EVVC gründet Arbeitskreis Tourismus- und Hallenmanagement
(Mainz) - Die Diskussion um Privatisierung der Kongresshäuser und/ oder Zusammenlegung mit den Touristik-Institutionen wird in vielen Städten der Bundesrepublik immer lauter und deutlicher.
Um dieser Entwicklung Rechnung zu tragen und den Nutzen für seine Mitglieder zu erhöhen, wurde im EVVC ein interner Arbeitskreis Tourismus- und Hallenmanagement auf der Management Fachtagung 2002 in Dortmund gegründet. Hier steht ganz deutlich der Erfahrungsaustausch der von diesen Diskussionen betroffenen im Vordergrund. Vertreter von Städten, in denen solche Fusionsmodelle erfolgreich umgesetzt wurden, geben Empfehlungen für Verhandlungen mit den städtischen Gremien. Außenwirkung und Lobbyismus soll in diesem Arbeitskreis nicht bewirkt werden.
Und tatsächlich: Die Formen der Kooperationen zwischen Tourismus und Kongress sind sehr vielfältig:
Die jüngste Fusion ist aus Bruchsal zu berichten. Dort schlossen sich im Januar 2003 das Stadtmarketing und Stadtinformation, die bis dahin über Hauptamt und Büro des Oberbürgermeisters betrieben worden waren, mit der Bürgerzentrum und Hallenbetriebs GmbH zur Bruchsaler Tourismus, Marketing und Veranstaltungs GmbH (BTMV) zusammen. Die BTMV wird als Gesellschaft mit beschränkter Haftung geführt, deren einzige Gesellschafterin die Stadt Bruchsal ist. Unterteilt in die drei Abteilungen Touristcenter, Stadtmarketing und Veranstaltungszentrum mit Parkgaragen und Gastronomie wird die GmbH von Geschäftsführerin Birgit Kurstak geführt. Die folgenden Unternehmensziele stehen hier im Vordergrund: Steigerung der Besucher- und Gästefrequenz der Stadt, Erhöhung der Veranstaltungs- und Besucherzahlen im Veranstaltungszentrum, Erstellen von Stadtmarketing und Tourismuskonzepten sowie Verbesserung des Stadtimages.
Auf Erfahrungen von gut einem Jahr in der Zusammenlegung von Tourismus und Kongressmanagement kann man in Weimar zurückblicken. Hier sind Kongresswesen, Hallenmanagement und Tourismus seit dem 01.01.2002 in der congress centrum neue Weimarhalle und Tourismusservicegesellschaft, kurz cwt GmbH, gebündelt. Hier fließen die Aufgaben aus den touristischen Service und Firmendienste, Incentivemanagement und Entwicklung touristischer Produkte sowie städtische Informationsservices und der Betrieb des Veranstaltungszentrums zusammen. Die cwt GmbH ist 100%ige Tochter der Stadt Weimar und unterhält eine Tochtergesellschaft, die Kulturstadt Weimar GmbH. Deren Aufgaben wiederum bestehen im städtischen Marketing, dem Eventmanagement sowie dem Citymanagement und der Standortvermarktung.
Die Stadt Kassel musste zunächst einige schmerzhafte Erfahrungen machen, nachdem sie im Jahr 1996 die Tourismusorganisation mit der Kongresshalle fusionierte. Die Begründung seitens der Stadt war damals, Geld und Personal zu sparen die Erfolge stellten sich allerdings nicht ein. 2001 schließlich wurde die Struktur auf professionellere Beine gestellt, die Organisation von Kassel Service auf kassel tourist umbenannt und der Zuschuss für Tourismus und Kongresswesen in der Stadt erheblich vergrößert und erweitert. Diesmal mit Erfolg: Aufgrund der Professionalität der Struktur konnte die kassel tourist ihre wirtschaftliche, unternehmerische Akzeptanz in der Stadt erheblich verbessern.
Auch in Friedrichshafen arbeiten Kongress und Tourismus unter einem Dach, jedoch unter kommunaler Regie: Im Amt für Tourismus sind sowohl das Kultur- und Congress-Centrum als auch die Tourist Information als eigenständige Abteilungen angesiedelt. Beiden ist jedoch der Tourismus-Direktor als Leiter überstellt.
In Lübeck hingegen sind es nach wie vor zwei Gesellschaften, die für Hallenmanagement und Tourismus verantwortlich sind, die jedoch in Personalunion von Johann W. Wagner als Geschäftsführer für beide Firmen geleitet werden.
So unterschiedlich die Organisationsstrukturen von Lübeck bis Friedrichshafen auch sind, so ähnlich sind jedoch die mit ihr verfolgten Ziele. In erster Linie geht es darum, die Synergien zwischen den beiden Bereichen zu nutzen zum Wohle des Kunden. Ansprüche und Anforderungen der Gäste werden immer vielschichtiger und diversifizierter, so dass es auf der Hand liegt, die gesamte Kongressorganisation von der Bereitstellung der Halle bis zur Zimmervermittlung und die Organisation von Rahmenprogrammen aus einer Hand anzubieten. Unter einem Dach können so Entscheidungen zum Wohle des Kunden oft schneller und flexibler gefällt werden, als wenn mehrere Institutionen in den Prozess eingebunden sind.
Aber auch die Akzeptanz in der Stadt spielt eine Rolle. Knut Seidel, kassel tourist: Große Chancen sehe ich persönlich darin, dass sich das Unternehmen in der Stadt durch eine klare eindeutige Fusion der Bereiche und durch eine klare Positionierung als Wirtschaftsfaktor und Wirtschaftsförderungsfaktor darstellt und dadurch die Akzeptanz bedeutend erhöht. Lothar Meyer-Mertel, Geschäftsführer der Weimarer cwt GmbH sieht ebenfalls gute Chancen in der weiteren Vernetzung der Arbeit von Marketing und Wirtschaftsförderung: Kongresskunden sind nicht nur ausgabekräftige Touristen, sondern vor allem auch Multiplikatoren und nicht selten Investoren; hier sehen wir noch ein großes Potenzial der Standortentwicklung und weiteren Bündelung der Kräfte.
Jede Medaille hat zwei Seiten so auch die Fusion von Hallen- und Tourismusmanagement. Dietmar Philipp, Tourismus-Direktor in Friedrichshafen sieht zum Beispiel die Gefahr, mittel- und langfristig primär Kosten zu sparen, ohne Rücksicht auf die Dienstleistungsfähigkeit. In Weimar wurden bereits die operativen Zuschüsse nach der Fusion leicht gesenkt Kassel hingegen weitete die finanzielle Unterstützung für sein kassel tourist weiter aus. Die Modelle sind also mehr als unterschiedlich.
Nicht zu unterschätzen ist die Komponente Mensch bei Fusionsprozessen. Beide Bereich haben per se ihre eigenen Professionen und Ausbildungswege, eigene Fachleute und eigene Probleme. Um so wichtiger ist es, die Mitarbeiter entsprechend auf eine Zusammenlegung vorzubereiten und sie ausführlich zu schulen. Die Wertigkeit der einzelnen Bereiche sollte bestehen bleiben, um Spannungen nicht Überhand nehmen zu lassen.
Quelle und Kontaktadresse:
Europäischer Verband der Veranstaltungs-Centren e.V. (EVVC)
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