netzes. Als hier eine Journalistin von der Gewerkschaft Deutscher Lokomomotivführer (GDL) auf Bahn-interne Controlling-Berichte über den schlechten Zustand des Schienennetzes verwies, wurde sie abgebügelt. Tatsächlich heißt es in dem bahninternen Controlling-Bericht für das "Fern- und Ballungsnetz", dass die "Inspektionsintervalle und – fristen nicht eingehalten werden". Festgestellt wird, dass "es relativ hohe prozentuale Anteile an schwerwiegenden und kritischen Abweichungen, insbesondere im Bereich Fahrbahn, B!
rücken u
nd Tunnel," gibt, weshalb anzunehmen sei, dass "die Kontrollpflicht der zuständigen Führungskräfte unzureichend wahrgenommen wird".

Verluste im Fernverkehr: Irreführend ist, dass inzwischen Nah- und Fernverkehr zusammengerechnet – als "Personenverkehr" - ausgewiesen werden. Tatsächlich schreibt der Fernverkehr weiter rote Zahlen. Die hohen Gewinne im Nahverkehr sind wenig glaubwürdig, da gerade der Nahverkehr zu mehr als 70 Prozent subventioniert wird ("Regionalisierungsmittel«).

Gewinne im Güterverkehr nur auf der Straße: Die positiven Zahlen für den Güterverkehr insgesamt beruhen ausschließlich auf Gewinnen bei der Bahn-Tochter Schenker, also im Lkw-Bereich. Der Schienengüterverkehr (Railion) schreibt deutlich rote Zahlen. Dies werde sogar, so Mehdorn und Sack, »in den nächsten zwei, drei Jahren« so bleiben.

Wachsende zinspflichtige Verschuldung: Allein die zinspflichtigen Verbindlichkeiten lagen 2004 bei 14,02 Milliarden Euro; im Vorjahr bei 12,73 Milliarden Euro. 2004 zwang der Bund die Bahn dazu, 1,1 Milliarden Euro zinsfreie Schulden zurückzuzahlen und eine zinspflichtige Neuverschuldung in gleicher Höhe einzugehen. Die DB AG hat in zehn Jahren einen zinspflichtigen Schuldenberg aufgehäuft, der zwei Drittel des 1949 bis 1993 akkumulierten Bundesbahn-Schuldenbergs entspricht.

Stark rückläufige Investitionen: Die Investitionen wurden 2004 um 20 Prozent zurückgefahren – von 9,1 auf 7,2 Milliarden Euro. Sie sollen laut Bahnvorstand »2005 auf diesem Niveau bleiben«. Erneut ein Beleg dafür, dass auf Substanz gefahren wird, wobei hier der Bund die Verantwortung trägt.

Ziel Börsengang: In den nächsten Jahren soll eine Rendite auf das eingesetzte Kapital von 10 Prozent erreicht werden. 2004 lag sie bei 3 Prozent. Eine Verdreifachung der Rendite mit dem Ziel Börsengang kann nur heißen: Verschärfter Sparkurses, verstärktes Fahren auf Verschleiß, noch mehr Kreativität in der Buchführung. Gleichgültig, wie die Bundestagswahl im September 2005 ausgeht: Dieser Kurs droht verschärft zu werden – zum Schaden des Schienenverkehrs und einer langfristigen nachhaltigen Verkehrspolitik.

Quelle und Kontaktadresse:
Arbeitskreis Verkehr und Umwelt e.V. (Umkehr) Winfried Wolf Exerzierstr. 20, 13357 Berlin Telefon: 030/4927473, Telefax: 030/4927972

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