Faire Mobilität und gute Arbeit oder Lohndumping - was bringt der 1. Mai 2011?
(Berlin) - Sieben Jahre hat die Bundesrepublik Deutschland die Arbeitnehmerfreizügigkeit eingeschränkt und damit den maximal möglichen Zeitrahmen ausgeschöpft. Nun endet die Übergangszeit und am 1. Mai 2011 tritt in der Europäischen Union die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit in Kraft. EU Bürgerinnen und Bürger können dann überall in der Union arbeiten.
Elisabeth Schroedter, Mitglied des Europäischen Parlament (Die Grünen): Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Platz. Das ist das Grundprinzip der Europäischen Union in der Arbeitnehmerfreizügigkeit und das gilt auch für alle osteuropäischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die ab 1. Mai in Deutschland arbeiten dürfen. Die Befürchtungen, dass dadurch die Löhne in Deutschland gedrückt werden, besteht nur bei den Geringqualifizierten. Deshalb braucht Deutschland endlich einen flächendeckenden Mindestlohn.
Die Umsetzung der Arbeitnehmerfreizügigkeit muss sozial und gerecht gestaltet werden, fordert Doro Zinke, Vorsitzende des DGB, Bezirk Berlin-Brandenburg, anlässlich einer Veranstaltung zur Arbeitnehmerfreizügigkeit am 15. April 2011 im Kleist Forum in Frankfurt (Oder). Mit Sorge nehme sie zur Kenntnis, dass bislang keine ausreichenden Vorkehrungen zur Verhinderung von Lohndumping und zum Schutz von einheimischen wie aus den MOE-Ländern zuwandernden oder entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern getroffen wurden.
Welche Auswirkungen die Arbeitnehmerfreizügigkeit auf den regiona-len Arbeitsmarkt und auf Arbeitsbeziehungen hat, ist in weiten Teilen noch unklar. Die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit löst mancherorts Befürchtungen aus und vielfach auch Fragen. Wird unsere Grenzregion Zielregion für grenzüberschreitende Mobilität und wenn ja zu welchen Bedingungen? Drückt die Arbeitnehmerfreizügigkeit auf die Löhne und Gehälter?
Vieles spricht dafür, dass es in unserer Grenzregion Brandenburg-Lubuskie eher eine moderate grenzüberschreitende berufliche Mobili-tät geben wird, doch für einige Branchen in der Region, so Doro Zinke weiter, sehen wir eine besondere Gefahr. Das sind zum einen die Pflegebranche und zum anderen die Leiharbeit. In der Pflegebranche gilt ein Mindestlohn von derzeit 7,50 Euro pro Stunde. Der könne aber leicht unterlaufen werden, wenn Pflegekräfte als Haushaltshilfen deklariert werden. Und auch der Mindestlohn für die Branche der Leiharbeit kann umgangen werden, indem Verleihfirmen ihre Dienste als ganz normale Subunternehmen über das Entsendegesetz anbieten.
Auch die Scheinselbständigkeit sei ein Problem, meint die DGB-Bezirksvorsitzende. Auch in unserer Region gibt es Beispiele, dass Arbeitsvermittlungen Bewerber/innen vermeintliche Verträge unterschreiben lassen, die letztlich aber Gewerbeanmeldungen sind. Ein-Personen-Unternehmen bieten dann konkurrenzlos günstig Dienstleistungen an, oft in dem Glauben, sie seien Angestellte der Vermittlungsfirma.
Zinke appelliert an die Bundesregierung dringend die erforderlichen Schutzmaßnahmen zu ergreifen und nicht Lohn- und Sozialdumping billigend in Kauf zu nehmen. Ziel muss sein, so Zinke weiter, das Prinzip "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort" sicherzustellen.
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