Fordern und Fördern - für und nicht gegen die Arbeitslosen
(Essen) - Wer Arbeitsaufnahme und Arbeitsplätze schaffen will, kann dies nicht mit Milliarden-Kürzungen bei Arbeitslosenhilfe und Arbeitsförderung erreichen. Der Deutsche Berufsverband für Sozialarbeit, Sozialpädagogik und Heilpädagogik (DBSH) sieht in der geplanten Umsetzung der Hartz-Vorschläge kaum gute Perspektiven für Arbeitslose. Aus Sicht der Sozialen Arbeit macht es keinen Sinn, den Anspruch "Fordern und Fördern" nur an die Betroffenen zu richten. In gleicher Weise sind auch Wirtschaft, Arbeitsämter und Politik gefordert. Die Bundesvorsitzende Hille Gosejacob-Rolf: "Forderungen dürfen nicht zu Überforderungen führen".
Ein Absenken der kinderbezogenen Förderung beim Arbeitslosengeld weist den falschen Weg. Wichtiger seien ausreichende Kinderbetreuungsangebote und langfristig ein Umsteuern auf Leistungen, die sich unabhängig von der Einkommenshöhe auf das einzelne Kind beziehen und nicht von Arbeitslosen- und Sozialhilfe abgezogen werden. Arbeitslosigkeit belastet die Familien schon stark genug, es gilt die zunehmende Armut bei Kindern zu bekämpfen.
Als wenig hilfreich sieht der DBSH die geplante Halbierung des Freibetrages bei Vermögen für Bezieher von Arbeitslosenhilfe. Insbesondere bei älteren Arbeitslosen, die aufgrund ihres Lebensalters keine Chance auf Arbeit haben, wird so eine zunehmende Altersarmut und Inanspruchnahme von Sozialhilfe/Grundsicherung vorprogrammiert.
Besonders deutlich wird die Reduzierung des Freibetrags bei der Inanspruchnahme des Einkommens des Partners kritisiert: "Wer auf diesem Weg 27 % der langzeitarbeitslosen Hilfeempfänger aus der Statistik drängen will, benachteiligt Ehe und Familie indem das Getrenntleben gefördert wird und propagiert das überkommene Modell, nachdem die Frauen am Besten ihren Platz am Herd haben".
Auch das Zusammenlegen von Arbeitslosen- und Sozialhilfe wird abgelehnt: Jedes der beiden Hilfesysteme hat eine berechtigte Funktion. Der DBSH fordert, dass erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger in Arbeitslosenhilfe und Verantwortung der Arbeitsämter übergeleitet werden. So werden die Kommunen von systemfremden Aufgaben entlastet. Und die Sozialhilfe kommt wieder den Menschen zugute, für die sie ursprünglich geschaffen war.
Begrüßt wird dagegen ein Optimieren der Arbeitsvermittlung , die Forderung nach mehr Selbstverantwortung, Mobilität und Fortbildungsbereitschaft. Allerdings müssen auch die Grenzen erkannt werden. Arbeitslosigkeit ist durch Gruppen geprägt, die neben einer zusätzlichen Qualifikation intensiver sozialer Hilfen bedürfen, z.B. junge Mütter beim Ersteinstieg in das Berufsleben, Langzeitarbeitslose mit fehlendem Bezug zu den neuen Anforderungen
der Arbeitsmärkte, unqualifizierte Arbeitskräfte mit geringen Bildungsressourcen.
Für diese Arbeitslosen fordert der DBSH einen neuen "geschützten" ersten Arbeitsmarkt (Integrationsfirmen). Zusätzlich bedarf es einer zielgerichteten Beratung und Begleitung durch Fachkräfte der Sozialen Arbeit. Nur eine sozialprofessionelle Beratung kann den Arbeitslosen helfen, eigene Ressourcen und Fähigkeit zu erkennen, Motivation zu schöpfen, aber auch eigene Grenzen zu erkennen. Darum, so der Verband, braucht Soziale Arbeit einen Freiraum: "Wer nur mit Sanktionen und Leistungskürzungen Arbeitslosigkeit bekämpfen will, hat den Zugang zu den Menschen verloren".
Letztendlich - so der DBSH- ist der Mangel an Erwerbsarbeitsplätzen kein Vermittlungsproblem. Im sozialen und gesundheitlichen Arbeitsfeldern gibt es genug zu tun, wenn es denn bezahlt wird: "So gesehen muss die Gesellschaft klären, was ihr soziale Gerechtigkeit und Hilfe wert sind."
Die Stellungnahme ist im Internet recherchierbar unter: http://www.dbsh.de/html/stellungnahmendbsh.html
Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Berufsverband für Sozialarbeit, Sozialpädagogik, Heilpädagogik e.V. (DBSH)
Friedrich-Ebert-Str. 30
45127 Essen
Telefon: 0201/820780
Telefax: 0201/8207840
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