Fördermittel für Energieberatung reduziert - Klimapolitik mit dem Rotstift ist der falsche Weg
(Berlin) - Ab heute gibt es für die Energieberatung deutlich weniger Fördermittel. Wohnungseigentümer werden noch stärker als ohnehin schon gegenüber Besitzern von Einfamilienhäusern benachteiligt. Die Bundesregierung verabschiedet sich vom nächsten, im Koalitionsvertrag vereinbarten Ziel und bremst damit den angestrebten Wandel zu klimafreundlichen Gebäuden erneut aus.
Die Bundesregierung setzt bei den Fördermitteln für die Energieberatung den Rotstift an. Ab 7. August 2024 gibt es für eine Energieberatung nur noch einen maximalen Fördersatz von 50 Prozent des Beratungshonorars, bislang waren es 80 Prozent. Bei Häusern ab drei Wohneinheiten gab es bisher eine ohnehin fragwürdige Deckelung von 1.700 Euro für den individuellen Sanierungsfahrplan (iSFP). Die maximal förderfähigen Kosten liegen bei Mehrfamilienhäusern (MFH) ab heute bei nur noch 850 Euro. Für die Vorstellung der Ergebnisse der Energieberatung bei der Eigentümerversammlung gab es bisher 500 Euro, nun nur noch 250 Euro.
WEG blieben bislang auf Großteil der Kosten sitzen
Für ein MFH lag der Satz in den meisten Fällen ohnehin schon bei unter 50 Prozent, weil der maximal förderfähige Betrag von 1.700 Euro die Kosten für einen iSFP bei größeren Wohngebäuden mit vielen Anlagen nicht ansatzweise abdeckte. Je komplexer ein Gebäude in der Datenerfassung für den Energieberater ist, desto aufwendiger und teurer wird der iSFP. Beispiel: Wenn jede Wohnung des Mehrfamilienhauses eine Gasetagenheizung hat, ist die Datenerfassung für den Energiefachmann sehr viel aufwendiger als etwa bei einer Zentralheizung oder einer Quartierslösung. Die Kosten für den Sanierungsfahrplan übersteigen dann die 1.700 Euro um ein Vielfaches. "Mit nun nur noch 850 Euro für die Energieberatung wird sich keine Klimawende im Gebäudebereich einleiten lassen", so Martin Kaßler, VDIV-Geschäftsführer.
In Anbetracht der Tatsache, dass sich die Regierung im Koalitionsvertrag 2021 darauf geeinigt hatte, individuelle Sanierungsfahrpläne für WEG voranzubringen, ist dieser Schritt den Wohnungseigentümern nicht mehr zu vermitteln. Eine eigentlich positive Entwicklung - viele Eigentümer beschäftigen sich mit dem Thema energetische Sanierung - wird nun abgestraft. "Im Koalitionsvertrag hatte man noch einen kostenfreien Sanierungsfahrplan für WEG in Aussicht gestellt. Stattdessen kürzt die Bundesregierung nun die Mittel für den iSFP. Planungssicherheit und Verlässlichkeit bei der angestrebten Klimawende sehen anders aus." so Kaßler.
Stillstand bei energetischen Sanierungen
21,5 Prozent des Wohnungsbestandes (9.277.939 Wohnungen von insgesamt 43.106.589) befinden sich laut jüngst veröffentlichten Mikrozensus (2022) hierzulande in der Hand von WEG. 71,3 Prozent der Gebäude wurde vor 1990 errichtet. 12,2 Prozent zwischen 1990 und 1999. Bei den meisten Häusern herrscht Sanierungsstau. Seit Jahren bleibt die Sanierungsrate hinter den Erwartungen der Bundesregierung zurück. Etwa 2 Prozent wären nötig, nicht mal 1 Prozent wurde in den letzten Jahren erreicht. Eine Studie von B+L Marktdaten, die im April 2024 veröffentlicht wurde, belegt für 2023 eine Sanierungsquote von 0,7 Prozent. Für dieses Jahr wird ein weiteres Absinken erwartet. In Wohnungseigentümergemeinschaften ist die Lage noch dramatischer, da die Sanierungsrate jetzt schon bei 0,2 Prozent liegen dürfte. Die Kürzung der Mittel für den iSFP kommt daher zur Unzeit.
Bevor ein Gebäude überarbeitet wird, sollte immer eine Gesamtbetrachtung des energetischen Zustandes vorgenommen werden. Hier spielt der iSFP eine zentrale Rolle. Einfach drauflos zu sanieren kann auf Dauer nämlich noch teurer werden: "Ohne schlüssiges Gesamtkonzept können einzelne Sanierungsmaßnahmen den Weg zu einer optimalen Lösung im wahrsten Sinne des Wortes verbauen", hieß es noch 2022 beim Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK).
Budget noch nicht ausgeschöpft
Die Anpassung sei laut Bundeswirtschaftsministerium angesichts der haushaltspolitischen Lage und der hohen Antragszahlen auf Förderung für die Energieberatung nötig. Bis Juli 2024 hätten 80.000 Anträge vorgelegen, bis Dezember rechne man mit mehr als 150.000 Anträgen, 2023 wären es insgesamt 130.600 gewesen. An dieser Stelle stellt sich die Frage, wieso ein moderater Anstieg von rund 20.000 Anträgen die Streichung der Fördermittel um 30 Prozent rechtfertigt - zumal energieeffizientere Gebäude ein erklärtes Ziel der Bundesregierung sind. Selbst wenn bei 80.000 Anträgen jedes Mal 1.700 Euro ausgezahlt worden wären, wären jetzt erst 136 von 240 Millionen des dafür vorgesehenen Budgets im Klima- und Transformationsfonds abgerufen worden. In der Realität dürfte im Budget aufrund geringerer Summen bei den bewilligten Anträgen eine höhere Summe übrig sein.
"Die Regierung trägt den Haushaltsstreit auf dem Rücken der Wohnungseigentümer aus. Nach dem Hin und Her um das neue Gebäudeenegergiegesetz im letzten Jahr, sorgt sie nun erneut für große Verunsicherung und das Aufschieben von Sanierungsentscheidungen”, Martin Kaßler, VDIV-Geschäftsführer.
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