Eurostärke größtes Risiko für den Aufschwung / Kein Spielraum für Leitzinssenkung
(Berlin) - Nach Ansicht des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) ist die derzeitige Eurostärke das größte Risiko für den Aufschwung im Euroraum. Die bislang eingetretene Höherbewertung des Euro stelle zwar eine "Rückkehr zur Normalität" dar und sei für die Exportwirtschaft noch verkraftbar. Der derzeitige Wechselkurs entspreche in etwa der Tauschrelation im Durchschnitt der 90er Jahre. In der Zukunft sei jedoch die Gefahr eines weiteren Abrutschens des US-Dollars nicht zu unterschätzen, so der BVR in seinem jüngsten Konjunkturbericht. Immer weniger ließen Investoren die Bereitschaft erkennen, mit zusätzlichen Anlagen in den USA das Defizit in der Leistungsbilanz zu schließen. Spielräume für eine erneute Senkung der Leitzinsen ergäben sich auch bei einem weiteren Anhalten der Dollarschwäche nicht.
Obgleich sich die Eurostärke positiv auf die Inflationsaussichten im Euroraum auswirke, habe sich die Verbraucherpreisinflation im Euroraum als überraschend beharrlich erwiesen. In den kommenden Monaten sei damit zu rechnen, dass die Jahresteuerungsrate weiterhin in der Nähe der 2-Prozent-Marke verharren werde. Damit bewege sich die Inflation an der Obergrenze der EZB-Definition der Preisstabilität. Zum unerwartet langsamen Rückgang der Teuerungsrate hätten die anhaltenden Konflikte im Irak und höhere Agrarpreise aufgrund der Dürre in den Sommermonaten beigetragen. Im Januar 2004 entstehe aufgrund eines Anstiegs administrierter Preise und indirekter Steuern in mehreren EWU-Mitgliedsstaaten erneut ein Aufwärtsdruck auf die Preise.
Gegen eine Leitzinssenkung spreche auch der hohe Liquiditätsüberschuss im Euroraum in Höhe von etwa 350 Milliarden Euro. Seit mehr als zwei Jahren überschreite das Geldmengenwachstum den EZB-Referenzwert um etwa 2,5 Prozentpunkte. Die Konjunkturschwäche der vergangenen Jahre sei genauso wenig auf eine mangelnde Liquiditätsversorgung zurückzuführen, wie der konjunkturelle Aufschwung durch eine weitere Lockerung der geldpolitischen Zügel beschleunigt werde. Viel mehr stelle die reichliche Liquidität auf mittlere Sicht ein Inflationsrisiko dar, das einer genauen Beobachtung bedürfe.
Sofern sich die Wachstumsdynamik bis zum kommenden Frühjahr weiter beschleunigt, müsse die Geldpolitik die Zügel wieder leicht straffen. Im Verlauf des kommenden Jahres sei daher von einem Anstieg des Leitzinses um etwa einen dreiviertel Prozentpunkt auszugehen. Von einer Leitzinserhöhung im kommenden Frühjahr solle die EZB nur dann Abstand nehmen, wenn der Euro in den kommenden Monaten in die Nähe der Marke von 1,30 US-Dollar rücken würde.
(Die Studie des BVR ist im Internet unter www.bvr.de / Publikationen / Studien abrufbar.)
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