Pressemitteilung | Deutscher Frauenrat - Lobby der Frauen in Deutschland e.V.

Familienpolitik: passgenau ist anders, Frau Schröder / Deutscher Frauenrat zur Evaluation der familienpolitischen Leistungen

(Berlin) - Der Deutsche Frauenrat fordert eine Familienpolitik, die ihrer Verantwortung für Familien gerecht wird. Statt auf Geldleistungen und Steuereinsparungen zu setzen, von denen nicht alle Familien gleichermaßen profitieren, muss Familienpolitik vermehrt gestaltend eingreifen, mit dem Ziel, für jedes Kind gleiche Entwicklungschancen und für Mütter und Väter echte Wahlmöglichkeiten zur Vereinbarkeit von Berufs- und Familienarbeit zu schaffen. In erster Linie gehört dazu der Ausbau einer qualitativ guten und wohnortnahen Infrastruktur für Kinder- und Altenbetreuung. Auch Arbeitszeitmodelle, die Zeit für Familienarbeit ermöglichen ohne die Altersvorsorge zu gefährden, sind erforderlich. Nicht zuletzt ist es wohl an der Zeit, mehr Anreize für Männer zu schaffen, die deren Bereitschaft stärken, Familienarbeit zu übernehmen.
Am Donnerstag der letzten Woche traten Bundesfamilienministerin Schröder und Bundesfinanzminister Schäuble nun gemeinsam vor die Presse, um der Öffentlichkeit die Ergebnisse einer Gesamtevaluation aller familienpolitischen Leistungen zu präsentieren. Ministerin Schröder verkündete dabei, dass an der bisherigen Familienpolitik wenig geändert werden müsse. Damit verbunden ist, dass alle bisherigen 156 familienpolitischen Leistungen beibehalten werden sollen; genannt werden Kinder-, Eltern- und Mutterschaftsgeld, beitragsfreie Mitversicherung in der Krankenkasse, Kinderfreibeträge, Ehegattensplitting, Bafög und vieles mehr. Auch die Summen, die für diese Zwecke eingesetzt werden, sind gewaltig. Mehr als 200 Milliarden Euro gibt die Bundesrepublik für Ehe und Familie aus. Die Ministerin sieht sich durch die Evaluation in ihrer Einschätzung bestätigt; das Gesamtvolumen und die Vielzahl der Leistungen seien eindeutige Belege für eine passgenaue Familienpolitik, die die unterschiedlichen Lebensformen der Bürgerinnen und Bürger berücksichtigt.

"Da macht es sich Frau Schröder aber doch recht einfach" kommentiert Mechthild v. Luxburg, Mitglied im Vorstand des Deutschen Frauenrates. Aus Sicht des Deutschen Frauenrates hat nämlich diese Familienpolitik mit einem zukunftsgerichteten Modell wenig zu tun. Zwar investiert die BRD viel, jedoch wenig zielgenau und vor allem in direkten Geldtransfer. Von der Entwicklung eines in sich schlüssigen Leitbildes, an dem sich Frauen bzw. Familien orientieren könnten, um für sich Nachteile zu vermeiden, ist diese Politik damit weit entfernt. Passgenau auf die realen Bedarfe heutiger Familien mit Kindern abgestimmt sind die Leistungen keineswegs. Vielmehr halten sie noch immer an der inzwischen überkommenen Vorstellung von Familie mit einem alleinverdienenden Familienernährer fest. Das Ehegattensplitting macht immer noch den größten Posten aus; klar begünstigt werden dabei Ehepaare mit hohem Einkommen, auch kinderlose. Die Bundesfamilienministerin will das Ehegattensplitting sogar zum Familiensplitting erweitern. Für diejenigen, die vom Familiensplitting nicht profitieren, will sie das Kindergeld erhöhen, um Gerechtigkeit zu schaffen. Diese Vorstellungen teilt der Deutsche Frauenrat nicht. Familien mit nur einem Elternteil und Familien mit geringem Einkommen profitieren nur wenig oder gar nicht. "Eine solche Familienpolitik ist weder gerecht noch berücksichtigt sie die veränderten Lebens- und Arbeitsbedingungen" so Luxburg weiter. Die Bundesregierung nehme ihre Möglichkeiten zur politischen Steuerung in Bezug auf Vermeidung von Kinderarmut oder auf die Gleichverteilung der Familienarbeit auf Männer und Frauen nicht wahr. Ebenso berücksichtige sie Pflegebedürftige wenig, die aufgrund des Teilleistungscharakters der Pflegeversicherung auf Unterstützung ihrer Angehörigen angewiesen sind.

Die Kritik von Seiten mitwirkender Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Frau Schröder habe etliche wichtige Schlussfolgerungen aus dem Gutachten nicht in ihre Argumentation übernommen, ist deshalb durchaus ernst zu nehmen.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Frauenrat - Lobby der Frauen - Bundesvereinigung von Frauenverbänden und Frauengruppen gemischter Verbände in Deutschland e.V. Henny Engels, Geschäftsführerin Axel-Springer-Str. 54a, 10117 Berlin Telefon: (030) 204569-0, Fax: (030) 204569-44

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