Finanzgericht Münster: Kindergeld für Kommunen? / Berücksichtigung behinderungsbedingter Betreuungsleistungen der Eltern
(Stuttgart) - Der 12. Senat des Finanzgerichts Münster hat in einer soeben veröffentlichten Entscheidung weitere Grundsätze aufgestellt, wann Kommunen, die Sozialleistungen an behinderte Kinder erbringen, berechtigt sind, im Wege der Abzweigung anstelle der Eltern die Zahlung des Kindergeldes an sich selbst zu verlangen.
Danach ist den Eltern das Kindergeld zu belassen, sofern sie selbst für ihr behindertes Kind Aufwendungen zumindest in Höhe des monatlichen Kindergeldes erbringen. In die Berechnung seien - so das Gericht - auch deren eigene Betreuungsleistungen für das Kind einzubeziehen. Dies setze aber voraus, dass die Notwendigkeit der Betreuung und deren Durchführung nicht nur pauschal behauptet, sondern konkret dargelegt und glaubhaft gemacht würden.
Darauf verweist der Nürnberger Fachanwalt für Familienrecht Martin Weispfenning, Vizepräsident und Geschäftsführer "Familienrecht" der Deutschen Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf eine Mitteilung des Finanzgerichts Münster (FG) vom 16. Mai 2011 zur Entscheidung vom 25. März 2011, Az. 12 K 2057/10 Kg.
Im Streitfall bezog eine Mutter für ihren volljährigen schwerbehinderten Sohn, der in ihrem Haushalt lebt, Kindergeld. Die Kommune zahlte an den Sohn fortlaufend Grundsicherungsleistungen. Aus diesem Grunde beanspruchte sie die Zahlung des Kindergeldes an sich (sog. Abzweigung). Die Mutter hielt dem entgegen, dass sie selbst erhebliche Aufwendungen für ihren Sohn trage. Aufgrund der schweren Herzerkrankung des Sohnes seien hierbei neben den Kosten für eine Fremdbetreuung auch ihre eigenen Betreuungsleistungen zu berücksichtigen.
Der 12. Senat des Finanzgerichts Münster gab der Mutter Recht und wies die Klage der Kommune auf Abzweigung des Kindergeldes ab, so Weispenning.
Im Streitfall könne der gesamte Lebensbedarf des schwerbehinderten Sohnes nicht allein aus dessen eigenem Einkommen erbracht werden, so dass davon auszugehen sei, dass die Lücke - die im Streitfall monatlich 191,00 Euro betrage - aus dem Einkommen der Mutter gedeckt werde. Zum Lebensbedarf des Sohnes gehörten neben den nachgewiesenen Kosten für die Fremdbetreuung auch die eigenen Betreuungsleistungen der Mutter. Dies sei deshalb der Fall, da die Mutter sowohl die Notwendigkeit der Betreuung als auch deren Durchführung nach Art und zeitlichem Umfang konkret dargelegt und durch ärztliche Bescheinigungen hinreichend glaubhaft gemacht habe. Maßstab für die Bewertung des eigenen Betreuungsaufwandes seien die vergleichbaren Kosten für eine Fremdbetreuung, die im Streitfall mit 8,00 Euro je Stunde anzusetzen seien.
Rein pauschal geltend gemachte eigene Betreuungskosten der Eltern seien dagegen - so der 12. Senat bereits in der am 29.04.2011 veröffentlichten Parallel-Entscheidung 12 K 1891/10 Kg - bei der Ermittlung des Lebensbedarfes des Kindes nicht zu berücksichtigen.
Weispfenning empfahl, dies zu beachten und in allen Zweifelsfällen Rechtsrat einzuholen, wobei er u. a. auch auf die bundesweit mehr als 700 auf Erbrecht, Erbschaftsteuerrecht und Scheidungsrecht spezialisierten Rechtsanwälte und Steuerberater der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V., www.dansef.de verwies.
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