"Exklusiv-Deal" zwischen Wirtschaftsregion Stuttgart und Telekom schließt Wettbewerb aus und birgt Risiken
(Berlin/Bonn/Brüssel) - Heute wollen die Wirtschaftsregion Stuttgart und die Deutsche Telekom im Beisein von Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und Innenminister Thomas Strobl (CDU) einen Vertrag zum Glasfaserausbau in der Landeshauptstadt Stuttgart sowie 173 Kommunen im Umland (mit Ausnahme von Böblingen, Göppingen, Sindelfingen, Schorndorf und Wangen) schließen. Dafür will die Telekom 1,1 Milliarden Euro im Festnetzbereich investieren und die Region bis zu 500 Millionen Euro an Sachleistungen und Fördergeldern bereitstellen. Bis zum Jahr 2025 sollen alle Unternehmen und 50 Prozent aller Haushalte Zugang zu einem gigabitfähigen Netz erhalten, bis 2030 sollen es 90 Prozent aller Haushalte sein. Dritte sollen zwar Zugang zu den künftigen Glasfasernetzen der Telekom erhalten, allerdings wohl nur auf Basis eines neuen Vorleistungsmodells des Konzerns, das Zugang nur unter bestimmten Bedingungen vorsieht und im Markt kontrovers diskutiert wird.
Der BREKO sieht den "Exklusiv-Deal" zwischen der Wirtschaftsregion Stuttgart und der Telekom äußerst kritisch. Zwar begrüßt der führende deutsche Glasfaserverband das Ziel der Region Stuttgart, Haushalte und Unternehmen mit ultraschnellen Glasfaserleitungen bis in die Gebäude zu versorgen und damit die Zukunftsfähigkeit der Region sicherzustellen, ausdrücklich. Doch die Erreichung dieses Ziels wird nur im Zusammenspiel aller Marktteilnehmer gelingen, die gemeinsam an einem Strang ziehen und den Glasfaserausbau im Rahmen von Kooperationen vorantreiben. In Baden-Württemberg haben allein 30 Netzbetreiber des BREKO ihren Sitz; hinzu kommen weitere BREKO-Carrier, die beim Glasfaserausbau auch in Baden-Württemberg aktiv sind.
"Der flächendeckende Glasfaserausbau in Baden-Württemberg kann nicht durch Planwirtschaft bewerkstelligt werden, sondern nur unter gleichberechtigter Einbeziehung aller Glasfaser-ausbauenden Unternehmen. Die Begünstigung eines einzelnen Unternehmens ist mehr als kontraproduktiv, da dies zu einer Wettbewerbseinschränkung führt, die letztlich zu Lasten der Region, ihrer Bürger und Unternehmen geht", kommentiert BREKO-Geschäftsführer Dr. Stephan Albers die Vereinbarung. "Vielmehr sprechen wir uns für ein Konzept aus, das alle Marktteilnehmer einbezieht. Insbesondere muss sichergestellt werden, dass der Glasfaserausbau investitionswilliger Wettbewerber in der Region Stuttgart künftig nicht be- oder gar verhindert wird, sondern solche Netzbetreiber genau dieselbe Unterstützung erhalten wie die Deutsche Telekom."
Für den BREKO ist es nicht nachvollziehbar, warum sich die Wirtschaftsregion Stuttgart den Vorteilen eines wettbewerblichen Glasfaserausbaus verschließt, zumal auch 2030 noch 10 Prozent aller Haushalte nicht über einen Glasfaseranschluss verfügen werden. Hierzulande sind es jedoch mit weitem Abstand die Wettbewerber der Deutschen Telekom, die den Glasfaserausbau vorantreiben: Mehr als 80 Prozent der heute verfügbaren, reinen Glasfaseranschlüsse werden von den alternativen Netzbetreibern in Deutschland - mehrheitlich Mitgliedern des BREKO - gestellt.
Aus diesem Grund hatte der BREKO der Wirtschaftsregion Stuttgart bereits im Herbst vergangenen Jahres eine Alternative vorgeschlagen, die einen kooperativen Glasfaserausbau mit fairem Open-Access-Zugang vorsieht. Diese wurde von der Wirtschaftsregion bislang aber in keiner Weise berücksichtigt. Der BREKO appelliert daher an die Landes- und Kommunalpolitik Baden-Württembergs, die vom Verband vorgeschlagenen Aspekte eines gemeinschaftlichen Glasfaserausbaus im Wettbewerb samt fairem Open-Access-Zugang zu berücksichtigen.
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