Pressemitteilung | Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW)

Finanzmarkt: Mehr Schutz für Anleger

(Köln) - Mit unseriösen Praktiken haben einige Unternehmen die Aktie als Geldanlage in Verruf gebracht – das vierte Finanzmarktförderungsgesetz soll nun das angekratzte Image der Börse wieder aufpolieren. Die neuen Regelungen stärken die Stellung der Anleger und sorgen im Finanzdschungel für mehr Durchblick.

Seit gut zwei Jahren sind die Aktienkurse in Deutschland nun schon auf Talfahrt. Besonders hart hat es den Neuen Markt getroffen: Der Börsenindex NEMAX 50 verlor zwischen Frühjahr 2000 und Sommer 2002 rund 95 Prozent seines Wertes. Diesem Abwärtstrend wollten sich schwarze Schafe unter den Unternehmen offenbar mit falschen Firmen-Nachrichten entgegenstemmen. Dabei sind die Aktiengesellschaften eigentlich verpflichtet, alle kursrelevanten Geschäftsvorgänge in den so genannten Ad-hoc-Mitteilungen korrekt zu veröffentlichen.

Doch vor allem Firmen, die es besonders hart traf, nahmen es nicht immer so genau mit ihrer Informationspolitik: Eine von der Deutschen Börse AG initiierte Studie kommt zu dem Schluss, dass am Neuen Markt zwischen Juli 2000 und Juli 2001 die 20 Unternehmen mit der schlechtesten Kursperformance doppelt so häufig falsche Ad-hoc-Berichte veröffentlichten wie die 20 Unternehmen mit dem besten Kursverlauf. Das ist auch bei den Börsenaufsehern nicht unbemerkt geblieben:

Im Jahr 2001 liefen beim Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel 33 Bußgeldverfahren wegen fehlerhafter Ad-hoc-Mitteilungen – 1995 waren es lediglich elf.

Insgesamt verfolgte die Behörde im vergangenen Jahr 486 Verstöße gegen Veröffentlichungs- oder Verhaltenspflichten – fast fünfmal so viele wie noch 1995. Die offenbar zunehmenden unseriösen Praktiken haben vor allem viele Kleinanleger verschreckt, die nun um ihr Geld fürchten.

Mit dem vierten Finanzmarktförderungsgesetz, dass vor wenigen Tagen – am 1. Juli – in Kraft getreten ist, will die Bundesregierung deshalb die Rechte der Aktien-Sparer stärken und für mehr Transparenz sorgen:

Ad-hoc-Publizität. Anleger können künftig wesentlich aussichtsreicher einen Anspruch auf Schadenersatz geltend machen, wenn sie durch falsche, verspätete oder unterlassene Ad-hoc-Mitteilungen Geld verloren haben. Im Gerichtsverfahren ist nämlich die Stellung der Kläger deutlich gestärkt worden: Nicht sie müssen die Schuld des Unternehmens nachweisen – die AG-Leitung muss beweisen, dass sie nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt hat.

Allerdings könnten sich die Anleger mit einer erfolgreichen Klage durchaus ins eigene Fleisch schneiden. Denn als Anteilseigner haben sie kein Interesse daran, dass der Aktienkurs fällt, wenn aus dem Unternehmensvermögen hohe Entschädigungen gezahlt werden müssen. Kritiker dieser Regelung hatten daher gefordert, dass die Firmenleitung persönlich für den angerichteten Schaden aufkommen müsse – setzten sich damit aber nicht durch.

Und noch einen Wermutstropfen hat das neue Druckmittel: Der Schadenersatzanspruch ist nur auf Ad-hoc-Meldungen beschränkt – für falsche Angaben etwa in Interviews oder auf Hauptversammlungen gilt er nicht.

Mehr Transparenz. Mitglieder der Unternehmensleitung und deren enge Angehörige müssen in Zukunft alle Verkäufe von Wertpapieren des eigenen Unternehmens – die so genannten Directors Dealings – melden. Die anderen Anteilseigner sollen damit wichtige Hinweise darüber erhalten, wie die Unternehmens-Insider die wirtschaftliche Zukunft ihrer Aktiengesellschaft einschätzen.

Auch Analysten verpflichtet das neue Gesetz zu mehr Auskunftsfreude. Sie müssen offenlegen, ob ihr Arbeitgeber größere Stückzahlen der analysierten – und eventuell hoch gelobten – Aktie besitzt oder ob er das Unternehmen beim Börsengang betreut hat. Die Anleger können sich dann selber ein Bild davon machen, wie weit sie die Experten-Ratschläge für objektiv halten und ihnen folgen möchten.

Für Journalisten gilt die Verpflichtung jedoch nicht – obwohl sie mit ihrer Berichterstattung das Auf und Ab an der Börse durchaus mitbestimmen können.

Wirksamere Überwachung. Die Verfolgung der schwarzen Schafe auf dem Börsenparkett liegt künftig zentral in den Händen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. Die neu geschaffene Behörde hat mehr Nachforschungsrechte und bessere Sanktionsmöglichkeiten. So kann sie etwa schon für den Versuch der Kursmanipulation Bußgelder verhängen.

Quelle und Kontaktadresse:
Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) Gustav-Heinemann-Ufer 84-88 50968 Köln Telefon: 0221/49811 Telefax: 0221/4981592

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