Pressemitteilung | Arbeitgeberverband Gesamtmetall e.V.

Flexibilisierung: M+E ist Weltspitze

(Köln) - "Die Vereinbarung betrieblicher Arbeitszeitmodelle", schrieb der Arbeitgeberverband Gesamtmetall in einem Positionspapier, "müsse maßgeblich nach den betrieblichen Belangen erfolgen." Die gewerkschaftliche Reaktion auf diese Forderung war massiv: "Genau so gut hätten die Arbeitgeber gleich die Abschaffung der Tarifvertragsordnung oder die Selbstauflösung der Gewerkschaften als Schutzorganisation der abhängig Beschäftigten fordern können", erwiderte der IG Metaller Klaus Zwickel in dem Buch "Wege in eine andere Zukunft".

Was wie die Endkampfphase eines Glaubenskrieges erscheint, ist gerade mal zehn Jahre her. Die gewerkschaftlichen Untergangsvisionen sind durch die betrieblichen Realitäten längst überholt worden. Arbeitszeitflexibilisierung ist aus den Betrieben der Metall- und Elektro-Industrie nicht mehr wegzudenken. Und die Tarifvertragsordnung sowie die Gewerkschaften gibt es auch noch - was der heutige IG-Metall-Vorsitzende Zwickel sicherlich nicht bestreiten würde.

Das gewerkschaftliche Arbeitszeit-Ideal von damals, die für alle verbindlich festgelegte Arbeitszeit, ist bei den Beschäftigen in der Metall- und Elektro-Industrie längst out. Rund zwei Drittel der Arbeitnehmer finden flexible Arbeitszeiten generell gut und rund die Hälfte befürwortet heute, was Gesamtmetall vor zehn Jahren forderte: nämlich eine weitegehende Flexibilisierung, "bei der abhängig von der Auftragslage mal mehr und mal weniger gearbeitet wird". Das zumindest ergab jetzt eine repräsentative Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach.

Danach möchte nur noch jeder dritte Mitarbeiter in festen Takten, etwa fünf Tage à sieben Stunden arbeiten. "Dieses Umfrageergebnis", so Hans Werner Busch, Hauptgeschäftsführer von Gesamtmetall, "kommt schon fast einer kleinen Kulturrevolution gleich." Und die Tendenz hin zu mehr Flexibilität steigt weiter. Wenn allerdings die Arbeitszeiten ausschließlich an den Bedürfnissen der Kunden ausgerichtet werden, findet das nur noch jeder fünfte Beschäftigte gut. Die Angst dabei: der Willkür des Kunden ausgeliefert zu sein.

"Die Not der kurzen Arbeitszeit", so Busch, "hat die M+E-Betriebe und ihre Belegschaften in den letzten Jahren erfinderisch gemacht." So gibt es etwa mittelständische Betriebe, die mehr als ein Dutzend unterschiedliche Arbeitszeitmodelle praktizieren. Großunternehmen, wie etwa BMW, kommen sogar auf mehr als 200 maßgeschneiderte Arbeitszeit-Lösungen. "Die Vielfalt", so Busch, " ist auf der ganzen Welt einmalig. Voraussetzung dafür war, dass unsere Tarifverträge viel Raum lassen für betriebliche Ausgestaltungen der Arbeitszeit."

Obwohl die deutsche M+E-Industrie bei der flexiblen Gestaltung der Arbeitszeit an der Weltspitze liegt, wird es dennoch für lange Zeit Arbeitsplätze geben, "an denen Flexibilität nicht angesagt ist" (Busch). So könne es beispielsweise für einen Ein-Schicht-Betrieb mit kontinuierlicher Auslastung betriebswirtschaftlich sinnvoll sein, in der Arbeitszeit den organisatorisch am wenigsten aufwendigen "preußischen Gleichschritt" zu praktizieren. "Unsere Tarifverträge", so Busch, "respektieren auch solche eher altmodisch erscheinenden Zeit-Modelle."

Etwas zurückhaltender sind die M+E-Mitarbeiter bei Jahres- und Lebensarbeitszeitkonten, die jeweils nur bei rund 40 Prozent auf Zustimmung stoßen. "Gemessen daran, was diese in längeren Wellen schwankenden Zeitsysteme für die Mitarbeiter bieten können", so Busch, "sind die Sympathiewerte nicht gerade gewaltig."

Bei Gesamtmetall vermutet man, dass die Zurückhaltung daran liegt, dass viele Befragte noch keinerlei Erfahrung mit der praktischen Umsetzung solcher Modelle haben und "sich daher auch nicht plastische genug vorstellen können, wie sie funktionieren".

Zu den wohl interessantesten Ergebnissen der Allensbach-Umfrage zählt Gesamtmetall die Bewertung der Vertrauensarbeitszeit. Gegen dieses System, dass sich am jeweiligen Arbeitsaufkommen der Mitarbeiter orientiert, laufen die Gewerkschaften seit langem Sturm. Kritisiert wird vor allem, dass nicht gesehen würde, wie viel der Einzelne arbeite und das man keine bezahlten Überstunden machen könne. Das gewerkschaftliche Fazit: dieses System führe bei den Arbeitnehmern zur Selbstausbeutung.

Die Betroffenen sehen das ganz anders. Nur magere fünf Prozent meinen, dass Vertrauensarbeitszeit den Betrieben nütze, 62 Prozent sind dagegen der Ansicht, dass vor allem die Mitarbeiter den Nutzen hätten. Trotzdem lehnt die Mehrheit das System ab, da nach ihrer Ansicht Vertrauensarbeitszeit zu Missbrauch einlädt und die Kollegen "die Kontrolle brauchten, um dieser Versuchung zu widerstehen". Und der Missbrauch erfolgt nach Einschätzung der Arbeitnehmer "eindeutig zu Lasten des Betriebes".

Quelle und Kontaktadresse:
Gesamtverband der metallindustriellen Arbeitgeberverbände e.V. (Gesamtmetall) Volksgartenstr. 54 a 50677 Köln Telefon: 0221/33990 Telefax: 0221/3399233

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