Pressemitteilung | Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverband e.V. im VBE (BLLV)

Forsa-Umfrage anlässlich des Deutschen Schulleitungskongresses (DSLK)

(München) - "Die Daten aus der aktuellen Umfrage sind erschreckend! Wir brauchen solche Zahlen jedoch dringend, um das Augenmerk auf das Problem zu lenken: Gewalt an Schulen in Bayern ist leider an der Tagesordnung und gleichzeitig immer noch ein Tabuthema! Nur etwa ein Viertel der Befragten in Bayern gaben bei der Umfrage an, mit dem Thema werde weitgehend offen umgegangen. Dabei nimmt die Zahl der Übergriffe seit Beginn der Corona-Pandemie weiter zu. Der BLLV engagiert sich seit vielen Jahren dafür, das Thema Gewalt an Schulen öffentlich zu machen und Druck auf die Politik auszuüben. Denn wir dürfen die betroffenen Lehrerinnen und Lehrer nicht allein lassen! Und Prävention ist hier wichtig, denn jeder Fall ist einer zu viel!", so Simone Fleischmann, stellvertretende Bundesvorsitzende des VBE und Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV).

Fälle von Gewalt nehmen deutlich zu

Über die Hälfte der befragten Schulleitungen in Bayern gab an, dass es in den letzten fünf Jahren zu Fällen direkter psychischer Gewalt kam - beispielsweise in Form von Beleidigungen, Bedrohungen oder Belästigungen. Rund ein Drittel der Schulleitungen gab an, dass Lehrkräfte Opfer von Cyber-Mobbing wurden. Besonders erschreckend: In rund einem Viertel der Schulen kam es in den letzten fünf Jahren zu gewalttätigen körperlichen Angriffen auf Lehrkräfte oder Schulleitungen. Die unterschiedlichen Formen und Ausprägungen der Gewalt unterscheiden sich in Deutschland dabei sowohl regional als auch nach den Schulformen, sind aber durchweg mehr als besorgniserregend. Dazu Udo Beckmann, Bundesvorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE): "Auch wenn die unterschiedlichen Schulformen mit unterschiedlichen Ausprägungen von Gewalt zu kämpfen haben, steht fest: "Jeder Form von Gewalt gilt es Einhalt zu gebieten, und jeder einzelne Vorfall ist einer zu viel. Die Politik muss Schulen massiv unterstützen, damit sie schnellstmöglich zu einem weitgehend gewaltfreien Raum werden!"

Mehr als die Hälfte der Befragten in Bayern gab außerdem an, dass die Zahl der Gewaltvorfälle seit Beginn der Pandemie zugenommen habe. 39 Prozent davon gaben an, dass die Fälle sogar stark zugenommen haben. Bei den Tätern und Täterinnen handelt es sich unabhängig von der Art der Übergriffe und dem Anlass fast immer um Eltern, Schülerinnen oder Schüler. Aber auch Erwachsene, die ansonsten in keiner Verbindung zur Schule stehen, waren im Kontext der Pandemie in gewalttätige Vorfälle involviert.

Auf die Frage, ob es gelungen sei, betroffene Kolleginnen und Kollegen ausreichend zu unterstützen, antwortete ein Drittel der bayerischen Schulleitungen, dass Fälle von Gewalt nur zum Teil oder gar nicht aufgefangen werden konnten. Oft lag dies daran, dass Eltern, Schülerinnen und Schüler nicht kooperationswillig oder nicht einsichtig waren. Aber auch der bürokratische Aufwand der Meldung von Gewaltvorfällen und die Überlastung durch die Fülle an anderen Aufgaben wurden vielfach als Hinderungsgründe ins Feld geführt. Deutschlandweit beklagten die Schulleitungen außerdem, dass sich Schulministerien oder die Schulverwaltung des Themas nicht ausreichend annehmen würden.

Mangelnde Ressourcen belasten die Schulleitungen zusätzlich

Die Fragen zur Berufszufriedenheit decken die steigende Belastung auf, denen Schulleitungen und Lehrkräfte in Bayern ausgesetzt sind. Bei den größten Problemen an der Schule, beispielsweise dem Lehrkräftemangel (71 Prozent) und der daraus resultierenden Arbeitsbelastung und dem Zeitmangel (37 Prozent), hat sich die Lage seit letztem Jahr deutlich zugespitzt. Diese Tendenz zeichnet sich ebenfalls bei den größten Belastungsfaktoren von Schulleitungen ab. Ein stetig wachsendes Aufgabenspektrum, steigender Verwaltungsaufwand, zu wenig Zeit, die Überlastung des Kollegiums, der Lehrkräftemangel und der Umstand, dass die Politik die Realität im Schulalltag nicht ausreichend beachtet, werden allesamt von mehr als 90 Prozent der Schulleitungen als Belastungsfaktor benannt.

Auch zu der Frage, was die bayerischen Schulleitungen benötigen, um ihrem Job besser nachkommen zu können, sind die Antworten sehr eindeutig: 99 Prozent fordern mehr Anrechnungsstunden für das Kollegium zur Erfüllung besonderer Aufgaben, 96 Prozent eine Erhöhung der Leitungszeit an allen Schulen, 91 Prozent mehr Unterstützung durch andere pädagogische Fachkräfte (Stichwort: multiprofessionelle Teams), 87 Prozent eine bessere Ausstattung mit nicht-pädagogischem Personal, beispielsweise im Sekretariat oder im Gebäudemanagement, und 83 Prozent die Einrichtung oder Beibehaltung einer erweiterten Schulleitung für alle Schulen.

Schule muss wieder zum Schutzraum für alle werden

Simone Fleischmann fasst zusammen: "Die Studie zeigt uns Herausforderungen, die alle eng miteinander zusammenhängen. Wo die professionellen Lehrkräfte und die multiprofessionellen Teams fehlen, dort gelingt auch die Inklusion und die Integration nicht. Das führt dann nicht nur zu Frustration und Überforderung bei den Schülerinnen und Schülern, Eltern und Lehrkräften. Das schafft auch leider in der Konsequenz ein Umfeld, in dem wir der Gewalt immer weniger entgegensetzen können. Es spricht für sich, wenn die bayerischen Schulleitungen die Schulpolitik mit der Note 4,6 bewerten.

Wir brauchen deshalb dringend die Rahmenbedingungen und Ressourcen dafür, dass Schulleitungen ihren Job gerne machen. Nur dann kann Schule ihren Bildungsauftrag erfüllen und sich pädagogisch weiterentwickeln. Hauptaufgabe der Schulleitungen kann es nicht sein, den Mangel zu verwalten. Die Schulleitungen müssen in der Lage sein, Schul- und Unterrichtsentwicklung voranzutreiben und einzustehen für eine ganzheitliche Bildung mit Herz, Kopf und Hand."

Quelle und Kontaktadresse:
Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverband e.V. im VBE (BLLV) Pressestelle Bavariaring 37, 80336 München Telefon: (089) 721001-0, Fax: (089) 721001-90

NEWS TEILEN: