Folgen des demografischen Wandels am Bau beherrschbar machen / Untersuchung zu Demografie und Bauen in Sachsen-Anhalt
(Leipzig) - Der demografische Wandel im Land wird sich auch auf die Bauwirtschaft in Sachsen-Anhalt auswirken. Die politischen Entscheidungsträger, aber auch die Bauunternehmen selbst, müssen schon heute handeln, um die Folgen beherrschbar zu machen, erklärte Dr. Robert Momberg, Hauptgeschäftsführer des Bauindustrieverbandes Sachsen/Sachsen-Anhalt e. V., bei der Veröffentlichung der Untersuchung des Verbandes zu den Auswirkungen des demografischen Wandels auf die Bauwirtschaft in Sachsen-Anhalt.
Personalentwicklung dringend geboten
Die Untersuchung ergibt, dass in den Jahren bis 2020 insgesamt etwa 15.000 gewerbliche Beschäftigte aus Altersgründen die Unternehmen in der Bauwirtschaft Sachsen-Anhalts verlassen werden. Die hohe Zahl der altersbedingt ausscheidenden Arbeitnehmer werde jedoch zum größten Teil durch einen zukünftig geringeren Beschäftigtenbedarf kompensiert. Die darüber hinaus benötigten Arbeitskräfte könnten über den Arbeitsmarkt bzw. die Lehrlingsausbildung rekrutiert werden. Hinsichtlich der gewerblichen Arbeitnehmer ergibt sich zumindest aus demografischen Gesichtspunkten für die Bauwirtschaft kein Rekrutierungsproblem, so Momberg. Die Unternehmen stünden durch die Verschiebungen in der Alterspyramide vielmehr vor der Herausforderung einer strategischen Personalplanung sowie einer zukunftsorientierten Qualifizierung der gesamten Belegschaft.
Qualifizierungs- statt Demografieprobleme
Auch bei den Auszubildenden zeigt die Untersuchung ein ähnliches Bild. Rein rechnerisch stehen den im Durchschnitt der vergangenen Jahre 1.000 angebotenen Ausbildungsplätzen im Jahr 2020 etwa 1.600 Bewerber gegenüber. Momberg relativiert jedoch: Die Bauunternehmen werden trotzdem Probleme haben, diese Lehrstellen zu besetzen.
Schon heute sei eine Verringerung der Ausbildungsbefähigung der Bewerber zu beobachten. Daraus ergebe sich für die Bauwirtschaft kein demografisches, sondern ein qualitatives Problem. Der Verband fordere daher die Landesregierung auf, die Ausbildungsbefähigung der Schulabgänger sicherzustellen sowie die Praxisorientierung in der Schulbildung zu verstärken.
Fachkräftemangel bei Bauingenieuren eklatant
Bei den Bauingenieuren zeichne sich allerdings eine dramatischere Situation ab, erklärte Momberg. Bis 2020 würden aufgrund von Verschiebungen in der Alterspyramide insgesamt etwa 1.000 neue Bauingenieure in Sachsen-Anhalt benötigt. Mit den Absolventen aus Sachsen-Anhalt, die der Bauwirtschaft zur Verfügung stehen, kann der Bedarf nur zu ca. 20 Prozent gedeckt werden. Das heißt, die Unternehmen müssen mindestens 80 Prozent ihres Bauingenieurbedarfs außerhalb Sachsen-Anhalts akquirieren. Im verstärkten Wettbewerb um die besten Köpfe bedeute dies für die einheimische Bauwirtschaft, attraktive Arbeitsplatzmodelle zu entwickeln, Qualifikations- und Aufstiegsmöglichkeiten aufzuzeigen sowie Studierende und Absolventen frühzeitig z. B. durch Praktika an die Unternehmen zu binden.
Besonders problematisch für die Nachwuchsgewinnung erweise sich, dass in Sachsen-Anhalt nur an einer einzigen Fachhochschule Bauingenieurwesen studiert werden könne und eine universitäre Ausbildung in diesem Fach im Land überhaupt nicht angeboten werde. Dieser Mangel führt in der Konsequenz neben Rekrutierungsproblemen a priori zu Abwanderungseffekten und verschärft damit das demografische Problem an sich, betonte Momberg.
Auswirkungen auf den Baumarkt
Nach Aussage des Verbandes werde sich der demografische Wandel zweifellos auch auf die Baunachfrage, beispielsweise im Bereich des Wohnungsbaus und der Infrastruktur, auswirken. Allerdings könne sich die Bauwirtschaft in Sachsen-Anhalt bereits heute sowohl auf eine geänderte Nachfrage als auch auf technologische Erfordernisse einstellen. Vielmehr als die ausführende Bauwirtschaft selbst, sind in diesem Zusammenhang Bauingenieure und Architekten in der Planung gefordert, so Momberg abschließend.
Das Positionspapier finden Sie unter www.bauindustrie-ssa.de.
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